Politik

Massendemo in London: Rücktritt von Cameron gefordert

In London haben zehntausende Demonstranten gegen Premier Cameron demonstriert. Cameron steht wegen der Austeritätspolitik in der Kritik. Durch seine Verwicklung in die Panama Papers hat er an Glaubwürdigkeit verloren. Im Zuge des Skandals hatte es bereits in Island und in Malta große Demonstrationen gegen die jeweiligen Regierungschefs gegeben.
18.04.2016 00:41
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Zehntausende Menschen haben am Samstag in London gegen die Sparpolitik des britischen Premierministers David Cameron demonstriert. Nach Schätzungen britischer Medien zogen rund 50.000 Demonstranten zum Trafalgar Square, die Polizei machte keine Angaben zur Teilnehmerzahl. Zu den Teilnehmern gehörten Anhänger der oppositionellen Labour-Partei, Gewerkschafter sowie Mitglieder der Friedensbewegung.

Bei der Kundgebung wurden auch Rufe nach einem Rücktritt des konservativen Regierungschefs laut. Auf einigen Transparenten war „Er muss gehen“ zu lesen. „Der Kampf gegen die Austerität ist ein Kampf unserer Zeit“, sagte die Labour-Politikerin Diane Abbott. Die Sparpolitik von Camerons Regierung bedrohe das britische Gesundheitssystem NHS, den Wohnungsbau der Kommunen und die Zukunft junger Menschen.

Gegen die Sparpolitik hatte es bereits im Oktober in Manchester und im Juni in London Demonstrationen mit zehntausenden Teilnehmern gegeben. Cameron hält seinen Kritikern entgegen, dass die britische Wirtschaft sich unter seiner Regierung gut entwickle. So habe es vergangenes Jahr ein Wirtschaftswachstum von 2,3 Prozent gegeben und die Arbeitslosenquote habe im Januar bei 5,1 Prozent gelegen.

Vor knapp einem Monat hatte allerdings der Rücktritt von Arbeitsminister Iain Duncan Smith Differenzen innerhalb der regierenden Konservativen in der Sozialpolitik offenbart. Dabei ging es um Sparpläne, die Langzeit-Kranke und wöchentliche Unterstützungszahlungen für Behinderte betreffen sollten. Nach dem Rücktritt des Arbeitsministers kündigte Cameron einen Verzicht auf diese Einschnitte an.

Cameron steht auch wegen der bevorstehenden Volksabstimmung über einen Austritt Großbritanniens aus der EU unter Druck, die am 23. Juni abgehalten wird. Die britische Bevölkerung ist in der Frage tief zerstritten, ebenso wie die Konservative Partei. Cameron ist jedoch vor allem wegen seiner Verwicklung in die Panama Papers massiv unter Druck. Er musste einräumen, persönlich eine Briefkastenfirma in Panama genutzt zu haben.

Cameron müsste nach Ansicht seines Parteifreundes Kenneth Clarke im Falle einer Mehrheit für den EU-Austritt auf der Stelle zurücktreten. „Der Premierminister würde nicht 30 Sekunden im Amt bleiben, falls wir das Referendum verlieren“, sagte Clarke, der unter Cameron, John Major und Margaret Thatcher Ministerämter bekleidete, am Samstag der BBC. Ein Amtsverbleib wäre „lächerlich“.

Cameron hatte in dieser Woche die Absicht geäußert, selbst bei einem Votum seiner Landsleute für den EU-Austritt im Amt zu bleiben, um den Prozess des Austritts zu überwachen. Clarke sagte nun, bei einem Austrittsbeschluss der Bürger werde den Konservativen unausweichlich eine Führungskrise ins Haus stehen. Clarke selbst setzt sich ebenso wie Cameron für den Verbleib Großbritanniens in der EU ein.

Der Londoner Bürgermeister Boris Johnson, ebenfalls Parteifreund Camerons und zugleich führender Vertreter der Kampagne für den „Brexit“, vertrat bei einer Versammlung in Newcastle die Ansicht, Cameron solle unabhängig vom Ausgang des Referendums im Amt bleiben. Auf die Frage, ob er nicht selbst am 24. Juni Premierminister werde, sagte Johnson: „Mit Sicherheit nicht.“

Die britische Bevölkerung ist in der Frage tief zerstritten, ebenso wie die Konservative Partei. Etliche Minister aus Camerons Kabinett und rund ein Drittel der Parlamentarier setzen sich für den EU-Austritt ein.

Clarke warnte, die Konservativen seien derzeit „gefährlich nahe“ an der Spaltung in den 1990er Jahren, in deren Folge sie zwischen 1997 und 2010 nicht mehr an die Regierung gelangten. Die Partei sei damals von einem „Bürgerkrieg“ gezeichnet gewesen, sagte Clarke - „wir müssen das nicht wiederholen“.

 

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Landtagswahlen Baden-Württemberg 2026: AfD liegt vor den Grünen – eine Partei gewinnt noch mehr
09.05.2025

Die AfD überholt erstmals laut Insa-Umfrage die grüne Partei in Baden-Württemberg, die seit 13 Jahren regiert und die größte...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...