Politik

Schäuble wird unruhig: EZB schadet Sparern in Deutschland

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat erstmals überraschend deutliche Kritik an der EZB-Politik geäußert. Schäuble räumt ein, dass die Deutschen bei den aktuellen Zinsen Probleme mit ihrer Altersvorsorge bekommen könnte. Tatsächlich ist das System der deutschen Vorsorge und Pensions-Kassen massiv unter Druck.
06.04.2016 01:57
Lesezeit: 1 min

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) kritisiert. „Man kann nicht bestreiten, dass die Auswirkungen der Geldpolitik in Deutschland zunehmend euroskeptische Bestrebungen nähren in einem wachsendem Teil der Bevölkerung“, sagte Schäuble am Dienstagabend auf einer Veranstaltung der Universität Basel. Die Währungshüter in Frankfurt stünden vor dem Problem, eine Entscheidung für 19 Euro-Länder treffen zu müssen.

Schäuble drückt sich noch diplomatisch aus: Die einheitliche Geldpolitik wirke sich auf Deutschland weniger günstig aus, als auf andere Staaten. Vor allem in der älteren Bevölkerung stießen die niedrigen Zinsen auf Ablehnung – trotz der niedrigen Inflation. „Preisstabilität kann nicht bei null sein, sondern muss bei zwei Prozent sein. Wenn es nicht ein bisschen mehr wird, wird es in der Wahrnehmung weniger“, sagte Schäuble.

Die EZB hatte Anfang März den Leitzins auf 0,00 Prozent gesenkt, den Strafzins für Banken verschärft und die monatlichen Anleihenkäufe aufgestockt. Vor allem die Lebensversicherer können mit diesem Zinssatz nicht mehr wirtschaften, womit die Renten bedroht sind. Die Versicherungsbranche schickt seit Monaten Warnungen und Hilferufe an die Bundesregierung. Bisher hat sich Schäuble immer auf die Position zurückgezogen, dass die EZB unabhängig sei. Doch die EZB schadet den deutschen Sparern. Die gravierenden und absehbaren Folgen dieser Entwicklung scheinen nun auch Schäuble zu beunruhigen.

Tatsächlich ist die EZB-Politik eine immense Gefahr für die Lebensversicherer – und damit für die Renten der Deutschen. Denn diese beruhen auf einem Garantieversprechen an die Kunden, welches die Versicherer bei den derzeitigen Zinsen nicht einhalten können. Die Diskussion wird von der Bundesregierung faktisch nicht geführt, weil man befürchtet, dass die Erkenntnis der Realität zu einer gewissen Verunsicherung bei den Rentnern und den Sparern führen könnte.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Resilienz als strategischer Imperativ: Carlsberg und Davos-Forum fordern neue Unternehmenslogik
15.06.2025

Krisen, Krieg, KI und Klimawandel: Carlsberg und das Weltwirtschaftsforum rufen Unternehmen auf, Resilienz nicht als Reaktion, sondern als...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der ESG-Betrug: Wie Konzerne Moral simulieren
15.06.2025

Konzerne feiern Nachhaltigkeit, während ihre Bilanzen eine andere Sprache sprechen. Zwischen Greenwashing, Sinnverlust und Bürokratie:...

DWN
Panorama
Panorama Leben auf einem Eismond? - Astrobiologe auf Spurensuche
15.06.2025

Dicke Eiskruste und bis zu minus 200 Grad - klingt nicht gerade angenehm. Warum der Saturnmond Enceladus auf der Suche nach außerirdischem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kritik oder Mobbing? Wie Sie den feinen Unterschied erkennen
15.06.2025

Mobbing beginnt oft harmlos – mit einem Satz, einem Blick, einer E-Mail. Doch wann wird aus Kritik systematische Zermürbung? Dieser...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Das neue Magazin ist da: Das können wir gut - wo Deutschland in Zeiten von KI, Transformation und Globalisierung überzeugt
15.06.2025

Was kann Deutschland gut? Diese Frage mag auf den ersten Blick einfach erscheinen, fast schon trivial. Doch in einer Zeit, in der das Land...

DWN
Finanzen
Finanzen „Banknoten-Paradoxon“: Milliarden unter den Matratzen - Bargeldmenge steigt weiter
15.06.2025

Ungeachtet der stetig abnehmenden Bedeutung von Scheinen und Münzen beim alltäglichen Einkauf steigt die im Umlauf befindliche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Kleinkrieg“ um Lkw-Plätze: Autoclub kritisiert Überfüllung
15.06.2025

Auf und an Autobahnen in Deutschland fehlen viele tausend Lkw-Stellplätze – nach einer Kontrolle an Rastanlagen beklagt der Auto Club...

DWN
Politik
Politik Machtverschiebung in Warschau: Der Aufstieg der Nationalisten bringt Polen an den Abgrund
15.06.2025

In Polen übernimmt ein ultrakonservativer Präsident die Macht – während die liberale Regierung um Donald Tusk bereits ins Wanken...