Politik

EU will Kompetenz für Asyl-Verfahren an sich ziehen

Die EU-Kommission wird am Mittwoch eine weitreichende Reform für die Asylverfahren präsentieren. Eine wesentliche Komponente ist die Zentralisierung der Verfahren in einer EU-Behörde. Die Vorschläge dürften leidenschaftliche Diskussionen vor allem bei den Osteuropäern auslösen.
05.04.2016 00:50
Lesezeit: 1 min

Die Pläne der EU-Kommission, die Asyl-Verfahren in der EU zu zentralisieren, nehmen offenbar Gestalt an. Die FT und die DWN hatten über die Pläne bereits vor Wochen berichtet. Nun soll es so weit sein: Die EU-Kommission will die Entscheidung über Asylverfahren womöglich nicht länger den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen. Brüssel erwäge, „die Verantwortung für die Bearbeitung von Asylansprüchen von der nationalen Ebene auf EU-Ebene zu verlegen“, berichtet die Welt unter Berufung auf Vorschläge der EU-Kommission zur Reform des europäischen Asylsystems, die am Mittwoch vorgelegt werden sollen.

Der Plan sehe vor, das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (Easo) in eine Agentur mit Entscheidungsbefugnissen umzuwandeln, die in jedem Mitgliedstaat künftig einen Ableger haben und auch Einsprüche gegen die jeweiligen Bescheide bearbeiten solle.

„Dies würde einen einzigen und zentralisierten Entscheidungsmechanismus schaffen und würde so die komplette Harmonisierung der Verfahren, aber auch der konsistenten Beurteilung von Schutzbedürfnissen auf EU-Ebene sichern“, zitiert die Zeitung aus dem Brüsseler Papier.

Kritik übt die EU-Kommission an dem bestehenden Dublin-System zur Verteilung von Flüchtlingen, das sich in der aktuellen Krise als ungeeignet erwiesen habe. Eine kleine Zahl von Mitgliedsländern müsse dadurch die Hauptlast tragen. „Das ist eine Situation, die die Möglichkeiten eines jeden betroffenen Staates strapaziert.“

Nach den Dublin-Vorgaben müssen Flüchtlinge in der Regel in dem Land einen Asylantrag stellen, in dem sie als erstes europäischen Boden betreten. Dies führt jedoch dazu, dass Länder an den Außengrenzen Europas übermäßig belastet werden – wie derzeit vor allem Griechenland.

Die EU-Kommission schlägt demnach zwei verschiedene Reformoptionen vor. Laut dem ersten Szenario soll das Dublin-System durch einen „korrigierenden Fairness-Mechanismus“ ergänzt werden, der ausgelöst werden solle, „sobald eine zuvor definierte Schwelle von Asylbewerbern in einem Mitgliedsland erreicht ist“.

Als zweite Option schlägt die Kommission dem Bericht zufolge vor, die Asylbewerber nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel, der auf „der relativen Größe, dem Reichtum und den Aufnahmekapazitäten der Mitgliedstaaten basiert“, auf die einzelnen Länder zu verteilen.

Diese im Grunde richtige Herangehensweise dürfte allerdings auf den erbitterten Widerstand in Osteuropa stoßen: Die sogenannten Visegrad-Staaten lehnen die Aufnahme von Flüchtlingen mehr oder weniger kategorisch ab. Die Zuteilung durch die Kommission wäre eine gravierende Einschränkung der nationalen Souveränität. Sie ist vermutlich nur mit einem finanziell attraktiven Modell überhaupt diskussionsfähig.

 

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Maschinenbau Deutschland: Stellenabbau verlangsamt sich spürbar
14.08.2025

Deutschlands Maschinenbauer kämpfen mit Auftragsrückgängen, doch der massive Stellenabbau verliert an Tempo. Trotz sinkender...

DWN
Unternehmen
Unternehmen ProSiebenSat.1 Übernahme: MFE-Konzern auf der Zielgeraden
14.08.2025

Die Übernahme von ProSiebenSat.1 durch den Berlusconi-Konzern MFE steht vor der Entscheidung. Das Angebot ist abgelaufen, die Chancen der...

DWN
Immobilien
Immobilien Hohe Nebenkostenabrechnung 2024? Wie Sie am besten darauf reagieren sollten
14.08.2025

Viele Haushalte müssen in diesem Jahr deutlich mehr für Heizung und Betriebskosten zahlen. Was Sie jetzt zur Nebenkostenabrechnung 2024...

DWN
Finanzen
Finanzen Dax 40: Gewinne trotzen Zollstreit und Konjunkturflaute
14.08.2025

Trotz politischer Spannungen und sinkender Umsätze in den USA und China melden viele Dax-Konzerne solide Quartalszahlen. Während...

DWN
Politik
Politik Ukraine vor großem Gebietsopfer: Trumps Waffenruhe-Plan mit Putin sorgt für Alarm
14.08.2025

Während Donald Trump in Alaska mit Wladimir Putin über eine sofortige Waffenruhe sprechen will, wächst in Kyjiw die Sorge vor einem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Talanx-Aktie: Versicherer erwartet 2,3 Milliarden Euro Jahresüberschuss
14.08.2025

Versicherer Talanx trotzt massiven Waldbrand-Schäden in Kalifornien und hebt seine Jahresprognose deutlich an. Im ersten Halbjahr stieg...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Thyssenkrupp-Aktie: Marinesparte trotzt schwacher Stahl- und Baukonjunktur
14.08.2025

Thyssenkrupp kämpft mit schwacher Nachfrage und sinkenden Preisen in Kernbranchen. Nur die Marinesparte TKMS wächst – doch sie kann die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Eon-Aktie: Investitionen in Netzausbau schieben Eon an - Ziele bestätigt
14.08.2025

Deutschlands größter Stromversorger und Netzbetreiber Eon profitiert weiterhin vom Ausbau des Energienetzes. Im ersten Halbjahr...