Finanzen

Angst vor Schuldenschnitt: Massive Kapitalflucht in Zypern

Zypern meldet erste Anzeichen, dass sich die Krise im Finanzsektor verschärft: Der Finanzminister will in den vergangenen Tagen eine exzessive Kapitalflucht beobachtet haben. Grund dafür ist die Angst vor Verlusten bei einem Schuldenschnitt. Auch die Russen scheinen ihr Geld anderswo zu parken.
04.03.2013 10:35
Lesezeit: 1 min

Nachdem Zypern eine neue Regierung gewählt hat, sollen die Verhandlungen über ein Rettungspaket bald abgeschlossen werden. Doch auch in der neuen Regierung regt sich massiver Widerstand gegen etliche Forderungen der Eurogruppe und der Troika. Im Großen und Ganzen stimme man mit den Anforderungen für einen Bailout überein, sagte der zypriotische Finanzminister, Michalis Sarris, Journalisten am Wochenende. Etliche Bedenken hat er jedoch noch, vor allem im Hinblick auf die Beteiligung von Bankkunden an einem Schuldenschnitt für die Banken.

Ein solcher Plan, der vorsieht sowohl Anleger als auch Kontoinhaber zypriotischer Banken an einer Sanierung dieser zu beteiligen, würde die Dienstleistungsbranche des Landes schwer treffen und der Wirtschaft die Fähigkeit nehmen, die Schulden zu begleichen. „Es wäre schade, wenn wir dieser Wiedergeburt des Vertrauens in die Wirtschaft dadurch einen derart tödlichen Schlag versetzen“, erklärte Michalis Sarris. Bei den zypriotischen Banken habe es bereits „erhebliche Kapitalabflüsse“ gegeben, weil die Inhaber von Konten einen Schuldenschnitt auf ihre Kosten fürchten. Genaue Zahlen nannte Sarris jedoch nicht.

Dieser radikale Vorschlag der EU zielt einerseits auf die massive Geldwäsche der Russen in Zypern, dem das Land noch immer nicht entgegenwirken will (hier), und andererseits auf die Tragfähigkeit des zypriotischen Schuldenberges. Ein Bailout für Zypern müsste den neuesten Schätzungen der EU zufolge einen Umfang von etwa 16,7 Milliarden Euro haben. Gemessen an den Milliarden der griechischen Rettungspakete ist dies zwar wenig, jedoch ist die Wirtschaft Zyperns um ein wesentliches kleiner und der Bankensektor des Landes massiv aufgebläht. Würde es keine Gläubigerbeteiligung geben und würden nicht etliche Banken zerschlagen, wie es ein Vorschlag ist, würde mit dem Bailout in Höhe von 16,7 Milliarden Euro die Schulden des Landes auf 145 Prozent des BIPs ansteigen.

Offenbar ist jedoch auch den Russen Zypern nun zu heiß geworden. Die massiven Kapitalabflüsse dürften auch durch Kontobewegungen bei Schwarzgeld-Konten verursacht sein. Anders ist das Volumen nicht zu erklären. Und schließlich möchte einer, der sein Geld erfolgreich am Fiskus vorbeigeschleust hat, es nicht durch einen ordinären Schuldenschnitt verlieren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama In Zeiten von Trump: Bleibt das Traumziel USA für Deutsche attraktiv?
17.05.2025

Die USA galten lange als Traumziel für deutsche Urlauber. Doch politische Entwicklungen und wachsende Unsicherheit verändern das Bild....

DWN
Immobilien
Immobilien Koalitionsvertrag 2025: Das bedeutet er für Mieter, Vermieter und Immobilienbesitzer
17.05.2025

Union und SPD haben nach längerem Hin und Her den Koalitionsvertrag für die kommende Regierungsperiode unterschrieben. Was dieser zu den...

DWN
Technologie
Technologie Batteriekrieg mit China: Europa setzt auf Start-ups, Peking baut Gigafabriken
17.05.2025

Der technologische Wettlauf gegen Pekings Expansionsstrategie hat begonnen. Start-ups wie Factorial und Industriegiganten wie Mercedes...

DWN
Politik
Politik Präsidentschaftswahlen in Rumänien: Wird George Simion Trumps „Werkzeug“ in Europa?
17.05.2025

Ein Trump-Verehrer an der Spitze Rumäniens? George Simion, der Favorit für die Präsidentschaft, ist zuversichtlich, dass er die Wahl am...

DWN
Politik
Politik Bundeshaushalt: Klingbeils Kraftakt mit zwei Haushalten und einem klaren Ziel
17.05.2025

Ein Kaltstart für Finanzminister Klingbeil: Treffen in Brüssel, die Steuerschätzung, Gespräche der G7 – alles binnen zwei Wochen. Der...

DWN
Politik
Politik Elon Musk: Der stille Umbau der USA in ein Tech-Regime
17.05.2025

Nie zuvor in der modernen Geschichte der USA hat ein einzelner Unternehmer derart tief in den Staat eingegriffen. Elon Musk, offiziell ohne...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Start-up WeSort.AI: Wie künstliche Intelligenz die Mülltrennung revolutioniert
16.05.2025

Die Müllberge wachsen von Jahr zu Jahr, bis 2050 sollen es fast siebzig Prozent mehr Abfall sein. Die Brüder Johannes und Nathanael Laier...

DWN
Politik
Politik Zentralplanerisches Scheitern: Lukaschenkos Preiskontrolle lässt Kartoffeln verschwinden
16.05.2025

Die belarussische Regierung hat mit rigider Preiskontrolle einen der elementarsten Versorgungsbereiche des Landes destabilisiert....