Politik

Deutschland nimmt 15.000 Syrer aus der Türkei auf

Deutschland will insgesamt etwa 15.000 Syrer aus der Türkei aufnehmen. Von den anderen Staaten sich noch keine ensprechenden Pläne bekannt. Tschechien wird christliche Flüchtlinge in den Irak zurückschicken, weil sie versucht hatten, nach Deutschland weiterzureisen.
03.04.2016 18:38
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

In Deutschland werden am Montag die ersten knapp 40 Syrer aus der Türkei erwartet. Sie sollen in Hannover landen und im niedersächsischen Friedland leben. Insgesamt wird Berlin im Rahmen des EU-Flüchtlingspaktes mit Ankara bis zu 15.100 Syrern aus der Türkei eine neue Heimat geben, wie das Bundesinnenministerium am Samstag auf AFP-Nachfrage mitteilte.

Welche Syrer aus der Türkei in der EU aufgenommen werden, schlägt die türkische Migrationsbehörde vor. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR prüft die Liste gemäß der sogenannten Vulnerabilitätskriterien. Ganz vorn sollten besonders schutzbedürftige Menschen stehen: Kinder, Frauen, ältere Menschen.

Die EU-Mitgliedsstaaten erhalten dann die vom UNHCR ergänzten und erläuterten Listen. Darin finden sich Angaben über besondere familiäre Bindungen in den Wunsch-Aufnahmeländern, aber auch potenzielle Ausschlussgründe - etwa Mitgliedschaften in terroristischen Vereinigungen. Dann folgen Sicherheitsüberprüfungen durch die Behörden der aufnehmenden Länder und gesundheitliche Untersuchungen, bevor sich schließlich die Tür ins Flugzeug öffnet.

Nicht nur in Hannover sollen am Montag syrische Flüchtlinge aus der Türkei landen: Auch Frankreich, die Niederlande, Finnland und Portugal gehören zu den Erstaufnahmeländern. Das größte Kontingent - etwa 50 Menschen - wollen die Niederlande empfangen. Das Land führt derzeit die EU-Ratspräsidentschaft und will Vorbild für die vielen zögerlichen EU-Partner sein.

Die Aufnahme von Syrern durch die EU ist Bestandteil des Abkommens vom 18. März, nach dem Ankara alle neuen Flüchtlinge von den griechischen Ägäis-Inseln zurücknimmt. Auf EU-Seite stehen insgesamt 72.000 Plätze zur Verfügung.

Der deutsche Anteil setzt sich folgendermaßen zusammen: Am 20. Juli beschloss die EU, bis zum nächsten Jahr insgesamt 22.504 Flüchtlinge von außerhalb Europas aufzunehmen. Davon übernimmt die Bundesrepublik 1600.

Zudem vereinbarten die EU-Staaten, intern bis zu 160.000 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien umzuverteilen. Da die Flüchtlinge nun von Griechenland in die Türkei zurückgeschickt werden, müssen nicht mehr alle Flüchtlinge aus Griechenland in der EU verteilt werden. Stattdessen wird ein Teil der 160.000 Plätze für Syrer aus der Türkei "umgebucht". Der deutsche Anteil daran liegt bei 13.500.

Insgesamt wird Deutschland 15.100 Syrer aufnehmen, das wäre ein Fünftel aller EU-Plätze. Im vergangenen Jahr kamen in Deutschland fast 1,1 Millionen Flüchtlinge an. 40 Prozent davon waren Syrer. Die Umsetzung des EU-Paktes mit Ankara würde ihre Zahl also dramatisch drücken.

Tschechien hat 25 christliche Flüchtlinge aus dem Irak zur Rückkehr in ihr Heimatland aufgefordert, weil sie entgegen den Vereinbarungen nach Deutschland weiterreisen wollten. Die Iraker seien am Samstag mit dem Bus nach Deutschland gefahren, aber unmittelbar nach dem Grenzübertritt gestoppt worden, meldete die Nachrichtenagentur CTK. Die deutsche Polizei habe die tschechischen Behörden aufgefordert, die Iraker zurückzunehmen, und Tschechien habe dem zugestimmt. Tschechien hatte sich im Dezember zur Aufnahme von 153 christlichen Flüchtlingen aus Gebieten des Iraks bereiterklärt, die von der Extremistenmiliz IS kontrolliert werden. Bisher sind allerdings nur 89 von ihnen in dem osteuropäischen Land eingetroffen.

Der tschechische Innenminister Milan Chovanec kritisierte am Sonntag, die Iraker hätten die Großzügigkeit seines Landes missbraucht und sollten bald in ihre Heimat zurückkehren. Es war zunächst jedoch unklar, wie sie die Rückreise antreten sollten. Die Polizei setzte den Irakern eine Frist von einer Woche bis zur Ausreise.

"Die Siebentagesfrist, die die irakischen Christen zusammen mit ihren Pässen erhielten, soll dazu dienen, dass sie die Rückkehr in ihr Heimatland vorbereiten können", schrieb Chovanec auf Twitter. "Diese Zeit darf nicht dazu verwendet werden, das Gesetz zu brechen oder in ein anderes Schengen-Land auszureisen." Er habe die Polizei aufgefordert, alle rechtlich möglichen Mittel zu nutzen, damit diese Leute in den Irak zurückkehrten. Sie hätten den guten Willen seines Landes missbraucht.

Die Regierung in Prag lehnt die Aufnahme von Flüchtlingen nach EU-Quoten ab. Tschechien mit seinen 10,5 Millionen Einwohnern verzeichnete nach Daten des Innenministeriums im vergangenen Jahr gut 1500 Asylanträge und gewährte 71 Menschen Schutz.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Nato-Gipfel: Den Haag wird zur Festung - Sorge vor digitaler Sabotage
24.06.2025

Die Niederlande erwarten die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten – auch US-Präsident Donald Trump. Wegen der hochkarätigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Sondervermögen Infrastruktur: Wo gehen die 500 Milliarden Euro hin?
24.06.2025

Deutschland hat Infrastrukturprobleme. Das geplante Sondervermögen Infrastruktur in Höhe von 500 Mrd. Euro soll in den nächsten zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Misserfolg bei Putins Wirtschaftsforum in St. Petersburg: Die marode Kriegswirtschaft interessiert kaum jemanden
23.06.2025

Das Wirtschaftsforum in St. Petersburg sollte Russlands wirtschaftliche Stärke demonstrieren. Stattdessen offenbarte es die dramatische...

DWN
Politik
Politik Zwangslizenzen: EU hebelt den Patentschutz im Namen der Sicherheit aus
23.06.2025

Die EU will künftig zentral über die Vergabe von Zwangslizenzen entscheiden – ein tiefer Eingriff in das Patentrecht, der die...

DWN
Technologie
Technologie Umfrage: Zwei Drittel für europäischen Atom-Schutzschirm
23.06.2025

Eine Forsa-Umfrage zeigt, dass eine deutliche Mehrheit der Deutschen den Aufbau eines europäischen nuklearen Schutzschildes befürworten....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Internationale Anleger kehren der Wall Street den Rücken
23.06.2025

Ölpreise steigen, geopolitische Risiken nehmen zu – und Europas Aktienmärkte wirken plötzlich attraktiv. Während die US-Börsen ins...

DWN
Politik
Politik Personalmangel im öffentlichen Dienst - DGB fordert mehr Personal
23.06.2025

Milliardeninvestitionen sollen in Deutschland die Konjunktur ankurbeln. Doch Personalmangel in Behörden könnte den ehrgeizigen Plänen...

DWN
Politik
Politik Iran-Israel-Krieg: Internet überflutet mit Desinformation
23.06.2025

Falsche Videos, manipulierte Bilder, inszenierte Explosionen: Der Konflikt zwischen Iran und Israel spielt sich längst auch im Netz ab –...