Politik

Stimme der Vernunft: Rom lehnt Olympische Spiele ab

Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi hat einer Ausrichtung der olympischen Spiele im Jahr 2024 eine klare Absage erteilt. Die Stadt sei hoch verschuldet und zahle immer noch für frühere Großereignisse. In Turin leide die Stadt heute noch unter den Kosten von Olympia.
24.09.2016 01:01
Lesezeit: 2 min

Nach Hamburg und Boston zieht wohl auch Italiens Hauptstadt Rom ihre Kandidatur für die Olympischen Sommerspiele 2024 zurück. Nach dem Nein von Bürgermeisterin Virginia Raggi gibt es kaum noch Chancen, die Bewerbung weiter aufrecht zu erhalten, berichtet die dpa. „Es ist unverantwortlich, Ja zu dieser Kandidatur zu sagen“, sagte Raggi am Mittwoch in Rom. „Olympische Spiele sind ein Traum, die sich an einem gewissen Punkt in einen Alptraum verwandeln“, erklärte sie.

Der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees Italiens (Coni), Giovanni Malagò, erklärte, er nehme das Nein zur Kenntnis. „Wir werden weitermachen bis zum formalen Aus. Die Stadt und der Stadtrat müssen die Verantwortung für den Beschluss übernehmen.“ Formal muss nun Roms Stadtrat noch über die Bewerbung entscheiden, wie Raggi erklärte. Malagò hatte bereits zuvor angekündigt, ein Nein würde das Ende aller Olympia-Träume in Italien für viele Jahre bedeuten.

„Wir nehmen keine weitere Hypothek auf die Zukunft Roms und Italiens auf“, sagte Raggi. Sie kritisierte, Kosten für Olympische Spiele seien stets viel höher als zuvor geschätzt, Olympia bedeute Schulden und später nutzlose Sportanlagen in der Stadt. „Ein gutes Geschäft für die Lobby, nur Schulden für die Bürger“, kritisierte sie. Malagò warf Raggi vor, falsche Zahlen zu den Olympia-Kosten zu verbreiten.

Der voraussichtliche Rückzug Roms ist ein weiterer Rückschlag für das Internationale Olympische Komitee (IOC), das im September 2017 in Lima den Gastgeber bestimmt. 2015 hatten Hamburgs Bürger in einem Referendum gegen die Bewerbung gestimmt, auch Boston stieg aus dem Rennen aus und wurde durch Los Angeles ersetzt. „Unsere Position ist nicht isoliert, andere haben das Gleiche getan“, sagte Raggi.

Schon beim Kampf um die Winterspiele 2022 hatten München, Graubünden, Stockholm und Oslo vorzeitig aufgaben. Olympia-Gegner werfen dem IOC Maßlosigkeit vor, die 51 Milliarden Dollar teuren Spiele in Sotchi 2014 wirken nach und haben das Image des IOC nachhaltig beschädigt.

Doch auch für Italien ist der erneute Rückzieher Roms peinlich. Schon die Bewerbung der Hauptstadt für die Spiele 2020 war gescheitert, nachdem der damalige Regierungschef Mario Monti die Kandidatur mit Verweis auf die Finanzkrise zurückzog. Das angekratzte Image Italiens beim IOC dürfte mit dem erneuten Aus weiter beschädigt werden.

Die hohen Kosten und die schlechte wirtschaftliche Situation Roms sind auch das Hauptargument der Olympia-Gegnerin Raggi, die ihre Ablehnung bereits vor ihrer Wahl im Juni deutlich gemacht hatte. „Wir müssten weitere Schulden aufnehmen, das ist nicht haltbar“, sagte sie. Die Stadt sei hoch verschuldet und zahle noch immer für frühere Großereignisse. Zuletzt war Rom 1960 Gastgeber der Sommerspiele, in Cortina d'Ampezzo 1956 und in Turin 2006 fanden Winterspiele statt.

Damit bleiben mit Los Angeles, Paris und Budapest drei Bewerber für die Spiele 2024 übrig. Die Kandidatur Los Angeles' läuft bisher nach Plan, es gibt keinen nennenswerten Protest und keine Kritik. Auch in Paris zeigten Umfragen eine klare Mehrheit der Bevölkerung für die Kandidatur, ein Referendum war ohnehin nie geplant, in der Politik gibt es eine breite Mehrheit für die Pläne. In Ungarn könnte es theoretisch noch zu einer Volksabstimmung kommen, allerdings werden Budapest ohnehin nur Außenseiter-Chancen eingeräumt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...