Deutschland

Firmen dürfen Mitarbeiter künftig rund um die Uhr per Video überwachen

Union und FDP haben ein neues Gesetz zum Arbeitnehmerdatenschutz vorgeschlagen. Wird es beschlossen, ist eine umfassende Video-Überwachung der Mitarbeiter möglich. Was die Koalition als bürgernah verkauft, ist in Wahrheit eine deutliche Verschärfung der Überwachung am Arbeitsplatz.
13.01.2013 23:31
Lesezeit: 1 min

Union und FDP haben einen Kompromiss bei der gesetzlichen Regelung zur Videoüberwachung am Arbeitsplatz gefunden, berichtet Reuters. So dürfen Unternehmen künftig ihre Mitarbeiter rund um die Uhr per Video überwachen. Doch muss dies offen geschehen. Das heimliche Filmen der Mitarbeiter soll untersagt werden. Bereits Ende des Monats könnte der Bundestag über den Gesetzentwurf abstimmen. Die Zustimmung des Bundesrats, wo die Koalition keine Mehrheit hat, ist nicht erforderlich.

Anlass für den Gesetzesanlauf war eine Serie von Skandalen bei Einzelhandelsketten, die ihr Personal heimlich gefilmt hatten. Auch bei der Deutschen Telekom und der Bahn traten ähnliche Fälle auf. „Der Arbeitnehmer braucht keine Angst mehr vor Bespitzelung zu haben“, sagte der CSU-Innenexperte Michael Frieser stolz in der ARD. Geheime Videoaufnahmen von Arbeitnehmern werde es in Deutschland nicht mehr geben.

Die Gewerkschaften zeigten sich empört. DGB-Chef Michael Sommer bezeichnete den Entwurf als einen „Anschlag auf die Arbeitnehmerrechte“, zitiert Reuters. Die Gewerkschaften würden dagegen Widerstand leisten. Bisher war Videoüberwachung nur vorübergehend und aus konkretem Anlass zulässig. Nun aber gibt es keine zeitliche Beschränkung mehr. Thomas Klebe von der IG Metall sprach daher in der FAZ in Bezug auf die Neuregelung von „Vorratsdatenspeicherung“.

Die offene Videoüberwachung am Arbeitsplatz werde an strikte Vorgaben gebunden, zitiert Reuters Gisela Piltz, die innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion. So dürfe die Videoüberwachung nicht zur Verhaltens- oder Leistungskontrolle verwendet werden. Sie könne jedoch zum Beispiel zur Gewährleistung der Arbeitssicherheit zum Einsatz kommen. Grundsätzlich tabu seien Kameras in Umkleiden, Schlafräumen oder im Sanitärbereich.

Auch die Arbeitgeber sind mit dem geplanten Gesetz nicht zufrieden, weil ihnen dadurch eine Menge neuer Vorschriften und Verbote entstehen. So ist den Arbeitgebern zum Beispiel die Nutzung sozialer Netzwerke wie Facebook oder Xing, etwa zur Vorbereitung von Bewerbungsgesprächen, nun verboten. Der Arbeitsrechtler Tim Wybitul sagte der FAZ, die Arbeitgeber müssten nun schnell handeln. Sonst könnten nach Inkrafttreten des Gesetzes im Sommer kräftige Strafzahlungen auf sie zukommen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft De-minimis-Ausnahme: Trump hat europäischen Unternehmen bisher ein Geschenk im Wert von 800 Dollar hinterlassen
19.04.2025

Trumps Zollpolitik ermöglicht es europäischen Unternehmen, Waren bis 800 Dollar zollfrei in die USA zu versenden. Doch Experten warnen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Osterleckereien 2025: Warum Schokolade, Butter & Co. teurer sind denn je
19.04.2025

Ostern 2025 wird für Verbraucher teurer – besonders bei traditionellen Produkten wie Schokohasen, gefärbten Eiern und selbstgebackenem...

DWN
Immobilien
Immobilien Gewerbeimmobilien als Kapitalanlage? Lage matters!
19.04.2025

Gewerbeimmobilien bieten nach wie vor interessante Renditechancen für ausgefuchste Marktkenner. Wer klug investiert, kann von stabilen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Wettbewerbskompass: Kurskorrektur bei Technologiewettbewerb dringend nötig!
19.04.2025

Europa steht vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen: Der globale Technologiewettbewerb spitzt sich zu, geopolitische Krisen...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitalisierung im Bürgeramt: Passfotos ab Mai nur noch digital erlaubt
19.04.2025

Ab dem 1. Mai sind in Deutschland im Grunde nur noch digitale Passfotos erlaubt. Das neue Verfahren soll Fälschungen vorbeugen. Wer denkt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Italienische Luxusunternehmen: Prada übernimmt und trägt nun auch Versace
19.04.2025

Über einen möglichen Kauf war seit mehreren Monaten spekuliert worden: Der Luxuskonzern Prada schluckt den Konkurrenten Versace. Damit...

DWN
Technologie
Technologie „Mein alter Job als Softwareentwickler ist weg“ – Jentic-Chef über selbstprogrammierende KI-Agenten
19.04.2025

Der irische Tech-Unternehmer Sean Blanchfield ist überzeugt, dass KI-Agenten menschliche Programmierer und Softwareentwickler zunehmend...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt „We don’t believe in Outsourcing“ – Klöber zeigt, wie Produktion in Deutschland wieder gelingt
18.04.2025

Sitzen, aber richtig: Der Büromöbelhersteller aus Owingen setzt auf Inhouse-Produktion, recycelte Materialien und digitale Innovation –...