In der Bundestagsdebatte zu den Massakern an den Armeniern hat der SPD-Außenexperte Rolf Mützenich die Auseinandersetzung mit dem Thema im deutschen Parlament verteidigt. "Wir als Abgeordnete lassen uns nicht einschüchtern, egal von welcher Seite", sagte Mützenich am Donnerstag. Er rief ebenso wie andere Redner Armenier und Türken zur Versöhnung auf.
Deutschland wisse aus eigener Erfahrung, wie mühevoll und schmerzlich die Aufarbeitung der eigenen Geschichte sei. "Heute wünschen wir uns eine Türkei, die in vergleichbarer Offenheit und Größe einem dunklen Kapitel ihrer Geschichte gerecht wird", sagte Mützenich.
Unionsfraktionsvize Franz Josef Jung (CDU) betonte: "Uns geht es nicht darum, die Türkei an den Pranger zu stellen." Nur wer sich zur Vergangenheit bekenne, könne Zukunft gestalten. Gerade angesichts der vielen Türken in Deutschland sei es besonders wichtig, Aussöhnung zu erreichen.
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sagte vor Beginn der Debatte, das deutsche Parlament sei keine Historikerkommission und kein Gericht. Es wolle aber "unbequemen Fragen und Antworten nicht aus dem Weg gehen", vor allem, wenn das damalige Deutsche Reich Mitschuld auf sich geladen habe.
Der Linken-Abgeordnete Gregor Gysi sagte, es gehe darum, die Geschehnisse vor gut hundert Jahren "endlich als das benennen, was es war: Ein Völkermord an bis zu 1,5 Millionen Armeniern sowie Aramäern und Angehörigen weiterer christlicher Minderheiten".
Gysi kritisierte, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie Vizekanzler Sigmar Gabriel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (beide SPD) nicht an der Debatte teilnahmen. Das sei "auch nicht besonders mutig", sagte Gysi. Er bedauerte zudem, dass es keinen gemeinsamen Antrag unter Einschluss der Linken gebe, weil die Union dies abgelehnt habe.
Der Bundestag stimmt im Anschluss über die Resolution zu dem Armenien-Massaker ab. In dem von Union, SPD und Grünen eingebrachten Antrag werden die Geschehnisse als Völkermord bezeichnet. Bei der türkischen Regierung, die diese Einstufung ablehnt, löste das schon im Vorfeld Empörung aus. Präsident Recep Tayyip Erdogan warnte wegen der Resolution vor einer Verschlechterung der deutsch-türkischen Beziehungen.