Finanzen

EZB-Politik treibt Investoren in riskante Anlage-Formen

Der Start des EZB-Kaufprogramms für Unternehmensanleihen wirft seine Schatten voraus. Schon jetzt beginnen die Renditen deutlich zu sinken. Um überhaupt noch nennenswerte Gewinne zu erzielen, müssen Investoren in immer risikoreichere Papiere investieren. Der Gesamtumfang von Anleihen mit negativer Rendite liegt global bereits bei über 10 Billionen Euro.
08.06.2016 01:09
Lesezeit: 1 min

Am Mittwoch beginnt die Europäische Zentralbank mit dem regelmäßigen Ankauf von Unternehmensanleihen. Die bloße Ankündigung des Programms hatte in den vergangenen Wochen bereits dazu geführt, dass die Renditen gefallen sind, wie Bloomberg berichtet. Der durchschnittliche Ertrag bei risikoarmen Anleihen der Güte Investment Grade fiel am Montag auf den tiefsten Stand seit mehr als einem Jahr und erreichte fast die Marke von 1 Prozent.

Für Unternehmen sind das gute Nachrichten, weil die Finanzierungsbedingungen günstig sind – entsprechend stark haben sie in den vergangenen Wochen neue Schulden aufgenommen. Mehr als 50 Milliarden Euro wurden im Mai in der Eurozone aufgenommen. Exemplarisch dafür steht der französische Gaskonzern Air Liquide, der am Montag mit fünf Anleihen insgesamt 3 Milliarden Euro am Markt eingesammelt hat. Die Tatsache, dass nur eine der Anleihen einen Zinskupon von über 1 Prozent aufwies, zeigt die neue Normalität im Anleihensektor an: das Zinsniveau bei Unternehmensanleihen könnte solange gedrückt werden, wie die EZB am Markt aktiv ist.

Aus Sicht der Investoren hat das Anleihekaufprogramm jedoch zur Folge, dass eine weitere Anlageklasse aufgrund der Intervention der EZB keine nennenswerten Renditen mehr bietet. „Für Investoren auf der Suche nach höheren Erträgen ist das Programm schmerzhaft – sie müssen nun mühevoll nach guten Erträgen suchen. Die EZB kauft neben gedeckten Schuldverschreibungen, forderungsbesicherten Schuldverschreibungen und Staatsanleihen nun auch Unternehmensanleihen auf – Investoren sorgen sich, dass die EZB sie aus den Märkten drängen wird“, schreibt Bloomberg.

Die expansive Geldpolitik der großen Zentralbanken hat die Renditen an den Anleihemärkten weltweit unter Druck gebracht. Dies hat dazu geführt, dass gegenwärtig sogar Staatsanleihen mit negativen Zinsen im Gesamtumfang von über 10 Billionen Euro kursieren – Investoren bezahlen also die Staaten, um ihnen Geld leihen zu dürfen. „Die Aussichten auf durchschnittliche Renditen unter einem Prozent sind angsteinflößend. Investoren werden aus ihrer Komfortzone gedrückt in hochriskante Sektoren, in denen sie sich nicht genügend auskennen“, zitiert Bloomberg einen Anlagestrategen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Immobilien
Immobilien Wohntraum wird Luxus: Preise schießen in Städten durch die Decke
13.05.2025

Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland ziehen wieder deutlich an – vor allem in den größten Städten. Im ersten Quartal...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...