Finanzen

EZB-Ratssitzung: Draghi im Zugzwang

Lesezeit: 2 min
02.08.2012 10:56
Donnerstagmittag werden alle Augen auf Frankfurt schauen. EZB-Chef Draghi muss handeln. Macht er keine konkreten Aussagen über neue Interventionen der EZB, wird dies an den Märkten für viele Turbulenzen sorgen und für ihn einen Verlust der Glaubwürdigkeit bedeuten.
EZB-Ratssitzung: Draghi im Zugzwang

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

„Wenn nur Draghi mit einem ‚Wir tun nichts‘ auftritt, werden die Märkte extrem schlecht reagieren und die EZB wird eine ausgewachsene Krise in ihren Händen halten", beurteilt James Nixon, Chefökonom Europa bei der Societe Generale SA in London, die aktuelle Lage. „Ich kann mir nicht vorstellen, mit welchen Worten Draghi auftreten soll, wenn diese keine konkrete Intervention beinhalten sollen."

Nach Mario Draghis Aussage alles Erdenkliche unternehmen zu wollen, um den Euro zu stützen, erwarten sowohl die Investoren als auch die meisten Politiker eine konkrete Ankündigung von Aktionen der EZB. Doch inwiefern er tatsächlich die Bedenken der Bundesbank aus dem Weg geräumt haben wird, bleibt abzuwarten – immerhin wollte er sich vor der Ratssitzung mit Jens Weidmann auf einen „Kaffee treffen“ (hier). 51 von 55 Ökonomen, die von Bloomberg befragt wurden, rechnen damit, dass er den Leitzins auf dem niedrigen Niveau von 0,75 Prozent belassen wird. Vier gehen von einer weiteren Senkung aus.

Eine weitere Handlungsmöglichkeit, die von vielen favorisiert wird, ist der Anleihenkauf. Bereits vergangene Woche berichteten die Deutschen Wirtschafts Nachrichten darüber, dass eine gemeinsame Aktion von EZB und EFSF geplant werde (hier), um die Zinssätze für Italien und Spanien zu senken. Aktuellen Medienberichten zufolge soll nun eine konzertierte Aktion der EZB und des ESM im Raum stehen – wenngleich dieser nicht vor Ende September starten kann (das Bundesverfassungsgericht trifft eine erste Entscheidung erst am 12. September – hier). So würde der ESM den Regierungen in kleinerem Umfang direkt Anleihen abkaufen, während die EZB zugleich Papiere erwirbt, die bereits auf dem Markt gehandelt werden.

Bisher hat die EZB bereits Anleihen angeschlagener Euro-Länder in Höhe von 211 Milliarden Euro gekauft. Seit dem Frühjahr ruht der Anleihenkauf. Derzeit sieht es so aus, als zeichne sich im EZB-Rat eine Mehrheit für die Wiederaufnahme der Anleihen-Käufe ab. Allerdings wird aufgrund der ausstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den ESM kein offizieller Beschluss gefasst werden können – zumindest mit Blick auf die Koordination der Anleihenkäufe mit dem ESM.

Ein weiterer 3-Jahres-Tender ist ebenfalls im Gespräch. Die enttäuschenden Auswirkungen der ersten beiden Tender sprächen dafür. Bisher ist kaum etwas von dem billigen Geld in der Privatwirtschaft angekommen – die Kreditanforderungen sind eher noch gestiegen (mehr hier). Die Rezession verschärft sich dadurch nur.

Italien konnte bei den vergangenen zwei Auktionen bereits von der Ankündigung Draghis profitieren – Spanien will heute Anleihen ausgeben. Die Märkte sind derzeit eher in einer stillen Erwartungshaltung, Der Euro kletterte leicht um 0,3 Prozent auf 1,2257 Dollar und der Stoxx Europe 600 Index stieg um 0,2 Prozent.

Die heutige Entscheidung der EZB wird auch für die USA Konsequenzen nach sich ziehen. Die Fed hatte sich am Mittwoch entschieden, trotz der Wirtschaftsflaute vorerst keine neuen Maßnahmen zu ergreifen. Eine zukünftige geldpolitische Lockerung schloss sie jedoch nicht aus. Bis Ende 2014 werde man aber an der Nullzinspolitik festhalten. Der amerikanische Leitzins USA liegt seit mehr als drei Jahren auf null bis 0,25 Prozent. Je nachdem, welche Entscheidung die EZB trifft, wird auch erwartet, dass die Fed entsprechend reagieren wird (mehr hier).


Mehr zum Thema:  

DWN
Technologie
Technologie Wie ehemalige IT-Nerds der russischen Suchmaschine Yandex den KI-Markt Europas aufmischen
14.01.2025

Russische IT-Nerds bauen in Amsterdam das KI-Unternehmen Nebius auf. Informatiker um den Yandex-Suchmaschinen-Gründer Arkadi Wolosch...

DWN
Finanzen
Finanzen Bafin-Kontenvergleich: Alle Girokonten in Deutschland im Überblick
14.01.2025

Die Finanzaufsicht Bafin bringt Transparenz in den Kontomarkt: Mit dem neuen Bafin Kontenvergleich können Verbraucher alle Girokonten in...

DWN
Politik
Politik Russischer Außenminister Lawrow: "USA wollen nach Nord-Stream Gaspipeline TurkStream zerstören"
14.01.2025

Russlands Außenminister Lawrow beschuldigt die USA, mit ukrainischen Drohnenangriffen die Gasleitung TurkStream lahmlegen zu wollen....

DWN
Politik
Politik CDU-Heizungsgesetz: Wie die Union das Heizungsgesetz abschaffen will - und warum das schlecht wäre
14.01.2025

Das Habecksche Heizungsgesetz, offiziell Gebäudeenergiegesetz (GEG), gilt seit Januar 2024. Die CDU plant, das GEG bei einer möglichen...

DWN
Politik
Politik Weitere Ukraine-Hilfe? Pistorius zu Besuch in Kiew spricht sich dafür aus
14.01.2025

Ukraine-Hilfe 2025: Verteidigungsminister Boris Pistorius bleibt optimistisch, was die Fortsetzung der Unterstützung für die Ukraine...

DWN
Politik
Politik NATO-Gipfel: Schutz für Ostsee-Infrastruktur geplant
14.01.2025

Nato schützt sich künftig besser vor Sabotageakten gegen wichtige Infrastruktur wie Kabel und Pipelines. Deutschland steuert mit...

DWN
Panorama
Panorama Stasi-Akten sichern: Der historische Moment der Besetzung der Stasi-Zentrale
14.01.2025

Am 15. Januar 1990 stürmte das Volk die Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg und sicherte wertvolle Stasi-Akten für die spätere...

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW verkauft weniger Autos in China
14.01.2025

VW verkauft weniger Autos. Sorgen bereitet dem Konzern vor allem der wichtige Absatzmarkt China. Sinkende Zahlen bei E-Autos und die...