In Deutschland werden am Montag die ersten knapp 40 Syrer aus der Türkei erwartet. Sie sollen in Hannover landen und im niedersächsischen Friedland leben. Insgesamt wird Berlin im Rahmen des EU-Flüchtlingspaktes mit Ankara bis zu 15.100 Syrern aus der Türkei eine neue Heimat geben, wie das Bundesinnenministerium am Samstag auf AFP-Nachfrage mitteilte.
Welche Syrer aus der Türkei in der EU aufgenommen werden, schlägt die türkische Migrationsbehörde vor. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR prüft die Liste gemäß der sogenannten Vulnerabilitätskriterien. Ganz vorn sollten besonders schutzbedürftige Menschen stehen: Kinder, Frauen, ältere Menschen.
Die EU-Mitgliedsstaaten erhalten dann die vom UNHCR ergänzten und erläuterten Listen. Darin finden sich Angaben über besondere familiäre Bindungen in den Wunsch-Aufnahmeländern, aber auch potenzielle Ausschlussgründe - etwa Mitgliedschaften in terroristischen Vereinigungen. Dann folgen Sicherheitsüberprüfungen durch die Behörden der aufnehmenden Länder und gesundheitliche Untersuchungen, bevor sich schließlich die Tür ins Flugzeug öffnet.
Nicht nur in Hannover sollen am Montag syrische Flüchtlinge aus der Türkei landen: Auch Frankreich, die Niederlande, Finnland und Portugal gehören zu den Erstaufnahmeländern. Das größte Kontingent - etwa 50 Menschen - wollen die Niederlande empfangen. Das Land führt derzeit die EU-Ratspräsidentschaft und will Vorbild für die vielen zögerlichen EU-Partner sein.
Die Aufnahme von Syrern durch die EU ist Bestandteil des Abkommens vom 18. März, nach dem Ankara alle neuen Flüchtlinge von den griechischen Ägäis-Inseln zurücknimmt. Auf EU-Seite stehen insgesamt 72.000 Plätze zur Verfügung.
Der deutsche Anteil setzt sich folgendermaßen zusammen: Am 20. Juli beschloss die EU, bis zum nächsten Jahr insgesamt 22.504 Flüchtlinge von außerhalb Europas aufzunehmen. Davon übernimmt die Bundesrepublik 1600.
Zudem vereinbarten die EU-Staaten, intern bis zu 160.000 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien umzuverteilen. Da die Flüchtlinge nun von Griechenland in die Türkei zurückgeschickt werden, müssen nicht mehr alle Flüchtlinge aus Griechenland in der EU verteilt werden. Stattdessen wird ein Teil der 160.000 Plätze für Syrer aus der Türkei "umgebucht". Der deutsche Anteil daran liegt bei 13.500.
Insgesamt wird Deutschland 15.100 Syrer aufnehmen, das wäre ein Fünftel aller EU-Plätze. Im vergangenen Jahr kamen in Deutschland fast 1,1 Millionen Flüchtlinge an. 40 Prozent davon waren Syrer. Die Umsetzung des EU-Paktes mit Ankara würde ihre Zahl also dramatisch drücken.
Tschechien hat 25 christliche Flüchtlinge aus dem Irak zur Rückkehr in ihr Heimatland aufgefordert, weil sie entgegen den Vereinbarungen nach Deutschland weiterreisen wollten. Die Iraker seien am Samstag mit dem Bus nach Deutschland gefahren, aber unmittelbar nach dem Grenzübertritt gestoppt worden, meldete die Nachrichtenagentur CTK. Die deutsche Polizei habe die tschechischen Behörden aufgefordert, die Iraker zurückzunehmen, und Tschechien habe dem zugestimmt. Tschechien hatte sich im Dezember zur Aufnahme von 153 christlichen Flüchtlingen aus Gebieten des Iraks bereiterklärt, die von der Extremistenmiliz IS kontrolliert werden. Bisher sind allerdings nur 89 von ihnen in dem osteuropäischen Land eingetroffen.
Der tschechische Innenminister Milan Chovanec kritisierte am Sonntag, die Iraker hätten die Großzügigkeit seines Landes missbraucht und sollten bald in ihre Heimat zurückkehren. Es war zunächst jedoch unklar, wie sie die Rückreise antreten sollten. Die Polizei setzte den Irakern eine Frist von einer Woche bis zur Ausreise.
"Die Siebentagesfrist, die die irakischen Christen zusammen mit ihren Pässen erhielten, soll dazu dienen, dass sie die Rückkehr in ihr Heimatland vorbereiten können", schrieb Chovanec auf Twitter. "Diese Zeit darf nicht dazu verwendet werden, das Gesetz zu brechen oder in ein anderes Schengen-Land auszureisen." Er habe die Polizei aufgefordert, alle rechtlich möglichen Mittel zu nutzen, damit diese Leute in den Irak zurückkehrten. Sie hätten den guten Willen seines Landes missbraucht.
Die Regierung in Prag lehnt die Aufnahme von Flüchtlingen nach EU-Quoten ab. Tschechien mit seinen 10,5 Millionen Einwohnern verzeichnete nach Daten des Innenministeriums im vergangenen Jahr gut 1500 Asylanträge und gewährte 71 Menschen Schutz.