Finanzen

Draghi setzt die EU unter Druck und fordert Banken-Rettung

Lesezeit: 4 min
22.07.2016 00:27
EZB-Chef Mario Draghi will eine Banken-Rettung mit Steuergeldern durch die Hintertür. Der Trick: Die Steuerzahler sollen die faulen Kredite übernehmen. Damit soll die EU motiviert werden, einer Umgehung ihrer eigenen Regeln zuzustimmen. Der Weg ist völlig verkehrt, weil er nicht den Volkswirtschaften nützt. Es ist neues Business für die Investmentbanken – auf Kosten der Steuerzahler.

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Spekulationen auf eine baldige Rettung angeschlagener Finanzinstitute durch die EZB haben die Kurse italienischer Banken am Donnerstag angetrieben. Der italienische Branchenindex stieg um 1,4 Prozent. Unicredit-Aktien gewannen 3,3 Prozent, Titel der angeschlagenen Banca Monte die Paschi di Siena lagen rund 2,5 Prozent im Plus und Papieren von BP Emilia stiegen um 3,4 Prozent.

EZB-Chef Mario Draghi sagte im Rahmen der Pressekonferenz nach der Ratssitzung in Frankfurt, die Probleme der schwachen Ertragskraft von Banken müssten angegangen werden. Damit ist in erster Linie Italien gemeint, dessen Banken rund ein Drittel aller faulen Kredite der Eurozone in ihren Büchern halten. Ein öffentliches Auffangnetz für diese faulen Kredite sei bei besonderen Umständen eine Möglichkeit, um die Banken zu rekapitalisieren. Es müsse allerdings mit der EU-Kommission abgestimmt werden.

„Ein öffentliches Auffangnetz ist eine Maßnahme, die sehr nützlich wäre. Wir wollen einen panischen Ausverkauf vermeiden“, sagte Draghi der FT zufolge. Überhaupt bestehe das Hauptproblem europäischer Banken in der schwachen Profitabilität, nicht in der Zahlungsfähigkeit, sagte Draghi in Frankfurt.

Tatsächlich ist der Umweg der Banken-Rettung über die faulen Kredite nichts anderes als eine Aushebelung der bestehende EU-Regeln mit einem technischen Trick. Für die faulen Kredite kann kein vernünftiger Marktwert ermittelt werden. Die Steuerzahler haben das Risiko, dass die Ausfälle bei ihnen hängen bleiben. Für die Investment-Banken wäre das Modell dagegen sehr interessant, weil sie mit dem versuchten Verkauf der faulen Kredite beauftragt werden würden und damit saftige Gebühren einstreichen können. Risiko übernehmen die Investment-Banken in diesem Fall nicht.

Richtiger wäre, wie die EU-Kommission seit Jahren fordert, und wie es auch das geltende Recht der BRRD vorsieht, dass die Gläubiger beteiligt werden. Die EU-Kommission hat in dieser Woche Unterstützung vom EuGH erhalten, der diesen Modus in einem Urteil für rechtmäßig erklärte.

Der Focus der Staaten sollte auf die Sanierung der Banken gelegt werden – und zwar der „good banks“. Die haben eine Zukunft und einen Nutzen in der Realwirtschaft. Die Konzentration auf die „bad banks“ ist dagegen für die Volkswirtschaften wertlos und nützt nur der Finanzindustrie. In den meisten Fällen müssen die Steuerzahler bei den bad banks die Verluste schlucken. Allerdings merken es die Steuerzahler in der Regeln nicht, weil die Lasten über sehr lange Zeiträume verteilt werden.

In Deutschland wird aktuell versucht, der Steuerverschwendung bei der FMS-Wertmanagement – der bad bank der HRE – Einhalt zu gebieten. Zum Kabinettbeschluss über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Aufgaben der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung erklärt Gerhard Schick, Sprecher für Finanzpolitik:

Es ist gut, dass mit dem auf den Weg gebrachten Gesetzentwurf endlich auch die Grundlagen geschaffen werden, um mit der Verschwendung von Steuergeldern bei der Refinanzierung der FMS-Wertmanagement Schluss zu machen. Zukünftig soll der Finanzmarkstabilisierungsfonds Abwicklungsanstalten Darlehen zur Refinanzierung der von dieses übernommenen Vermögensgegenstände gewähren können, sofern der Fonds alleiniger Verlustausgleichsverpflichteter ist. Aber diese auf die FMS-Wertmanagement zugeschnittene Regelung kommt viel zu spät. Obwohl die Schulden der Bad Bank vollständig vom Staat garantiert werden, muss sie sich bisher für höhere Zinsen Geld leihen als der Bund. Seit 2012 haben wir Grünen daher dem Bundesfinanzminister mehrfach vorgeschlagen, einen geeigneten Teil der Refinanzierung der Bank auf die Finanzagentur des Bundes zu übertragen. Doch das wurde jahrelang abgelehnt. Der Bundesfinanzminister schuldet nunmehr der Öffentlichkeit Rechenschaft,  wieso er erst jetzt unseren Vorschlag aufgreift. Denn der Starrsinn von Herrn Schäuble hat den deutschen Steuerzahler jedenfalls seit 2013 bereits 180 Mio. EUR gekostet:  Die FMS-WM hatte zum Jahresende 2015 Kapitalmarktpapiere im Volumen von 62 Mrd. EUR ausstehen. Wenn nur ein Drittel davon durch den Bund refinanziert würden, ergebe sich beim derzeitigen Renditeabstand zwischen FMS-Wertmanagement und Bund in Höhe von ca. 29 Basispunkten (Stand: 14. Juli 2016)* eine jährliche Einsparung von 60 Mio. EUR.

Italien führt derzeit Gespräche mit der EU-Kommission, damit das Land seine schwächelnden Geldhäuser mit Steuermitteln unterstützen darf. EU-Vorschriften erlauben Staatshilfen hingegen nur unter außergewöhnlichen Bedingungen – zuerst müssen Gläubiger und Aktionäre für Verluste haften. Besonders Bundesfinanzminister Schäuble und Eurogruppen-Chef Dijsselbloem lehnen jegliche Beteiligung der Steuerzahler ab.

Beobachter gehen davon aus, dass die EZB bezüglich der Situation im italienischen Bankensektor unter hohem Zeitdruck steht. „Das beherrschende Thema war der hohe Anteil der notleidenden Kredite in den Bankbilanzen. Für die EZB ist es essenziell, dass die Übertragung des geldpolitischen Impulses in die Realwirtschaft funktioniert. Der hohe Anteil der notleidenden Kredite stellt dabei ein wesentliches Hindernis dar. Da in Italien rund 90 Prozent der Unternehmensfinanzierung über den Bankensektor läuft, muss dieser Kanal so schnell wie möglich repariert werden, denn die EZB kann es sich eigentlich nicht leisten, dass bei den hohen Risiken, die sie im Rahmen des Wertpapierankaufprogramms eingeht, die geldpolitischen Maßnahmen ihr Ziel einer steigenden Kreditvergabe nicht erreichen. Insofern drängt die EZB auf eine schnelle Lösung“, sagte ein Analyst der Bank Sal. Oppenheim der Nachrichtenagentur Reuters.

Das Brexit-Votum habe die Wirtschaft der Euro-Zone Draghi zufolge nicht aus der Bahn geworfen. „Nach dem britischen Referendum über die EU-Mitgliedschaft ist unsere Einschätzung, dass die Finanzmärkte der Euro-Zone der erhöhten Unsicherheit und Volatilität mit Mut und Belastbarkeit begegnet sind“, sagte Draghi am Donnerstag in Frankfurt. Allerdings erhöhe der geplante EU-Austritt die Konjunkturrisiken.  Draghi bekräftigte, die EZB sei bereit, alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente zu einer Stimulierung der REalwirtschaft einzusetzen. "Ich möchte unsere Bereitschaft, den Willen und die Fähigkeit dazu unterstreichen", sagte Draghi nach der Sitzung des EZB-Rates.

Eine Analystin der Helaba erwartet laut Reuters weitere Aktivitäten von der EZB: „Draghi sprach davon, dass die Finanzmärkte die Brexit-Unsicherheiten gut gemeistert hätten und die Maßnahmen der EZB und der regulatorische Rahmen geholfen hätten, den damit verbundenen Stress zu begrenzen. Die EZB werde die weiteren Entwicklungen genau beobachten und - falls erforderlich - alle Instrumente innerhalb ihres Mandates nutzen, um die Unsicherheit einzudämmen. Auf die Frage zur Ausgestaltung des Wertpapier-Kaufprogramms und der Knappheitsproblematik beim Kauf von Anleihen aufgrund des niedrigen Renditeniveaus gab Draghi an, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genug Informationen vorliegen, um eine Anpassung vorzunehmen. Die EZB werde in den kommenden Wochen und Monaten aber die Entwicklungen beobachten und bei Bedarf handeln.“


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