Finanzen

Brexit: Börsen in Europa mit größtem Kurz-Sturz seit 2008

Die Entscheidung der Briten, aus der EU auszutreten, hat die Finanzmärkte am Freitag durcheinander gewirbelt. Gegen Nachmittag beruhigte sich die Lage jedoch wieder etwas.
24.06.2016 09:22
Lesezeit: 2 min
Brexit: Börsen in Europa mit größtem Kurz-Sturz seit 2008
Der Goldpreis nach Bekanntgabe des Austritts Großbritanniens. (Grafik: ariva.de)

Der größte Schock nach dem Volksentscheid in Großbritannien für einen Brexit scheint überwunden: Die Börsen verringerten im Handelsverlauf europaweit ihre heftigen Verluste und mit ihnen auch der deutsche Aktienmarkt. Die Notenbanken signalisierten angesichts des britischen Votums für einen EU-Austritt Handlungsbereitschaft.

Der Dax gab bis zum Nachmittag zwar noch um 6,77 Prozent auf 9563,13 Punkte nach. Kurz nach Handelsstart war der Leitindex aber noch um rund 10 Prozent oder gut 1000 Punkte eingebrochen und auf den tiefsten Stand seit Februar gefallen. Solch massive Verluste hatte es zuletzt während der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 gegeben.

Der MDax der mittelgroßen Konzerne sank am Nachmittag um 4,73 Prozent auf 19 790,16 Punkte. Der Technologiewerte-Index TecDax büßte 3,64 Prozent auf 1581,90 Punkte ein. Aus der gesamten Dax-Familie von Dax, MDax, TecDax und SDax gab es nur drei Aktien im Plus.

Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verringerte seine Verluste auf minus 8,86 Prozent. In London hielt sich zugleich der britische FTSE 100 bei minus 4,21 Prozent. Hart traf es hier allerdings viele Finanzwerte.

Am Devisenmarkt blieb das Pfund unter Druck, konnte sich bis zum Nachmittag aber vom morgendlichen Rutsch auf den tiefsten Stand seit 31 Jahren etwas erholen. Der Kurs des Euro ging ebenfalls auf Talfahrt: Die EZB setzte den Referenzkurs auf 1,1066 Dollar fest, nachdem es am Donnerstag noch 1,1389 Dollar waren. Der Dollar kostete damit 0,9037 nach 0,8780 Euro. Stattdessen wurden der japanische Yen und der Schweizer Franken als Fluchtwährung gesucht und auch Gold und Anleihen waren gefragt.

Der EU-Austritt Großbritanniens sorge für große Unsicherheit und habe entsprechend heftige Marktreaktionen ausgelöst, hieß es am Markt. Inzwischen seien aber wieder erste Schnäppchenjäger unterwegs.

Zudem richteten sich die Augen der Anleger auf die Notenbanken, die zuletzt in Notlagen immer stützend eingegriffen hatten. „Die Wahrscheinlichkeit einer starken Antwort der Europäischen Zentralbank ist jetzt hoch“, sagte Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. Er sieht daher das Risiko für eine Rezession als relativ gering an.

Während zur Handelseröffnung noch etwa die Hälfte aller 30 Dax-Werte prozentual zweistellig nachgegeben hatten, waren es zuletzt nur noch zwei Werte. Unter ihnen befanden sich die Papiere der Deutschen Bank mit rund 15 Prozent Minus und die der Commerzbank mit minus 13 Prozent.

Die zuletzt wieder gut gelaufenen Versorger RWE und Eon gaben ebenfalls deutlich nach um jeweils rund 9 Prozent. Beide Konzerne haben Millionen Kunden in Großbritannien - erwarten allerdings nach eigener Aussage nur relativ geringfügige Auswirkungen auf ihr Geschäft durch den Brexit.

Die Papiere der Deutschen Börse büßten 7 Prozent ein, während in London die Aktien des britischen Börsenbetreibers um 9 Prozent einbrachen. Trotz des Brexits wollen beide Konzerne an ihrem Fusionsplan festhalten. Da allerdings der rechtliche Sitz des Gemeinschaftsunternehmens London sein soll, wird das Vorhaben am Finanzmarkt zunehmend kritisch gesehen.

Am Rentenmarkt fiel die durchschnittliche Verzinsung deutscher Bundesanleihen auf ein neues Rekordtief: Die Umlaufrendite fiel von minus 0,07 Prozent am Donnerstag auf minus 0,20 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,59 Prozent auf 143,68 Punkte. Der Bund Future schoss mit plus 1,55 Prozent auf 166,18 Punkten in die Höhe.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...