Finanzen

Wetten auf Griechenland: Spekulanten kassieren EU-Rettungsgelder

Die Hedge Fonds, die sich im März weigerten, am Schuldenschnitt mitzumachen, haben mit Griechenland ein Bombengeschäft gemacht: Aus Angst vor dem Crash und einer Klagewelle werden Spekulanten ironischerweise mit Geldern der EU-Rettungsschirme ausbezahlt.
22.10.2012 23:49
Lesezeit: 1 min

Im März hatten sich zahlreiche Hedge Fonds geweigert, einen Schuldenschnitt auf die von ihnen gehaltenen griechischen Staatsanleihen mitzumachen. Trotz der damaligen Drohungen von Finanzminister Evangelos Venizelos stehen diese Hedge Fonds und andere Spekulanten heute als die großen Gewinner der Griechenland-Krise dar. Insgesamt waren 5,5 Milliarden Euro nicht am Schuldenschnitt beteiligt. Einem Bericht des österreichischen Standard zufolge seien seit Mai zwei Anleihen vollständig bedient worden - mit "Geld, das Griechenland aus den Rettungsfonds ziehen konnte". Das Blatt zitiert Andreas Koutras von ITC Markets in London mit den Worten: "Die Fonds haben gepokert und gewonnen. Das war eine gute Wette."

Aber auch neue Spekulanten reissen sich offenbar um griechische Staatsanleihen. Nach Angaben von Markit sollen griechische Anleihen mit einer Laufzeit bis 2023 seit Juni ein Plus von 150 Prozent verzeichnet haben. Mit den knapp 60 Milliarden Euro an nominell ausstehenden Anleihen sollen nach Standard-Recherchen Anleger seit Juni knapp zehn Milliarden Euro an Kursgewinnen eingestrichen haben.

Ein Grund: Die Spekulanten glauben nicht, dass Europa es riskieren werde, Griechenland fallen zu lassen. Die Troika, die immer härtere Sparmaßnahmen von der griechischen Bevölkerung verlangt, möchte ein Situation wie nach der Argentinien-Pleite vermeiden. Die EU habe panische Angst vor den unbekannten Folgen einer Griechenland-Pleite und bediene daher still und leise die Forderungen der Hedge Fonds.

Ein weiterer Grund ist die Rechtslage: Die fraglichen Anleihen sind nach britischem Recht ausgegeben worden (die DMN berichteten bereits im März, dass die Hedge Fonds auf dem längeren Ast sitzen - hier). Aus Angst vor langwierigen Rechtsstreitigkeiten versucht die Troika offenkundig, das Geld, welches zur "Griechenland-Rettung" aus den anderen europäischen Staaten fließt, direkt an die Hedge Fonds weiterzuleiten. In Griechenland selbst steigt indes der Zorn der Opposition auf die immer neuen Forderungen nach Sparmaßnahmen (hier). Die Griechen vermuten nicht ganz zu Unrecht, dass die ganze Sparorgie vor allem den Europäern selbst dient: Ein Großteil der "Hilfsgelder" geht an die EZB und den IWF als Vertreter der offiziellen Gläubiger.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Trump glaubt an Deal mit Moskau – und kritisiert Selenskyj
24.04.2025

Donald Trump sieht eine Einigung mit Russland zum Greifen nah – und gibt Präsident Selenskyj die Schuld an der Fortdauer des Krieges....

DWN
Technologie
Technologie Das neue Gold der Energiewende: Warum Batteriespeicher zur Überlebensfrage werden
24.04.2025

Während Europas grüne Agenda ins Wanken gerät und geopolitische Schocks die Energielandschaft umkrempeln, kündigt sich eine neue Ära...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche Bahn: Warum die Generalsanierung Jahre dauern wird
24.04.2025

Unpünktlich, überlastet, marode: Die Bahn steckt fest. Die Bundesregierung will mit Milliarden gegensteuern – doch selbst optimistische...

DWN
Politik
Politik Peter Navarro: Der Mann hinter Trumps Zollhammer – Loyal bis zur Selbstaufgabe
24.04.2025

Er ging für Donald Trump ins Gefängnis. Jetzt zieht Peter Navarro hinter den Kulissen die Fäden im eskalierenden Handelskrieg zwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Dominanz auf Rädern: Warum der Lkw das Rückgrat der europäischen Wirtschaft bleibt
23.04.2025

Während über grüne Logistik und die Renaissance der Schiene debattiert wird, bleibt der Lkw unangefochten das Rückgrat des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zukunft unter Druck: Die Wasserstoff-Fabrik von Daimler und Volvo gerät ins Stocken
23.04.2025

Mitten in der Energiewende setzen die Lkw-Riesen Daimler und Volvo auf Wasserstoff – doch der Fortschritt ihres Gemeinschaftsunternehmens...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Apple und Meta im Visier – Brüssel greift hart durch
23.04.2025

Apple und Meta sollen zusammen 700 Millionen Euro zahlen – wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das neue EU-Digitalgesetz. Die Kommission...

DWN
Politik
Politik Machtkampf in Washington: Will Trump Fed-Chef Powell stürzen?
23.04.2025

Trump plant möglicherweise die Entlassung von Fed-Chef Jerome Powell – ein beispielloser Schritt, der die Unabhängigkeit der...