Finanzen

Jürgen Stark: Es gibt keine unabhängigen Zentralbanken mehr

Es gebe bei den Zentralbanken mittlerweile einen „vorauseilenden Gehorsam“, warnt Jürgen Stark. Er spricht in diesem Zusammenhang von einer „fatalen Entwicklung“. Es sei zudem eine erhebliche Gefahr, dass die Zentralbanken ihre Macht stetig vergrößern wollen.
12.02.2013 13:49
Lesezeit: 1 min

Die Fed-Vizepräsidenten Janet Yellen hat erst am Montag betont, dass die Fed ihre expansive Geldpolitik ausweiten werde (hier). Die Fed, die japanische Zentralbank und bis vor kurzem auch die EZB haben in den vergangenen Monaten die Finanzmärkte massiv mit Geld geflutet – Venezuela hat seine Währung sogar um fast 30 Prozent abgewertet. Für den ehemaligen Chefökonom der EZB, Jürgen Stark, ist diese eine beunruhigende Entwicklung.

Jürgen Stark zufolge ist der Druck auf die Zentralbanken derzeit überall zu spüren. „ Schlimmer ist jedoch noch, dass es bei den Notenbankern einen vorauseilenden Gehorsam gibt“, warnte Stark in einem Interview mit der NZZ. Weil sie wüssten, dass sie unter Druck kommen werden, „treffen sie schon im Voraus gewisse Maßnahmen, ehe sich der politische Druck manifestiert“, ergänzt er. Zwar könne man hinterher immer noch sagen, man hätte unabhängig gehandelt. „De facto gibt es diese Unabhängigkeit nicht mehr – nicht in den USA, nicht in Europa und schon gar nicht in Japan“, so Stark. Auf die Frage, ob er damit die Ära der relativ unabhängigen Notenbanken zu Ende gehen sehe, antworte Stark, dass dies eine „fatale Entwicklung“ wäre.

In jedem Falle müsse das schuldenfinanzierte Wachstum aufhören, so der ehemalige Chefökonom der EZB (Bundesbank-Chef Weidmann sieht dies auch so - hier). Das Leben aus Pump, ob in den USA oder in einigen Teilen Europas, könne „zusammen mit den Exzessen an den Finanzmärkten zu einem Kollaps des Systems führen“. Die Glaubwürdigkeit in die Zentralbanken müsste wieder gestärkt werden. Aber „den Zentralbanken werden immer mehr Aufgaben zugeteilt, und auch die Zentralbanker selbst wollen immer mehr Aufgaben.“ Sie selbstwürden sich als eigentliche Krisenmanager sehen, die eine immer größere Machtfülle haben, kritisiert Stark. Und sie wollen diese Macht weiter ausüben, ohne dass diese demokratisch legalisiert sei. „Das ist eine erhebliche Gefahr.“

Noch sieht Stark allerdings keine Inflationsgefahr. Doch sollten die Notenbänkler ihre extreme Geldpolitik noch verstärken und Geld in den Markt pumpen, umso größer werde die Gefahr, merkt Stark an. Er geht sogar davon aus, dass es 2014 und 2015 für die EZB schwer werde, die Preisstabilität zu garantieren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Finanzen
Finanzen ROI: Return on Investment und warum eine hohe Kapitalrendite wichtig ist
23.02.2025

Eine hohe Kapitalrendite entscheidet über den finanziellen Erfolg von Unternehmen und Investoren. Erfahren Sie, warum sie so wichtig ist...

DWN
Finanzen
Finanzen BlackRock: Die unsichtbare Macht eines Finanzgiganten
23.02.2025

BlackRock ist der weltweit größte Vermögensverwalter – doch wie groß ist sein Einfluss wirklich? Buchautor Werner Rügemer erklärt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaft in der Krise – Welche Pläne haben die Parteien für Deutschland?
23.02.2025

Deutschland steckt in der Wirtschaftskrise – und die Bundestagswahl steht bevor. Wie wollen die Parteien Wachstum fördern, Steuern...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr verstärkt Heimatschutz – neue Truppe startet im März
23.02.2025

Die Bundeswehr richtet ihre Verteidigung neu aus: Mit der Heimatschutzdivision will sie kritische Infrastruktur schützen und auf mögliche...

DWN
Politik
Politik Wahlkampf 2025: CDU/CSU zwischen Neustart und Tabubruch
23.02.2025

CDU und CSU setzen auf Steuererleichterungen, das Ende des Bürgergeldes und eine härtere Migrationspolitik. Doch wie realistisch sind die...

DWN
Politik
Politik Wie wähle ich bei der Bundestagswahl? Deutschland verweigert wahlberechtigten Auslandsdeutschen ihre Stimme abzugeben
22.02.2025

Mehrere Auslandsdeutsche berichten, zu spät oder bislang noch gar keine Wahlunterlagen erhalten zu haben. Nun drohen die Stimmen dieser...

DWN
Politik
Politik Rente mit 63: Wer wirklich von der abschlagsfreien Rente profitiert
22.02.2025

Die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren ist für Menschen gedacht, die beruflich sehr stark belastet sind. Doch aktuelle DIW-Zahlen...

DWN
Politik
Politik Alternativen zu Trumps Appeasement-Politik gegenüber Russland
22.02.2025

US-Präsident Donald Trump sagt, er wolle der Ukraine Frieden bringen. Aber sein Ansatz kann nicht funktionieren, weil er das Problem der...