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Nestlé will über Stammzellen menschliche Defekte und Sehnsüchte entdecken

Der Nahrungsmittel-Konzern Nestlé forscht an Gehirn- und Leberzellen. Er will Lebensmittel entwickeln, die Krankheiten heilen können. Nestlé sieht eine Chance, dass der Pharma- und der Lebensmittel-Markt verschmelzen. Auf diesem Weg kann die Industrie auf Defekte und Sehnsüchte des menschlichen Organismus reagieren.
09.01.2014 00:27
Lesezeit: 2 min

Nestlé geht eine strategische Partnerschaft mit dem Biotechnologie-Unternehmen Cellular Dynamics International (CDI) ein. Der Nahrungsmittel-Konzern wird von CDI mit menschlichen Gehirn- und Leberzellen beliefert, um daran zu forschen. Nestlé hofft dadurch profitablere Produkte zu entwickeln, wie WSJ berichtet.

Der Manager von CDI, Robert Palay, sagte, dass 18 von 20 großen Pharmakonzernen bereits bei CDI Stammzellen zu Forschungszwecken erwerben. Nestlé sei jedoch der erste Nahrungsmittel-Hersteller, der Zellforschung betreibe. CDI stellt Gehirn-, Leber- und andere menschliche Körperzellen aus Stammzellen her.

Nestlé interessiert sich dafür, wie Nähr- und Zusatzstoffe in Nahrungsmitteln die Zellen beeinflussen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse will das Unternehmen dazu nutzen, um modifizierte Getränke und Nahrungsmittel herzustellen. Diese Produkte könne man damit bewerben, dass sie über medizinische Eigenschaften verfügen, sagte Emmanuel Baetge, der Vorsitzende des Nestlé Instituts für Gesundheitswissenschaften.

Der Konzern investiert seit über zehn Jahren in medizinische Nahrung. So kaufte Nestlé das Unternehmen Prometheus, das auf die Diagnose und Behandlung von Krebserkrankungen spezialisiert ist. Auch der Aufkauf von Novartis Medical Nutrition baute das medizinische Know-How des Unternehmens weiter aus. Weitere Forschungsfelder, in die der Konzern investiert, sind Fettleibigkeit, Diabetes und Alzheimer.

„Wir wollen Pionier einer neuen Industrie zwischen Ernährungs- und Pharmageschäft werden“, sagte Verwaltungsratschef Peter Brabeck. Die Produkte sollen individuell auf die Konsumenten zugeschnitten sein und ihre jeweiligen Krankheitsrisiken in Betracht ziehen.

Nestlé-CEO Paul Bulcke sprach von einem „faszinierenden Vorhaben“. Hier gehe es nicht nur darum, eine neue Schokolade auf den Markt zu bringen, sagte er. „Hier geht es darum, das Leben der Menschen zu verbessern.“

Nestlé geht es dabei jedoch nicht nur um die Verbesserung der Lebensumstände, sondern um Profitinteressen. Institutsleiter Baetge zugibt: „Medizinische Nahrungsmittel bieten höhere Gewinnmargen als traditionelle Produkte“, so Baetge.

Vor allem aber können die Erkenntnisse aus den Stammzellen die Lebensmittel-Industrie in die Lage versetzen, schon im Entstehen über Defekte und Sehnsüchte des menschlichen Organismus Kenntnis zu erlangen.

Damit ist eine gesundheitsfördernde Produktion ebenso möglich wie Manipulationen.

Der Markt für Gesundheits- und Wellnessnahrung setzte im Jahr 2013 etwa 772 Milliarden US-Dollar um. Im Jahr 2018 wird dieser Umsatz auf 944 Milliarden Dollar steigen, schätzen die Analysten von Euromonitor. Damit wächst der Markt für medizinische Nahrung deutlich schneller als der konventionelle Nahrungsmittelmarkt.

Die Nahrungsmittel-Industrie fällt immer häufiger dadurch auf, dass sie schädliche Inhaltsstoffe in ihre Produkte mischt. So enthalten Kaugummis krebserregende Zusatzstoffe (mehr hier). Andere Nahrungsmittel, wie die beliebten Oreo-Kekse, haben ein starkes Suchtpotenzial (hier). Die Folgen von übermässigem Konsum industrieller Nahrung sind mitunter desaströs. So erkranken immer mehr Kinder in Deutschland an Diabetes (hier).

Nestlé, als wichtiger Bestandteil der Nahrungsmittel-Industrie, war an der Schaffung dieser Probleme beteiligt. Nun erschließt der Konzern einen neuen Markt, der die entsprechenden Lösungen anbietet.

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