Finanzen

Bank of England bereitet sich auf neue Finanz-Krise vor

Lesezeit: 2 min
06.07.2016 01:10
Die britische Zentralbank hat überraschend die Kapitalbestimmungen für britische Banken gelockert. Sie bereitet sich auf weitere Interventionen vor. Der Grund ist die globale Schulden-Krise. Als Anlass kommt die Diskussion um den Brexit wie gerufen.
Bank of England bereitet sich auf neue Finanz-Krise vor

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Als Reaktion auf die Schockwellen des EU-Referendums in der Wirtschaft und Finanzwelt schaltet die britische Notenbank auf Krisenmodus um. Die Bank of England (BoE) warnte am Dienstag vor gravierenden Folgen für die Finanzstabilität des Landes durch das „Ja“ der Bevölkerung zum EU-Austritt, wie Reuters berichtet. Um die Finanzwelt vor Schlimmerem zu bewahren, lockerte sie mit sofortiger Wirkung die Kapitalregeln für Banken. „Das Vereinigte Königreich ist in einer Phase der Unsicherheit und bedeutender konjunktureller Anpassungen“, sagte BoE-Chef Mark Carney in London. Die Währungshüter stünden bereit, für funktionierende Märkte zu sorgen. Im Tagesverlauf wollte sich zudem Finanzminister George Osborne mit den Spitzen der Bankenbranche abstimmen. Die Aktienmärkte in ganz Europa gingen erneut auf Talfahrt.

Das Pfund Sterling sackte um fast zwei Cent auf ein 31-Jahres-Tief von 1,3112 Dollar ab. Zum Euro fiel das Pfund auf den tiefsten Stand seit zweieinhalb Jahren. „Anleger haben Sorgen vor den politischen Unsicherheiten in Großbritannien“, sagte Analystin Sonja Marten von der DZ Bank.

Aus Furcht vor einem Wiederaufflackern der globalen Finanzkrise haben die EZB und andere Zentralbanken nach dem Brexit-Votum die Handelsräume großer Geldhäuser mit Kontrollanfragen bombardiert. Wie Reuters von Insidern aus der Finanzbranche erfuhr, verschafften sich die britische und die US-Notenbank sowie die EZB zeitnah ein umfassendes Bild von den Aktivitäten am Markt, um frühzeitig drohende Turbulenzen erkennen zu können. Ein Banker sagte, nie zuvor habe es solche Kontrollanrufe so häufig und so durchgehend gegeben. Offenbar habe es die Sorge gegeben, das überraschende Anti-EU-Votum könne an den Finanzmärkten zu solch gravierenden Problemen führen wie der Kollaps der US-Investmentbank Lehman im Herbst 2008.

Auch die britische Notenbank ist weiter auf der Hut: „Im Notfall können wir ausreichend Liquidität zur Verfügung stellen“, betonte Carney. Aus Furcht vor einer Verknappung des Kreditangebots lockerte die BoE die Vorgaben für Banken. Sie müssen vorerst nicht mehr Geld für schlechtere Zeiten beiseitelegen. Dass der bereits beschlossene spezielle Kapitalpuffer bis mindestens Juni 2017 ausgesetzt bleibe, heiße aber nicht, dass die Geldinstitute mehr Spielraum für höhere Dividenden erhielten, so Carney. Vielmehr solle die Kreditvergabe an Firmen und Haushalte angekurbelt werden.

Die Notenbank in London hatte nach dem Brexit-Votum schon eine Lockerung ihrer Geldpolitik in Aussicht gestellt. Im Laufe des Sommers würden vermutlich geldpolitische Anreize benötigt, sagte Carney jüngst. Investoren rechnen damit, dass die BoE den Leitzins im Sommer senkt - möglicherweise sogar bis auf 0,0 Prozent. Aktuell liegt er mit 0,5 Prozent bereits auf einem historisch niedrigen Niveau. Es wird mit einer längeren Phase der Unsicherheit gerechnet, wodurch die Konjunktur und insbesondere die britischen Exportaussichten getrübt werden dürften.

Bei der jüngsten Umfrage der Forschungsinstitute YouGov und Centre for Economics and Business Research gaben 49 Prozent der Firmen an, den allgemeinen wirtschaftlichen Ausblick für die nächsten zwölf Monate pessimistisch zu bewerten. Vor dem Referendum waren nur 25 Prozent dieser Ansicht. Und die britische Kaufhauskette John Lewis bekommt die Zurückhaltung der Konsumenten schon zu spüren: In der Woche nach dem Referendum legten die Einnahmen nur um 2,1 Prozent zu. In der Woche zuvor, dem Beginn des Sommerschlussverkaufs, lag das Plus noch bei 7,3 Prozent.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...