Politik

Griechenland und Italien drängen auf Umsiedlung von Flüchtlingen

Lesezeit: 2 min
24.08.2016 01:18
Griechenland und Italien fordern von den EU-Staaten, die zugesagten Quoten von Flüchtlingen zu übernehmen. Doch kein Land zeigt Ambitionen - nur Deutschland hat sich bereit erklärt, einige hundert Flüchtlinge aus Italien zu übernehmen.
Griechenland und Italien drängen auf Umsiedlung von Flüchtlingen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die griechische Regierung pocht bei den anderen EU-Staaten auf die Verteilung von Flüchtlingen und Migranten. Migrationsminister Yannis Mouzalas sagte am Dienstag, im Moment könnten 7.000 Menschen umgesiedelt werden. Die EU-Staaten, die zur Aufnahme verpflichtet seien, hätten aber nicht auf Anfragen geantwortet. Mouzalas kündigte eine Reise in andere EU-Staaten im September an. Dabei werde er darauf dringen, dass die Vereinbarungen eingehalten würden.

Der EU-Ministerrat hatte im Herbst gegen den Widerstand mehrerer Staaten beschlossen, 160.000 Neuankömmlinge innerhalb von zwei Jahren in der Gemeinschaft zu verteilen, um die Mittelmeeranrainer Griechenland und Italien zu entlasten. Davon sind jedoch erst 4.000 in andere Länder gebracht worden. Im Moment leben in Griechenland 58.000 Flüchtlinge und Migranten. Fast alle wollen in nordeuropäische Länder weiterreisen. Sie stecken aber in Griechenland fest, weil viele Länder entlang der Balkanroute ihre Grenzen geschlossen haben.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière kündigte im Zuge der vereinbarten Umverteilung eine Aufnahme von Flüchtlingen aus Italien an. Deutschland werde ab September mehrere hundert Migranten aufnehmen, sagte de Maizière laut Nachrichtenagentur Ansa bei einem Treffen mit seinem italienischen Kollegen Angelino Alfano in Rimini. „Wir hoffen, dass das ein gutes Beispiel ist, dem andere folgen“, zitierte die Ansa den Minister.

Italien hat offenbar damit begonnen, Flüchtlinge in ehemaligen Kasernen unterzubringen. Bereits 3.000 Migranten seien bislang in ehemalige militärische Einrichtungen einquartiert worden. 40 Millionen Euro soll die Regierung in Rom zur Renovierung weiterer Kasernen bewilligt haben, berichtet die Kronen-Zeitung aus Österreich.

Derzeit beherberge Italien rund 130.000 Migranten. Seit Jahresbeginn sind offiziellen Angaben zufolge rund 102.000 Menschen eingereist – hauptsächlich über das Mittelmeer. Im selben Zeitraum des Vorjahres seien es praktisch genauso viel gewesen.

Der italienische Staatssekretär für Europapolitik kritisierte angesichts des anhaltenden Migrationsdrucks andere europäische Länder, die sich den von der EU-Kommission favorisierten Umverteilungsquoten widersetzen. Deutschland erklärte sich unterdessen bereit, ab September „mehrere hundert“ Flüchtlinge aufzunehmen, die sich derzeit in Italien befinden.

Der italienische Innenminister Angelino Alfano äußerte sich besorgt, dass sich die Flüchtlingskrise zum Spaltpilz für die gesamte EU entwickle, wenn es nicht gelänge, Migranten ohne berechtigte Asylforderungen abzuschieben. „Ist die EU nicht in der Lage, für die Rückführung der Migranten und die Integration der Flüchtlinge zu sorgen, ist sie gescheitert. Die Flüchtlingsproblematik ist eine entscheidende Herausforderung für die Zukunft der EU. Wenn man die Flüchtlingskrise nicht löst, droht die EU unter dem Druck extremistischer Bewegungen zu scheitern, die zurzeit in ganz Europa entstehen“, sagte er am Dienstag gegenüber der Zeitung Il Messaggero.

Mehrere Staaten treffen bereits Vorkehrungen für den Fall, dass Italien die Flüchtlinge nach Norden weiterreisen lässt. Die Schweiz hat ihre Grenze zu Italien bereits faktisch geschlossen. Deutschland hat damit begonnen, seinerseits die Grenze zur Schweiz stärker zu kontrollieren. Österreich hat am Brenner-Pass Vorläufer eines Grenzzauns gebaut. „Binnen weniger Stunden können wir das Grenzmanagement am Brenner aktivieren, die Bauarbeiten sind bereits beendet. Unsere Experten beobachten derzeit die Entwicklung der Asyl-Situation in Italien sehr genau“, zitiert die Kronen-Zeitung einen Regierungssprecher.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...