Politik

Erdogan droht: Wenn EU-Deal scheitert, schicken wir die Flüchtlinge los

Die Türkei droht damit, alle Flüchtlinge in Richtung Europa durchzulassen, falls die EU die Visafreiheit für Türken nicht einführt. Wenn das EU-Parlament „die falsche Entscheidung trifft, schicken wir die Flüchtlinge los“, lässt der türkische Staatschef Erdogan einen Berater ausrichten.
11.05.2016 14:56
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Streit über eine Visafreiheit für türkische Bürger bringt den Flüchtlingspakt zwischen Ankara und der EU ins Wanken: Sollte das EU-Parlament weiter blockieren, „schicken wir die Flüchtlinge los“, drohte der Chef-Berater des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, Burhan Kuzu. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) stellte seinerseits am Mittwoch klar, ohne Einlenken Ankaras rücke der für Ende Juni vereinbarte Fall der Visumspflicht in weite Ferne.

Knackpunkt ist die EU-Forderung nach einer Reform des türkischen Anti-Terror-Gesetzes. Derzeit erlaubt es ein Vorgehen etwa gegen Journalisten und Akademiker, auch wenn keine konkreten Verdachtsmomente vorliegen, was für Brüssel nicht hinnehmbar ist.

Dass sich das EU-Parlament überhaupt mit der Aufhebung der Visumspflicht befasse, so lange die Gesetzesänderung in Ankara noch nicht einmal „angepackt“ werde, stehe für ihn „außerhalb jeder Diskussion“, machte Parlamentspräsident Schulz im „Deutschlandradio“ ummissverständlich klar.

Sei Erdogan nicht bereit, die Kriterien zu erfüllen, „dann wird es keine Visafreiheit geben“, sagte auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) laut einem Bericht der „Bild“-Zeitung bei einer Sitzung der Unionsfraktion.

Aber statt Einlenken stehen die Zeichen auf Konfrontation: Die Reform des Anti-Terror-Gesetzes sei „kein Bestandteil der Visa-Aufhebung“, sagte der türkische Europa-Minister Volkan Bozkir am Mittwoch bei einem Besuch beim EU-Parlament. Er sei nach Straßburg gekommen, „um vielleicht ein letztes Mal über diese Dinge zu reden und eine Fehlentwicklung zu verhindern“, sagte er dem türkischen Nachrichtensender NTV. Für den Nachmittag war ein Treffen mit Schulz geplant.

Ein Kompromiss ist nicht in Sicht. Erdogans Berater Burhan Kuzu schrieb am Dienstagabend im Kurznachrichtendienst Twitter, das Parlament in Straßburg stehe an der Schwelle einer wichtigen Entscheidung. „Wenn es die falsche Entscheidung trifft, schicken wir die Flüchtlinge los.“

Seit die Türkei im April begonnen hat, die Flüchtlinge von den griechischen Inseln zurückzunehmen – und die irreguläre Einwanderung durch die Ägäis damit praktisch zum Erliegen gekommen ist – stand diese Drohung immer wieder im Raum. Seit der Rücktrittsankündigung des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu, der in Brüssel als verlässlicher Partner gesehen wurde, scheint sie aber ernst gemeinter denn je.

Erdogan setze mit der Drohung „schutzbedürftige Menschen als Erpressungsmasse gegen Brüssel und Berlin ein, statt die von der EU geforderten Bedingungen für die Visa-Liberalisierung umzusetzen“, warf ihm Sevim Dagdelen, Sprecherin für Internationale Beziehungen der Links-Fraktion im Bundestag, vor.

Parlamentspräsident Schulz warnte Ankara eindringlich, den Flüchtlingsdeal wegen des Streits über das Anti-Terror-Gesetz platzen zu lassen: „So kann man ja in der internationalen Politik nicht verfahren“, sagte er – schließlich sei es die türkische Seite, die die schon lange zuvor festgelegten Kriterien nicht erfülle. Er glaube, dass Erdogan letztlich „die Annäherung an die Europäische Union, die mit diesem Verfahren verbunden war, nicht so fahrlässig aufs Spiel“ setze.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...