Finanzen

Italien: Direktorin der Schuldenverwaltung drängte Banken zum Bond-Kauf

Lesezeit: 2 min
19.07.2012 00:30
Kurz vor dem Downgrade des Landes soll die Chefin der italienischen Schuldenverwaltung die großen Banken Intesa und UniCredit unter Druck gesetzt haben, Anleihen zu kaufen. Das Beispiel zeigt, dass die Libor-Manipulationen kein Einzelfall sind, sondern dass sich Politiker weltweit ziemlich schamlos in die Abläufe an den Märkten einmischen.
Italien: Direktorin der Schuldenverwaltung drängte Banken zum Bond-Kauf

Mehr zum Thema:  
Banken >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Banken  

Es war eine unerwartet gute Auktion am vergangenen Freitag für das italienische Finanzministerium. Trotz der Herabstufung des Landes konnte Italien dreijährige Anleihen zu deutlich niedrigeren Zinssätzen als bei einer vergleichbaren Auktion Mitte Juni emittiert werden. Die italienische Zeitung MF-Milano Finanza berichtete am Dienstag über die Hintergründe der Auktion.

Der Zeitung zufolge soll die Direktorin der italienischen Schuldenverwaltung, Maria Cannata, italienische Banken zum Kauf von Staatsanleihen aufgefordert haben. 12 Stunden vor der Veröffentlichung informierte die Ratingagentur Moody’s Maria Cannata über das Downgrade. Die Direktorin soll daraufhin bei den großen italienischen Banken UniCredit und Intesa angerufen haben. Sie informierte die Banken über das drohende Downgrade und soll versucht haben, die Banken dahingehend unter Druck zu setzen, die Nachfrage der Auktion am Freitag zu stützen, damit die Zinssätze nicht aus dem Ufer laufen.

Maria Cannata dementierte nun die Vorwürfe der Zeitung. „Die Käufe der italienischen Banken haben im Einklang mit unseren Auktionen“ gestanden, sagte sie dem WSJ. Eine genaue Angabe, wie viele Anleihen die italienischen Banken gekauft haben, wollte sie allerdings nicht machen. Die Sprecher von Monte die Paschi, Intesa und UniCredit wollten weder den MF-Bericht noch die Aussage von Maria Cannata kommentieren.

Die Informationen, die sie von Moody’s erhalten habe, seien „absolut vertraulich“ gewesen, aber die Spekulationen seien „außer Kontrolle geraten“, sagte Maria Cannata dem WSJ. Der Herausgeber der MF, Osvaldo de Paolini, reagierte in einem Schreiben auf die Aussagen der Direktorin der Schuldenverwaltung: Der Bericht beruhe auf verlässlichen Quellen.

Wie die spanischen Banken unterstützen auch die italienischen Banken den Staat seit geraumer Zeit mit dem Kauf von Anleihen. Große Teile der EZB-Tender sind dafür draufgegangen. Die Verflechtung zwischen Staat und Banken, die die EU eigentlich durchbrechen will, spielt hier eine sehr große Rolle und bürgt zugleich ein Risiko für die Banken des Landes. Allein UniCredit hält italienischen Staatsanleihen im Wert von 40 Milliarden Euro, so der Geschäftsführer Federico Ghizzoni. Doch die finanziellen Mittel der Banken zur Stützung der Anleihen neigen sich dem Ende, was den direkten Schritt Maria Cannatas erklären könnte.

Es sind eben nicht nur die Banken, die die Zinsen manipulieren. Ähnlich wie im Falle Maria Cannate, hatte auch bei der Libor-Manipulation die Politik ihre Hände im Spiel. Aus einer Notiz des zurückgetreten Chefs von Barclays, Bob Diamond, ging hervor, dass er in einem Telefonat vom dem stellvertretenden Gouverneur der Bank of England, Paul Tucker, motiviert wurde, die Zinsmeldung von Barclays niedrig zu halten. Dieser soll gesagt haben, dass er die Anweisung zu dieser Anweisung von ganz oben erhalten habe (mehr hier).


Mehr zum Thema:  
Banken >

DWN
Immobilien
Immobilien Zwangsversteigerungen 2024: Zahl stark gestiegen
15.01.2025

Deutlich mehr Immobilien zwangsversteigert: Die Wirtschaftskrise und steigende Zinsen hinterlassen Spuren, besonders bei Eigentümern. 2024...

DWN
Politik
Politik Wider den Hedonismus: Warum Wehrpflicht (und Zivildienst) Deutschland wieder auf Spur bringen
15.01.2025

Als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), vom russischen Überfall auf die Ukraine richtig geschockt, die Zeitenwende für Deutschland ausrief,...

DWN
Technologie
Technologie Wie ehemalige IT-Nerds der russischen Suchmaschine Yandex den KI-Markt Europas aufmischen
14.01.2025

Russische IT-Nerds bauen in Amsterdam das KI-Unternehmen Nebius auf. Informatiker um den Yandex-Suchmaschinen-Gründer Arkadi Wolosch...

DWN
Finanzen
Finanzen Bafin-Kontenvergleich: Alle Girokonten in Deutschland im Überblick
14.01.2025

Die Finanzaufsicht Bafin bringt Transparenz in den Kontomarkt: Mit dem neuen Bafin Kontenvergleich können Verbraucher alle Girokonten in...

DWN
Politik
Politik Russischer Außenminister Lawrow: "USA wollen nach Nord-Stream Gaspipeline TurkStream zerstören"
14.01.2025

Russlands Außenminister Lawrow beschuldigt die USA, mit ukrainischen Drohnenangriffen die Gasleitung TurkStream lahmlegen zu wollen....

DWN
Politik
Politik CDU-Heizungsgesetz: Wie die Union das Heizungsgesetz abschaffen will - und warum das schlecht wäre
14.01.2025

Das Habecksche Heizungsgesetz, offiziell Gebäudeenergiegesetz (GEG), gilt seit Januar 2024. Die CDU plant, das GEG bei einer möglichen...

DWN
Politik
Politik Weitere Ukraine-Hilfe? Pistorius zu Besuch in Kiew spricht sich dafür aus
14.01.2025

Ukraine-Hilfe 2025: Verteidigungsminister Boris Pistorius bleibt optimistisch, was die Fortsetzung der Unterstützung für die Ukraine...

DWN
Politik
Politik NATO-Gipfel: Schutz für Ostsee-Infrastruktur geplant
14.01.2025

Nato schützt sich künftig besser vor Sabotageakten gegen wichtige Infrastruktur wie Kabel und Pipelines. Deutschland steuert mit...