Finanzen

Jagd auf Steuerflüchtlinge: Wall Street Zocker sind unantastbar

Die exorbitanten Wall Street-Gewinne werden auch im Zeitalter der globalen Jagd nach Steuersündern von allen Regeln ausgenommen: Nirgendwo wird mehr Geld durch Scheinfirmen geschleust wie in der größten Steuer-Oase der Welt. In dem Bundesstaat gibt es mehr Unternehmen als Einwohner.
06.05.2013 03:20
Lesezeit: 2 min

Die EU will künftig Informationen über alle Steuer-Daten austauschen. So soll Steuerflüchtlingen jeder Ausweg abgeschnitten werden.

Für die Bürger Europas wird das Leben damit härter. Denn auch die Amerikaner fordern mittlerweile gnadenlos die Herausgabe der Daten von Unternehmen und Privatleuten - etwa, wenn diese ein Konto in der Schweiz haben.

Die globale Jagd auf Steuersünder hat begonnen. Keiner soll sich mehr vor dem Zugriff der Behörden sicher fühlen?

Keiner?

Im System des globalen Finanz-Feudalismus gibt es immer auch Privilegierte.

Dazu zählen vor allem Unternehmen, die an der Wall Street zocken.

Sie haben längst ihre Oase gefunden.

Und diese ist ganz legal.

Die Steuer-Oase Nummer 1 befindet sich praktischer Weise im Herzen der Vereinigten Staaten von Amerika. Im Bundesstaat Delaware gibt es mehr Unternehmen als Einwohner. Die NY Times beziffert die dort ansässigen Firmen mit 285.000. Unter ihnen American Airlines, die Bank of America, Apple, Google, JPMorgan Chase und viele andere Global Player - vor allem jene aus der Finanzwirtschaft. Denn sie agieren mit Produkten, für die es zwar keinen realen Markt gibt - dafür jedoch jede Menge an passenden Gesetzen.

Diese Unternehmen machen Geschäfte auf der ganzen Welt. In Delaware haben sie meist nur einen Briefkasten. Das ermöglicht ihnen, die enormen Steuervorteile zu nutzen. In Delaware müssen Unternehmen so gut wie gar keine Steuern zahlen und die Hürden für die Gründung von neuen Unternehmen sind niedrig. Diese Voraussetzungen begünstigen aber auch die Entstehung von Scheinfirmen für den Drogenhandel und Geldwäsche, befürchten die örtlichen Behörden. „In den Banken der Wall Street wird mehr Geld mittels illegaler Scheinfirmen in Delaware versteckt als irgendwo sonst auf diesem Planeten", schreibt Simon Black in einem Bericht für den Business Insider.

„Scheinfirmen sind die beste Möglichkeit, um Schwarzgeld zu waschen“ und kriminelle Machenschaften zu tarnen, sagte Lanny A. Breuer, Generalstaatsanwalt des US-amerikanischen Justice Department einem Bericht der New York Times zufolge. Es sei gerade zu „lächerlich“, wie einfach Kriminelle Scheinfirmen aufbauen und das Bankensystem ausnutzen könnten. Solche Firmen haben weder Mitarbeiter, noch Vermögenswerte oder gar ein Geschäftsmodell.

Es ist für diese dubiosen Firmen nicht einmal erforderlich, ein Konto in den USA zu führen, sie müssen keine Dokumente vorzeigen oder angeben, wem sie gehören. In Delaware ist es seit dem 18. Jahrhundert Tradition, Unternehmen aus anderen US-Staaten und später auch aus der ganzen Welt, durch steuerliche Anreize anzulocken. Schätzungen zufolge haben Firmen im vergangenen Jahr durch die Steuervorteile in Delaware knapp 10 Milliarden Dollar gespart.

Die meisten der Unternehmen sind allerdings völlig legal und nicht zu beanstanden. Sie nutzen ausschließlich legale Mittel, um ihre Steuerlast zu reduzieren. Die Veröffentlichung von über 130.000 Steuerdateien, den sogenannten Offshore Leaks, hatte dazu geführt, dass sämtliche Unternehmer unter einen Generalverdacht der Steuerhinterziehung gestellt wurden (mehr hier).

Diejenigen, die an der Wall Street Milliarden scheffeln, sind allerdings per Gesetz über jeden Verdacht erhaben.

Die Jagd auf europäische Steuersünder mag zwar die leeren Staatskassen füllen. Die Amerikaner haben dagegen Vorkehrungen getroffen, dass ihre besten Zocker ungeschoren bleiben - ein eklatanter Wettbewerbsnachteil für europäische Unternehmen.

Denn im internationalen Finanzkasino gilt: Delaware macht den Unterschied - nicht Brüssel.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Generation Z lehnt Führungspositionen ab – Unternehmen müssen umdenken
25.04.2025

Die Generation Z zeigt sich zunehmend unbeeindruckt von traditionellen Karrierewegen und Führungspositionen im mittleren Management. Eine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Reichster Ostdeutscher: Wie ein Unternehmer einen kleinen DDR-Betrieb zum globalen Player macht
25.04.2025

Rekord-Umsatz trotz Krisen: Der Umsatz von ORAFOL betrug im Jahr 2024 betrug 883 Millionen Euro – ein Rekordjahr trotz Wirtschaftskrise....

DWN
Politik
Politik Rentenbeiträge und Krankenkasse: Sozialabgaben werden weiter steigen
25.04.2025

Gerade bei der Rente hat die kommende Merz-Regierung ambitionierte Pläne. Doch gemeinsam mit den Krankenkassenbeiträgen droht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gold im Höhenrausch: Wenn Trump das Gold sieht, wird es gefährlich
25.04.2025

Der Goldpreis steht kurz davor, einen historischen Rekord nicht nur zu brechen, sondern ihn regelrecht zu pulverisieren. Die Feinunze Gold...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Autoindustrie unter Druck: Zollkrieg sorgt für höhere Preise und verschärften Wettbewerb
25.04.2025

Der Zollkrieg zwischen den USA und Europa könnte die Auto-Preise in den USA steigen lassen und den Wettbewerb in Europa verschärfen....

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen der Deutschen auf Rekordhoch – aber die Ungleichheit wächst mit
25.04.2025

Private Haushalte in Deutschland verfügen so viel Geld wie nie zuvor – doch profitieren längst nicht alle gleichermaßen vom...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Wendepunkt: Wirtschaftsmodell zerbricht, Polen rückt vor
25.04.2025

Deutschlands Wirtschaftsmaschinerie galt jahrzehntelang als unaufhaltsam. Doch wie Dr. Krzysztof Mazur im Gespräch mit Polityka...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China im Handelskrieg: Regierung bereitet sich auf das Schlimmste vor
25.04.2025

Chinas Führung bereitet sich inmitten des eskalierenden Handelskonflikts mit den USA auf mögliche Härtefälle vor. In einer Sitzung des...