Finanzen

Europas Krise bringt den Schweizer Franken in Bedrängnis

Lesezeit: 1 min
09.06.2016 00:38
Verschiedene Risiken in Europa setzen den Schweizer Franken unter starken Aufwertungsdruck, weil Investoren in ihm einen sicheren Hafen sehen. Neben der Exportwirtschaft ist besonders die Zentralbank betroffen, die den Franken schon seit Monaten mit Devisenkäufen stützt. Im Fall eines Brexit müsste sie wahrscheinlich massiv intervenieren.
Europas Krise bringt den Schweizer Franken in Bedrängnis

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die zahlreichen Krisen in Europa setzen den Franken unter starken Aufwertungsdruck. Die EU steht vor Problemen, deren Verschärfung eine Flucht der Investoren in den vermeintlich sicheren Hafen Schweizer Franken auslösen könnte. Dazu gehört ein möglicher Austritt Großbritanniens aus der EU, die ungeklärte Schuldenproblematik in Griechenland, die Auswirkungen der Niedrigzinspolitik der EZB, die zunehmende Ablehnung breiterer Bevölkerungsschichten und die hohe Zahl ausfallgefährdeter Kredite im Bankensystem.

Für die Schweizerische Nationalbank (SNB) bedeutet dies, dass sie den Kurs der Landeswährung auf unabsehbare Zeit weiter beeinflussen muss. Seit der Aufgabe des Euro-Mindestkurses im Januar 2015 hatte sie bereits mehrfach Fremdwährungen gekauft, um dessen Kurs zu drücken. Hätte sie dies nicht getan, wäre der Franken gegenüber dem Euro heute deutlich stärker. Doch schon der gegenwärtige Kurs von etwa 1,10 Franken stellt die Exportwirtschaft vor große Probleme, weil sie im internationalen Vergleich zu teuer geworden ist.

Wirtschaftsverbände fordern deshalb die Beibehaltung der Interventionen durch die SNB. Um die mittelständische Exportwirtschaft zu unterstützen, müssten auch strategische Reformen durchgeführt werden. Dazu gehöre das „Wiederherstellen der Planungssicherheit in strategischen Bereichen. Zudem soll auf anstehende kostenträchtige Regulierungsvorhaben entweder ganz verzichtet werden oder deren Umsetzung soll erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Bestehende, ineffiziente und kostenintensive Regulierungen sollen vereinfacht oder abgeschafft werden“, fordert scienceindustries, der Verband der Chemie-, Pharma- und Biotechnologiebranche.

Schon jetzt hat sich die Bilanz der SNB infolge der Fremdwährungskäufe beträchtlich aufgebläht. „Allein im Mai legten sie um weitere 14 Milliarden Franken zu und notieren heute bei über 602 Milliarden Franken. Würde der Wert dieser ausländischen Währungen fallen, wäre das für die SNB sehr schmerzhaft“, schreibt die Handelszeitung. Je mehr die SNB den Franken verteidigt, desto höher wird das Währungsrisiko in ihrer Bilanz.

Der nächste Franken-Aufwertungsschub könnte von einem möglichen Brexit ausgehen. „In den nächsten drei Wochen wird der Frankenkurs nicht von der SNB bestimmt“, wird ein Stratege der Großbank HSBC von der Handelszeitung zitiert. Dem Experten zufolge könnte die Schweizer Währung im Fall des Brexit auf einen Kurs von bis zu 1.02 steigen. Andere Beobachter gehen davon aus, dass die SNB im Fall eines EU-Austritts Großbritanniens den Kurs massiv stützen wird: In einem ersten Schritt würde sie die Marke von 1.07 mit „signifikanten Devisenmarktinterventionen“ verteidigen. Eine zweite Verteidigungslinie sieht er bei 1.05 Franken pro Euro. Hier würde die SNB „wohl auch vor einer weiteren Zinssenkung nicht haltmachen“. Nur falls sich die Stimmungsindikatoren aber in ganz Europa abschwächen würden, wäre auch die SNB „weitgehend machtlos“ so ein Ökonom der UBS zur Handelszeitung.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauministerin: Innenstädte brauchen vielfältigere Angebote
23.04.2024

Klara Geywitz wirbt für mehr Vielfalt in den deutschen Innenstädten, um damit stabilere Immobilienmärkte zu unterstützen. Ein Mix von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Palantir: Wie Vorurteile die sinnvolle Anwendung von Polizei-Software behindern
23.04.2024

Palantir Technologies ist ein Software-Anbieter aus den USA, der entweder Gruseln und Unbehagen auslöst oder Begeisterung unter seinen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 20 Jahre EU-Osterweiterung: Wie osteuropäische Arbeitskräfte Deutschland unterstützen
23.04.2024

Zwei Jahrzehnte nach der EU-Osterweiterung haben osteuropäische Arbeitskräfte wesentlich dazu beigetragen, Engpässe im deutschen...

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: Spannung und Entspannung – Geopolitik sorgt für Bewegung bei Aktien und Rohstoffen
23.04.2024

Die hochexplosive Lage im Nahen Osten sorgte für reichlich Volatilität an den internationalen Finanz- und Rohstoffmärkten. Nun scheint...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!
23.04.2024

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt weiter - Verband alamiert
23.04.2024

Laut neuen Zahlen gibt es immer weniger Apotheken-Standorte. Der Apothekerverband spricht von „alarmierenden Zeichen“ und erklärt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
23.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Handel warnt vor „Geisterstädten“ - tausende Geschäftsschließungen
23.04.2024

Seit Jahren sinkt die Zahl der Geschäfte in Deutschlands Innenstädten - auch weitere Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof müssen bald...