Deutschland

Jeder zweite Deutsche will Brüssel mehr Macht geben

Deutschland ist das einzige Land in Europa, in dem die Bürger mehrheitlich bereit sind, mehr Souveränität an Brüssel abzugeben. Dass der Euro eine der Hauptursachen der aktuellen Misere ist, sieht nur eine Minderheit. Das könnte sich ändern, wenn auch die Deutschen die Folgen der europaweiten Rezession zu spüren bekommen.
15.05.2013 01:17
Lesezeit: 2 min

Die EU findet in Deutschland mehr Zustimmung als in anderen Ländern. Das liegt auch daran, dass die Deutschen persönlich noch nichts von der Euro-Krise merken. Andere große EU-Staaten wie Frankreich, Spanien und Italien stecken tief in der Rezession.

In Europa sagen immer weniger Menschen, dass die Wirtschaft durch die EU gestärkt wird.

In Deutschland vertreten 54 Prozent diese Ansicht. Das sind weniger als Deutsche als noch vor einem Jahr, so eine aktuelle Umfrage von Pew Research. Fast zwei Drittel der Deutschen (60 Prozent) sind der EU gegenüber positiv eingestellt.

Damit unterscheidet sich Deutschland deutlich von den anderen sieben Ländern der Umfrage (siehe Tabelle). „Nur in Deutschland ist mehr als die Hälfte der Leute dafür, mehr Macht nach Brüssel abzugeben“, heißt es in der Studie. In den anderen befragten Staaten, Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland, Polen und Tschechien, hat die EU die Unterstützung der Mehrheit verloren.

In sieben von acht Ländern hat die EU an Unterstützung verloren. Vor einem Jahr waren noch 60 Prozent aller Befragten positiv gegenüber der EU eingestellt. Jetzt sind es nur noch 45 Prozent. Vor allem in Frankreich und Spanien ist der Zuspruch eingebrochen.

Zudem ist Deutschland das einzige der acht Länder, in dem die Bevölkerung mit der politischen Führung zufrieden ist. 74 Prozent der Deutschen sagen, dass Kanzlerin Angelas Merkel „gute Arbeit im Umgang mit der europäischen Wirtschaftskrise leistet“.

In keinem anderen Land ist die Zustimmung zur politischen Führung auch nur annähernd so hoch wie in Deutschland (siehe Tabelle). „Deutschland befindet sich auf einem anderen Kontinent“, so die Studie. Denn auch die anderen Antworten der Deutschen unterscheiden sich massiv von denen der anderen. So sagen 75 Prozent der Deutschen, die wirtschaftliche Lage sei gut gegenüber 9 Prozent im EU-Mittel.

Auch in Großbritannien, Frankreich, Polen und Tschechien findet Merkel die Zustimmung der Mehrheit. Nur in Italien, Spanien und Griechenland sagt die Mehrheit, dass sie schlecht Arbeit leiste.

Trotz der zunehmenden Ablehnung der EU findet die Einheitswährung Euro in allen fünf befragten Euro-Ländern Zuspruch. In Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Griechenland sagen jeweils circa zwei Drittel der Befragten, dass sie den Euro behalten wollen.

Dieses Ergebnis zeigt im besonderen, dass die meisten Europäer nicht verstanden haben, dass der Euro als zentrales EU-Projekt neben der horrenden Staatsverschuldung einer der Hauptgründe dafür ist, dass die EU in der schwersten Krise ihrer Geschichte steckt.

Der Grund könnte auch darin liegen, dass die Bürger nicht in Alternativen denken wollen: Eine ganze Generation kennt die nationalen Währungen nur noch aus den Erzählungen ihrer Eltern. Sie wundern sich, wenn die ältere Generation gerne noch die Preise in D-Mark und Schilling umrechnet, um vergleichen zu können.

In dieser Hinsicht ist die von viel unbedachter Propaganda begleitete politische Utopie der EU-Zentralisten schon verwirklicht.

Das könnte sich jedoch schon bald ändern.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...