Politik

„Europäische Identität“: EU will mehr Einfluss auf die Bildungspolitik

Lesezeit: 1 min
01.04.2012 09:14
Bisher waren die Versuche der EU, Einfluss auf die Bildungspolitik der Nationalstaaten zu nehmen, wenig erfolgreich. Im Zeitalter von ESM und Fisklapakt startet Brüssel nun einen neuen Anlauf, um eine „europäische Identität“ zu verwiklichen.
 „Europäische Identität“: EU will mehr Einfluss auf die Bildungspolitik

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Führende Vertreter des Europäischen Parlaments sehen in einer gemeinsamen europäischen Identität den einzigen Weg für den weiteren Bestand der EU: „Wenn wir eine beständige Union der Solidarität wollen, müssen wir auch in eine europäische Identität investieren. Wir müssen die Geschichte als europäische Geschichte und nicht als eine Zusammenstellung nationaler Geschichten verstehen“, sagte Klaus Welle der Generalsekretär des EU-Parlaments, diese Woche bei einem Vortrag vor einem Think Tank in Brüssel.

Welle, gebürtiger Deutscher, nahm das Beispiel Deutschlands und sagte, in Deutschland rede man wie selbstverständlich von einem Nationalstaat, obwohl es ein solcher erst seit 1871 ist. Welle sagte: „1871 liegt nicht lange zurück. Wir haben unsere Geschichte so rekonstruiert, als seien wir immer ein Nationalstaat gewesen, was komplett falsch und unwahr ist. Um unsere Identität zu stabilsieren, haben wir nationale Museen errichtet und unsere eigene nationale Geschichte rekonstruiert."

Dasselbe möchte die EU nun tun - und stößt damit auf Irritation bei einigen Mitgliedsstaaten. Denn die EU-Kommission kann zwar Verordnungen erlassen, die Bildungspolitik ist bisher ausschließlich in die Kompetenz der Nationalstaaten gefallen.

Bisher haben sich die europäischen Staaten geweigert, die Wünsche der EU nach Mitwirkung an der Bildungspolitik zu verwirklichen. Die Forderung europäische Inhalte besser in den Lehrplänen der Mitgliedsstaaten zu verankern, wurde bisher nicht umgesetzt.

[caption id="" align="alignleft" width="640" caption="Die Krönung von Wilhem I. zum deutschen Kaiser 1871 erfolgte im Spiegelsaal von Versailles - und hatte somit damals schon eine europäische Komponente aufzuweisen. (Foto: DMN)"]Die Krönung von Wilhem I. zum deutschen Kaiser 1871 erfolgte im Spiegelsaal von Versailles - und hatte somit damals schon eine europäische Komponente aufzuweisen. (Foto: DMN)[/caption]

Mit einem kürzlich eröffneten Besucherzentrum und einem geplanten „Haus der Geschichte“ will das Parlament nun die Initiative ergreifen und die Bildung einer solchen gemeinsamen Identität unterstützen.

Ein Problem, auf das bei der Selbstüberprüfung des EU-Parlaments aufmerksam gemacht wird, ist dass sich die Bürger bei Gesetzen, die in Brüssel beschlossen werden, übergangen fühlen. Dies habe eine abschreckende Wirkung: Nur 43 Prozent sind noch an den demokratischen Vorgängen in Union interessiert – in manchen Ländern sind es weniger als 20 Prozent. Das ist zum Teil doch zu wenig, um identitätsstiftend zu wirken.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...