Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wie stark nutzen Schulen eLearning?
Donald Clark: Schulen nutzen die Möglichkeiten des eLearning nur sporadisch und außerdem auch nicht sehr erfolgreich. Das Problem ist der Mangel an strategischem Denken und dass die Budgets in Schulen falsch eingesetzt werden. Die Initiativen stützen sich nicht auf die vorhandenen Erkenntnisse.
Es ist grotesk, dass die einzelnen Schulen selbst für ihre IT verantwortlich sind. Das bedeutet für sie keine Kostenersparnis. Stattdessen setzt es die Schulen unter Druck, weil sie nur selten über ausreichend Kenntnisse verfügen, um die Möglichkeiten auch richtig einzusetzen.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Sind sich Lehrer und Schulleiter überhaupt über die Vorteile des eLearnings bewusst?
Donald Clark: Nur selten ist ein Schulleiter anzutreffen, der sich überhaupt mit dem Thema auskennt. Ihr ganzes Leben lang haben sie in Klassenräumen unterrichtet und haben nur wneig geneigt, neue Technologien zu nutzen. Lehrer sind dagegen ganz unterschiedlich. Viele von ihnen haben das Wissen und sie bringen die nötigen Voraussetzungen mit. Das Hauptproblem ist jedoch die Lehrerausbildung, die Technologie weitgehend vermeidet. Oft wird einfach nur in Vorträgen gelehrt.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Insbesondere Eltern sind zurückhaltend, wenn es um eLearning und das Internet im Allgemeinen geht. Ist dieses Verhalten angebracht?
Donald Clark: Das Verhalten ist viel mehr natürlich. Eltern sind sehr konservativ und sehen die Schule und den Unterricht als einen Selektionsprozess in einem Konkurrenzkampf um Bildung. Sie wollen Berechenbarkeit und viele Prüfungen. Und das ist das, was sie bekommen. Aus diesem Grund befindet sich Europa in so einem Chaos und es herrscht eine massive Jugend- und Akademikerarbeitslosigkeit. Das Bildungssystem hat versäumt, sich an die Bedürfnisse des 21. Jahrhunderts anzupassen.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Eignet sich eLearning überhaupt für jüngere Kinder?
Donald Clark: Alle Eltern und Lehrer sind im 20. Jahrhundert geboren. Alle Kinder, die zurzeit die Schule besuchen, sind im 21. Jahrhundert geboren. Dieser herrschende Konservatismus ist zwar natürlich, aber falsch. Das ist eine entscheidende Frage, da immer vorausgesetzt wird, dass es negativ ist.
Würde man fragen: „Ist Lesen gut für kleine Kinder?“ Ich sage, dass Kinder, genauso wie sie Lesen und Schreiben lernen auch Lesen und Schreiben auf Tablets und mobilen Geräten lernen sollten. Lernen jeglicher Art ist gut für kleine Kinder. Technologie ist wichtig für die Entwicklung kreativer Fertigkeiten wie Zeichnen, Rechnen und Schreiben. Wir sind Zeugen einer Renaissance des Schreibens unter jungen Menschen. Mehrmals am Tag schreiben sie mit mobilen Geräten oder ähnlichem.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Immer mehr Plattformen im Internet bieten Möglichkeiten des kollaborativen Lernens. Ist Lernen ohne räumliche Grenzen der nächste Schritt im eLearning Sektor?
Donald Clark: Das ist schon längst der Fall. Nutzt man Google – und das tut jeder – profitiert man von globalen Inhalten. Nutzt man Wikipedia – und fast jeder tut das – greift man auf eine Menge von internationalen, kollaborativen Inhalten zu. Fast alles im Internet ist global. Gamer spielen mit und gegen andere Gamer aus vielen verschiedenen Ländern. Nicht das Lernen sonder das Lehren ist begrenzt. Es sind Lehrer, die lokal und nicht erfassbar sind.
Vortrag von Donald Clark am TED:
[www.youtube.com] Clark ist Keynote Speaker auf der größten internationalen eLearning Konferenz, der Online Educa (28. - 30. November), in Berlin. Er ist einer der Gründer der Epic Group plc. Das Unternehmen ist führend im britischen eLearning Bereich. Derzeit ist er unter anderem im Vorstand des eLearning Unternehmens Ufi (learndirect) und LearningLight sowie Schulleiter. Er hat mehrere Bücher und Artikel über eLearning verfasst.