Politik

Katalonien: Unabhängigkeit könnte Spanien in die Pleite treiben

19 Prozent der Wirtschaftsleistung Spaniens und 21 Prozent des Steueraufkommens steuer Katalonien bei. Ohne die Region verliert die spanische Zentralregierung eine große Geldquelle. Eine Abspaltung Kataloniens würde die Anleger verunsichern, Rajoy Regierung schwächen und Spaniens Zinskosten massiv in die Höhe treiben.
25.11.2012 00:42
Lesezeit: 2 min

Aktuell: Draghi: Ohne EZB-Intervention wäre es zum Crash gekommen

Am Sonntag sind 7,5 Millionen Menschen in Katalonien aufgerufen, eine neue Regierung zu wählen. Doch es steht nicht nur die politische Führung für die kommenden Jahre zur Debatte, sondern auch der Verbleib der autonomen Region in Spanien. Die jetzige Regierung um Präsident Artur Mas hat angekündigt, bei einem Wahlsieg ein Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien abhalten zu wollen. Aktuellen Umfragen zufolge wollen immerhin 72 Prozent der Katalanen ein solches Referendum – 60 Prozent würden sogar für eine Abspaltung von Spanien stimmen.

Doch nicht nur für die Katalanen selbst hat die Wahl eine enorme Tragweite. Auch die Zentralregierung, die eine Unabhängkeit verhindern will, steht viel auf dem Spiel. Katalonien steuert 19 Prozent der Wirtschaftsleistung Spaniens und 21 Prozent des Steueraufkommens bei. Katalonien ist ein bedeutender Nettozahler des zentralen Regierungs-Topfes – jährlich zahlt die Region 8 bis 10 Prozent seines Bruttoinlandproduktes an Spanien. Ohne diese Zahlungen könnte Katalonien schnell seine Schulden abbauen und zu einem der reichsten Länder in der EU werden, so der internationale Pressesprecher der katalanischen Regierung, Martí Estruch Axmacher (im Interview mit den DWN – hier).

Eine drohende Abspaltung Kataloniens würde die Investoren und Märkte erheblich verunsichern. Es würde zeigen, dass die zentrale Regierung Spaniens neben der Rezession und des Schuldenbergs auch nicht Herr über die seperatistischen Bewegungen im eigenen Lande sei. Die Regierung um Rajoy würde Schwäche zeigen, warnen Analysten von IHS Global im Gespräch mit der CNBC. Die politische Instabilität und der Verlust einer großen Wirtschaftskraft würde infolgedessen die Refinanzierungskosten für Spanien massiv erhöhen – die Zinssätze auf Staatsanleihen könnten schnell wieder in die Höhe schießen. Zudem könnten die anderen seperatistischen Bewegungen im Land zunehmen, was es der Regierung noch mehr als schon jetzt erschweren würde, die regionalen Haushaltsdefizite in den Griff zu bekommen, so Analysten von Barclays. Dies würde einen Bailout für Spaniens näher rücken lassen.

Die neuesten Umfragen in Katalonien zeigen, dass die Partei von Artur Mas, Convergència i Unió (CiU), wahrscheinlich keine absolute Mehrheit bei den Wahlen erreichen wird, aber dennoch könnte ein entsprechendes Referendum stattfinden. Die linkserichtete ERC, die auch für eine Unabhängigkeit von Spanien ist, könnte ihm zur Wiederwahl als Präsident verhelfen.

Doch die Ereignisse in Katalonien werfen ihren Schatten auch über die Grenzen Spaniens hinaus. Schottland bereitet sich ebenfalls auf ein Referendum über die Unabhängigkeit von Großbritannien vor (hier). Flandern könnte sich angesichts dessen ebenfalls in seinem Bestreben nach Autonomie bestätigt fühlen – eine wohlhabende Region, die wichtig für Belgien ist. Wenn die reichen Teile einzelner Länder nicht mehr für die ärmeren Teile zahlen wollen, könnte dies zu einem wirklichen Problem für die Zukunft der Eurozone selbst werden, warnt Ben May von Capital Economics (EU-Ratspräsident Van Rompuy will das verhindern – hier).

Weitere Themen

Katalanische Regierung: Wir wollen mit eigener Stimme in Europa handeln

EU-Verschwendung: 150.000 Euro für Ausstellung zur „sozialen Relevanz von Kaffee“

Gefahr für den Euro: Deutschland und Frankreich können nicht mehr miteinander

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt H&K-Aktie: Rüstungsboom lässt Aufträge bei Heckler & Koch explodieren
04.07.2025

Heckler & Koch blickt auf eine Vergangenheit voller Skandale – und auf eine glänzende Gegenwart und Zukunft. Der Traditionshersteller...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Aufwertung: Sind jetzt Firmengewinne in Gefahr?
04.07.2025

Der starke Euro wird für Europas Konzerne zur Falle: Umsätze schrumpfen, Margen brechen ein – besonders für Firmen mit US-Geschäft...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Facebook greift auf Ihre Fotos zu – viele merken es nicht
04.07.2025

Eine neue Funktion erlaubt Facebook, alle Fotos vom Handy hochzuladen. Die meisten Nutzer merken nicht, was sie wirklich akzeptieren. Wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Flat Capital-Aktie: Trotz Beteiligungen an OpenAI und SpaceX überbewertet?
04.07.2025

Flat Capital lockt mit Beteiligungen an OpenAI, SpaceX und Co. Doch die Risiken steigen, Insider warnen. Ist die Flat Capital-Aktie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Stromsteuersenkung: Wirtschaftsverbände kritisieren Merz für gebrochene Zusage
04.07.2025

Die Entscheidung der Bundesregierung zur Stromsteuersenkung sorgt für Aufruhr. Wirtschaftsverbände fühlen sich übergangen und werfen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China-Zölle auf EU-Weinbrand kommen nun doch – das sind die Folgen
04.07.2025

China erhebt neue Zölle auf EU-Weinbrand – und das mitten im Handelsstreit mit Brüssel. Betroffen sind vor allem französische...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gaspreise steigen wieder: Was das für Verbraucher und Unternehmen bedeutet
04.07.2025

Nach einem deutlichen Preisrückgang ziehen die europäischen Gaspreise wieder an. Was das für Verbraucher und Unternehmen bedeutet –...

DWN
Panorama
Panorama Schwerer Flixbus-Unfall auf der A19 bei Röbel: Was wir wissen und was nicht
04.07.2025

Ein Flixbus kippt mitten in der Nacht auf der A19 bei Röbel um. Dutzende Menschen sind betroffen, ein Mann kämpft ums Überleben. Noch...