Finanzen

Wiesenbach: 300.000 Euro aus Steuergeldern für Geister-Parkplatz

Im Baden-Württembergischen Wiesenbach wurde vor einem Jahr eine aus Steuergeldern finanzierte Park-and-Ride-Anlage errichtet. Benutzen will den Parkplatz jedoch niemand. Die Verantwortlichen verließen sich bei der Notwendigkeit auf ihr „Bauchgefühl“.
17.04.2013 03:10
Lesezeit: 1 min

300.000 Euro für einen Parkplatz, den niemand braucht. Dieser Luxus wurde vor einem Jahr dem Badischen 3.000-Einwohner-Dorf Wiesenbach zuteil. Am Ortseingang wurde eine Park and Ride-Anlage für Pendler errichtet, die Fahrgemeinschaften bilden oder mit dem öffentlichen Nahverkehr weiterfahren wollen.

Seit der Fertigstellung herrscht auf dem Grundstück gähnende Leere. Ein einziges Auto stand die letzten Monate über untertags auf dem Parkplatz, jetzt ist offensichtlich auch das nicht mehr da, schreibt die Rhein-Neckar-Zeitung. Für Bürgermeister Eric Grabenbauer hat sich die Gemeinde trotzdem nicht verspekuliert. „Der Parkplatz ist keine Fehlinvestition, das muss sich alles erst noch einspielen“, sagte er der Zeitung. Konsequent spricht er nach wie vor von einer „Zukunftsinvestition“, von der auch die Landesregierung überzeugt gewesen sei. Diese übernahm mit der Gewährung eines Zuschusses von 150.000 Euro die Hälfte der Errichtungskosten.

Das Ziel der Parkplatz-Errichtung war seinerzeit, Straßen und Abstellmöglichkeiten im Ortskern zu entlasten, eine jahrzehntelang geäußerte Forderung. Dabei habe man sich laut eigenen Aussagen des Bürgermeisters aufs „Bauchgefühl“ verlassen. Eine Studie über die zu erwartende Auslastung des Parkplatzes gab es nicht. Zweifel wurden damals laut Sitzungsprotokoll im Gemeinderat vom Ortsoberhaupt selbst zerstreut. Bereits vor Jahren habe auf den Parkplätzen im Umland Platznot geherrscht, hieß es damals. Vielleicht hätte man besser bedacht, dass die betreffenden Abstellflächen an Bahnhöfen liegen und nicht an einer einfachen Bushaltestelle wie in Wiesenbach.

Auch ohne sinnvolle Nutzung gefällt Bürgermeister Grabenbauer die Anlage jedenfalls sehr. Schließlich gebe es auch eine schöne Bepflanzung: „Das ist kein Schandfleck, sondern eher ein Hingucker“. Ursprünglich sei übrigens geplant gewesen, den Parkplatz lediglich zu schottern. Doch das Angebot für einen Vollausbau mit Asphalt und Pflaster sei überraschend günstig und „noch im Kostenrahmen" gewesen.

Bürgermeister Grabenbauer hofft noch immer, dass die Pendler in Zukunft bei ihm parken und mit dem Bus zu den Bahnhöfen in Neckargemünd oder Reilsheim fahren. Dort sollen die Bahnhofs-Parkplätze nämlich bald kostenpflichtig werden. Die Leser der Rhein-Neckar-Zeitung quittieren solche Spekulationen in ihren Kommentaren mit Hämen: Genauso hoffe man wohl auch, dass der Spritpreis bald die 3 Euro-Marke übersteigt, denn auch dann würden mehr Menschen die Park and Ride-Möglichkeit nutzen. „Wir brauchen einen langen Atem“ sagt der Bürgermeister der Zeitung abschließend. Zumindest damit dürfte er wohl Recht behalten.

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