Weltwirtschaft

Neuer Preisverfall: Öl-Konzerne fahren Investitionen deutlich zurück

Lesezeit: 2 min
07.08.2016 23:08
Der britische Ölkonzern BP fährt seine Investitionen im laufenden Jahr zurück. Grund dafür ist ein Gewinneinbruch im zweiten Quartal. Die Schrumpfkur könnte mittelfristig anhalten, weil die Ölpreise seit einigen Wochen wieder sinken.
Neuer Preisverfall: Öl-Konzerne fahren Investitionen deutlich zurück
Der Preis für Brent-Öl in der Monatssicht. (Grafik: ariva.de)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

BP senkt seine Investitionen nach einem Gewinneinbruch im zweiten Quartal erneut. Angesichts der schwachen Ölpreise und schwierigen Raffinerie-Geschäfte sei das Nettoergebnis um 45 Prozent auf 720 Millionen Dollar gefallen, teilte der britische Konzern am Dienstag mit. Damit schnitt BP deutlich schlechter ab als von Analysten erwartet. Die in London notierte Aktie lag am Dienstag-Vormittag 1,5 Prozent im Minus.

Der Ölriese kündigte an, nun im laufenden Jahr weniger als 17 Milliarden Dollar investieren zu wollen. Um die Kosten zu reduzieren, hatte BP im vergangenen Jahr seine Ausgaben dreimal zurückgefahren und fast zehn Prozent der 80.000 Mitarbeiter entlassen.

Nach wie vor leidet der Konzern unter den niedrigen Ölpreisen. Im zweiten Quartal kostete Brent beispielsweise rund ein Viertel weniger als im Vorjahreszeitraum. Die weltweiten Lagerbestände befinden sich bereits auf einem Rekordhoch.

Zwar hat sich der Ölpreis inzwischen wieder etwas erholt im Vergleich zum Jahresbeginn, doch das Umfeld wird nicht einfacher. Der Margendruck dürfte im dritten Quartal zunehmen und die Produktion wegen Wartungsarbeiten zudem niedriger ausfallen, warnte BP-Chef Dudley am Dienstag, wie die dpa berichtet.

Zugleich können die Briten nur nach und nach die Folgen der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko bewältigen. Im zweiten Quartal verbuchte BP diesbezüglich Vor-Steuer-Kosten von 5,2 Milliarden Dollar. Die gesamten Lasten im Zusammenhang mit der verheerenden Ölpest summieren sich damit jetzt auf 62 Milliarden Dollar.

Der niedrige Ölpreis hat auch die Gewinne der großen Öl-Konzerne Shell und Total deutlich geschmälert. Shell verdiente unter dem Strich im zweiten Quartal mit einer Milliarde Dollar 70 Prozent weniger als vor einem Jahr, wie der britisch-niederländische Konzern am Donnerstag mitteilte. Der als Kennzahl in der Branche wichtige bereinigte Gewinn zu Wiederbeschaffungskosten hat sich mit 1,55 Milliarden Dollar mehr als halbiert, teilte das Unternehmen am Mittwoch in London mit. Shell-Chef Ben van Beurden sieht trotz der Zahlen nicht nur schwarz. Die Gegenstrategie zu niedrigen Ölpreisen heiße Einsparungen. „Wir werden weiter unser Ausgabenniveau drücken“, kündigte er an.

Der bereinigte Nettogewinn des französischen Rivalen Total fiel mit 2,2 Milliarden Dollar 30 Prozent niedriger aus. Während Shell die Erwartungen von Analysten erheblich verfehlte, lag Total darüber. Der französische Konzern verwies darauf, dass sich der Preis der Öl-Sorte Brent seit Jahresbeginn erholt habe. Davon habe das Unternehmen profitiert, erklärte Total-Chef Patrick Pouyanne. So sei der Gewinn im Vergleich zum Vorquartal um ein Drittel gestiegen. Das angepeilte Sparziel von 2,4 Milliarden Dollar habe man somit bereits erreicht. Shell-Chef Ben van Beurden betonte dagegen, die niedrigen Ölpreise seien nach wie vor eine Herausforderung. An der Börse startete die Shell-Aktie 3,6 Prozent tiefer in den Handel. Total notierten 0,2 Prozent schwächer.

Vergleichsweise wacker schlug sich hingegen der US-Ölriese ExxonMobil. Er verzeichnete zwar das schlechteste Quartalsergebnis seit über 15 Jahren, erwirtschaftete aber wie auch Shell noch einen Gewinn. Seinen Aktionären will Shell für das erste Quartal wie im Vorjahreszeitraum 0,47 Dollar je Anteilsschein als Dividende zahlen.

Der Gewinnrückgang signalisiert die Probleme der gesamten Ölbranche, schreibt Bloomberg. Diese stützten sich während des Ölpreis-Verfalls im vergangenen Jahr auf die Gewinne ihrer Raffinerien. BP werde zwar die Investoren weiter zurückfahren – die Schulden des Unternehmens werden aber weiter steigen und die Ölpreise tendenziell fallen. In Kanada und Nigeria läuft die Ölförderung nach einigen Unterbrechungen wieder normal, was zusätzlichen Druck auf die Notierungen ausübt.

„In der zweiten Jahreshälfte wird es für die Raffinerien schwierig werden. Auch wenn die Firmen ihren Kosten reduzieren konnten bestehen für BP und die anderen Ölmultis noch immer große Herausforderungen“, wird ein Analyst zitiert.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen US-Aktien sind heiß gelaufen: Warum immer mehr Analysten den europäischen Aktienmarkt in den Blick nehmen
22.11.2024

Vermögensverwalter Flossbach von Storch sieht zunehmend Risiken für US-Aktien. Nach der jüngsten Rekordjagd an den US-Börsen verlieren...

DWN
Politik
Politik SPD-Kanzlerkandidat steht fest: Pistorius zieht zurück und ebnet Weg für Scholz
21.11.2024

Nach intensiven Diskussionen innerhalb der SPD hat Verteidigungsminister Boris Pistorius Olaf Scholz den Weg für die erneute...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch kurz vor 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag hat die wichtigste Kryptowährung direkt nachgelegt. Seit dem Sieg von Donald...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Konjunkturflaute, Handelskonflikte, leere Büroimmobilien - Banken stehen vor akuten Herausforderungen
21.11.2024

Eigentlich stehen Deutschlands Finanzinstitute in Summe noch ganz gut da – so das Fazit der Bundesbank. Doch der Blick nach vorn ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...

DWN
Politik
Politik Weltstrafgericht erlässt auch Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant - wegen Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
21.11.2024

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den früheren...