Politik

Oberster Datenschützer kritisiert Narrenfreiheit des BND

Lesezeit: 2 min
04.08.2013 22:33
Der BND hat den US-Geheimdiensten millionenfach deutsche Daten zugespielt. Der BND wird in Deutschland nur von einem geheimen Parlaments-Gremium kontrolliert. Der oberste Datenschützer Peter Schaar will das nicht länger hinnehmen. Er fordert mehr Transparenz vom BND. De facto tanzt der deutsche Geheimdienst sogar dem Parlament auf der Nase herum.
Oberster Datenschützer kritisiert Narrenfreiheit des BND

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Neuigkeiten um die Arbeit der Geheimdienste nehmen täglich zu. Nicht nur die NSA auch der britische Geheimdienst und die deutschen Geheimdienste, allen voran der BND, sind in den Überwachungsskandal verwickelt. Die massive Zusammenarbeit zwischen dem BND und der NSA wird immer deutlicher und die Bundesregierung  kündigt Handlungen an, vermeidet es aber strikt, den deutschen Bürgern den tatsächlichen Umfang mitzuteilen.

Es geht nicht mehr einfach nur um das permanente Abhören durch den US-Geheimdienst – es geht vielmehr auch um die permanente Zusammenarbeit zwischen den deutschen Geheimdiensten und der NSA. Sowohl der BND als auch der Verfassungsschutz nutzen Programme der NSA (hier). Und die seit Ende des zweiten Weltkrieges geltende Vereinbarung zum legalen Überwachen wurde nur nach zunehmender Kritik durch die deutschen Bürger außer Kraft gesetzt (mehr hier).

Doch tatsächliche Informationen über das wahre Ausmaß der Bespitzelung und der deutschen Geheimdienste dabei, wird wohl kaum an die deutsche Öffentlichkeit gelangen. Das kritisiert auch der oberste Datenschützer Peter Schaar deutlich.

Wir brauchen mehr Transparenz – nicht nur gegenüber Geheimgremien, sondern in der Öffentlichkeit“, sagte Schaar in einem Gespräch mit dem Kölner Stadtanzeiger. Er verweist damit auf die Rolle des Parlamentarischen Kontrollgremiums des deutschen Bundestags. Hier sollen die deutschen Geheimdienste regelmäßig Bericht erstatten. Doch das Gesagte in diesem Kontrollgremium unterliegt der Geheimhaltung. Die deutschen Bürger erfahren davon nichts, sie müssen den Abgeordneten wie dem Grünen Ströbele, die dem Gremium angehören, bei der Ausübung ihrer Kontrolle vertrauen.

Doch nur mit mehr Transparenz, so Schaar,  „kann in der politischen Debatte bewertet werden, welchen Umfang die Überwachung hat, wie sie begrenzt werden kann und muss.“ Eine Kontrolle, „die selbst nur unter Geheimbedingungen stattfindet, ist sehr begrenzt wirksam. Da sehe ich dringenden Verbesserungsbedarf.“

Vor allem, wenn man bedenkt, dass der BND in großem Umfang Metadaten aus der eigenen Fernmeldeaufklärung direkt an die NSA übermittelt. So sollen Dokumenten von Snowden zufolge im Dezember 2012 allein über den Standort des deutschen Geheimdienstes in Bad Aibling 500 Millionen Metadaten erfasst worden sein, so der Spiegel.

An die Unschuldsvermutung gegenüber dem BND glaubt Schaar zumindest nicht:

„Wie Herr Pofalla zu sagen, die deutschen Nachrichtendienste hielten zu 100 Prozent den Datenschutz ein, ist sehr mutig. Wenn Sie meine Tätigkeitsberichte lesen, werden Sie feststellen, dass da auch nicht alles zu 100 Prozent datenschutzkonform gelaufen ist. Überdies tauschen in- und ausländische Nachrichtendienste ihre Informationen offenbar aus.“

Aus diesem Grund spricht sich Schaar auch dafür aus, dass beispielsweise der Generalbundesanwalt den Whistleblower Snowden vernehmen sollte.  Diese hat mittlerweile der Mitteldeutschen Zeitung  bestätigt, Ende Juni ein Beobachtungsverfahren eingeleitet zu haben. Schaar zufolge müsse aber generell mehr getan werden.

„Ich bin für mehr Transparenz auch im geheimdienstlichen Bereich. Überwachung gehört ans Licht der Öffentlichkeit und muss diskutiert und begrenzt werden. In der Demokratie kann doch eine Entscheidungsfindung sinnvoll nur dann erfolgen, wenn Fakten auf dem Tisch sind. Nur weil das nicht geschieht, bedarf es ja dieser Whistleblower.“

De facto ist die Lage so wie mit allen Geheimdiensten: Der BND genießt völlige Narrenfreiheit. Er ist niemandem Rechenschaft schuldig. Neulich bei einer Anhörung im geheimen Aufsichtsgremium des Parlaments wurden die Abgeordneten völlig im Unklaren gelassen (hier die grotesken Aussagen zur Geheimdienst-Tätigkeit).

Der BND kann - wie alle Geheimdienste - völlig im luftleeren Raum operieren. Mit dem Hinweis auf Terror und Bedrohung sind den Politikern alle Mittel entzogen - weshalb ihnen das ganze Daten-Spionage Thema auch so unheimlich ist


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Märchen vorbei? Steht Deutschlands Automobilindustrie vor dem Aus?
22.12.2024

Volkswagen in der Krise, Mercedes, BMW & Co. unter Druck – und hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel. Wie kann der Kampf um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...