Finanzen

Vermögensanlage: Marketing statt Information

Fehlende Angaben, Unverständlichkeit, Verwirrung: Die Stiftung Warentest hat die Infoblätter von Anlage-Anbietern überprüft und grobe Missachtungen der gesetzlichen Vorschriften festgestellt. Geahndet werden diese vom Finanzministerium jedoch nicht.
22.05.2013 01:04
Lesezeit: 1 min

Anbieter von geschlossenen Fonds, Genussrechten und sonstigen Vermögensanlagen müssen seit Juni 2012 ein sogenanntes Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) veröffentlichen. Dadurch sollen den Anlegern alle wesentlichen Informationen über Beteiligungsmodelle, bei denen zum Beispiel in Immobilien investiert wird, in kompakter Form zugänglich gemacht werden. Diese sollen damit leichter zwischen den Angeboten vergleichen können. Ausgenommen sind nur Genossenschaftsanteile, Mini-Emissionen und Anteile mit 200.000 Euro Mindestanlagesumme.

Die Stiftung Warentest hat die Info-Blätter getestet und schwere Mängel diagnostiziert. Eigentlich sollen sie auf maximal drei Seiten alle zentralen Infos eines Investments darstellen. Die Broschüren sollen ohne Zuhilfenahme weiterer Dokumente allgemein verständlich sein. Die gesetzlichen Vorgaben wurden jedoch von keinem einzigen der 67 kontrollierten Anbieter erfüllt.

Gesetzlich vorgeschrieben ist eine Bereitstellung der Kurzbroschüren auf der Internetseite des Anbieters. Die Angaben müssen laufend aktualisiert werden, solange Anleger einsteigen können. Bei 17 Dokumenten wurde diese Aktualisierung nicht vorgenommen, also bei mehr als einem Viertel.

Bei 24 Informationsblättern wurde auch der Inhalt kontrolliert. Anbieter, Art der Vermögensanlage und Anlagestrategie müssten eigentlich ebenso bereitgestellt werden wie Risiken, ein Zeitplan für Kapitalrückzahlungen und Erträge unter verschiedenen Marktbedingungen. Der Großteil der Info-Blätter war unverständlich oder nicht komplett. Darüber hinaus wurden insbesondere bei geschlossenen Immobilienfonds weitgehende Ähnlichkeiten zwischen den Texten festgestellt. Die Anbieter gestalteten ihre Broschüren einfach anhand eines Musters der Lobbygruppe Verband Geschlossener Fonds.

Ein anschauliches Beispiel für die mangelhafte Dokumentation liefert das Informationsblatt für geschlossenen Immobilienfonds DFV Seehotel Am Kaiserstrand. Daraus ist nicht einmal ersichtlich, wo das Hotel genau steht, wie viele Zimmer es hat und wie stark es ausgelastet ist.

Vielfach sind die vorhandenen Angaben dann auch noch höchst verwirrend. Die wahren Kosten und Erträge des Investments lassen sich in den meisten Fällen nicht verlässlich bestimmen. Ein Vergleich der Angebote mit unterschiedlichen Laufzeiten und Zahlungsströmen ist ohne Angabe von Renditen nicht zu machen. Gerade bei geschlossenen Immobilienfonds wäre eine Aufklärung über mögliche Risiken bei der Vermietung oder durch Fremdwährungskredite sowie bei der Besteuerung jedoch dringend notwendig.

Aufgrund der vernichtenden Studien-Ergebnisse fordert die Stiftung Warentest das Finanzministerium zum Handeln auf. Es soll verbindlichere Regeln für Inhalt und Form der Kurzinformationen vorgeben und die Einhaltung effektiv kontrollieren. Bisher werden über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nur die formalen Kriterien überprüft.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Buffetts Abgang, Zölle, Milliardenflucht: Steht der Markt vor einem Wendepunkt?
13.05.2025

Turbulente Zeiten an der Wall Street: Während Großinvestoren Milliarden abziehen und Strategen vor dem Ende des Booms warnen, stürmen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lateinamerika im Fokus: Chinas Milliardenoffensive gegen Washingtons Einfluss
13.05.2025

Chinas Regierung sucht neue Verbündete – nicht aus Not, sondern mit Strategie. Während die USA auf Konfrontation setzen, stärkt Peking...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handelskrieg mit Ansage: Warum Europas Vergeltung Washington teuer zu stehen kommen könnte
13.05.2025

Die EU zieht die Reißleine: Mit einem neuen Maßnahmenpaket über 95 Milliarden Euro kontert Brüssel die US-Strafzölle – und trifft...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Munich Re: Milliardenschaden durch Waldbrände in Kalifornien
13.05.2025

Flammen wüten immer wieder durch Kalifornien – und hinterlassen nicht nur verkohlte Wälder, sondern auch tiefe Spuren in den Bilanzen...

DWN
Politik
Politik Trump besucht erneut die Golfstaaten – Wirtschaftsinteressen stehen im Vordergrund
13.05.2025

Warum reist Donald Trump erneut als erstes nach Saudi-Arabien – und nicht etwa zu den engsten Nachbarn der USA? Hinter dem glanzvollen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trump: Die Arzneimittelpreise müssen um 59 Prozent sinken
13.05.2025

Die Pharmabranche gerät weltweit unter Druck: Mit einer neuen Ankündigung hat US-Präsident Donald Trump den globalen Arzneimittelmarkt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Kommission kündigt Importverbot für russisches Gas an – doch wo bleibt das Gesetz?
13.05.2025

Die EU verkündet das Ende russischer Gasimporte – aber präsentiert (noch) keine juristische Grundlage. Experten warnen: Was die...