Finanzen

Steigende Zinsen setzen Mittelständler in Südeuropa unter Druck

Die Banken beginnen mit der Rückzahlung der Sonderkredite an die EZB. Dies bewirkt einen Anstieg der Euribor-Zinsen, zu denen sich die europäischen Banken untereinander Geld leihen. Das führt zu einer Verteuerung von Unternehmenskrediten. Die EZB wird erneut für Liquidität sorgen müssen, um einen Finanz-Kollaps zu verhindern.
16.01.2014 00:08
Lesezeit: 2 min

Man kann es das Gesetz der unbeabsichtigten Konsequenzen nennen. Vor zwei Jahren pumpte die EZB mehr als eine Billion Euro mittels der längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (LTRO) in die Finanzmärkte der Eurozone, um einen finanziellen Kollaps zu verhindern. Nun aber bewirken die Rückzahlungen der Banken an die EZB eine Erhöhung des kurzfristigen Euribor-Zinssatzes.

Wie die EZB berichtet, wurden am 15. Januar 2014 annähernd 980 Millionen Euro von drei Banken an die EZB zurückbezahlt, sowie 1,59 Milliarden Euro von fünf anderen Banken, insgesamt also rund 2,6 Milliarden Euro. Im Dezember 2013 gab es bereits Rückzahlungen in Höhe von etwa 22,7 Milliarden Euro, die von 17 Banken veranlasst wurden.

Insgesamt stehen noch 569,7 Milliarden Euro an Rückzahlungen an die EZB aus, berichtet die Financial Times.

Da aber die Banken offenbar schneller als erwartet die von der EZB zur Verfügung gestellten Sonderkredite zurückzahlen, bringt dies die EZB in eine schwierige Situation. Denn der Anstieg des Referenzzinssatzes Euribor (durchschnittliche Zinssätze, zu denen europäische Banken einander Anleihen in Euro gewähren) behindert den zaghaften wirtschaftlichen Aufschwung vor allem in den Krisenländern.

Der Ein-Monats-Euribor-Zinssatz beispielsweise liegt derzeit auf dem höchsten Stand seit Mitte 2012.

Das bedeutet: Wenn die Zinsen für Bankanleihen im Euroraum steigen, werden auch die Kredite für die Unternehmer teurer, die gerade in den Volkswirtschaften wie Italien und Spanien so dringend gebraucht werden. Je höher jedoch die Zinsen, desto unwahrscheinlicher die Nachfrage der Firmen nach Krediten.

Hinzu kommt, dass für die Banken in den Krisenländern das Geschäft mit Staatsanleihen zu einem derart gewinnbringenden und sicheren Geschäft geworden ist, dass sie keinen Sinn darin sehen, Unternehmen statt Staaten zu finanzieren.

In der Konsequenz steigt der Druck auf die EZB, weitere Maßnahmen zum Schutz der fragilen Erholung der Volkswirtschaften in der Eurozone zu ergreifen.

Letzte Woche sagte Mario Draghi, die EZB sei bereit, erneut zu intervenieren, sollten die Geldmarktsätze ansteigen. Dies scheint ein Teil der offiziellen Pläne zu sein, um eine– wie es im Fachjargon heißt – "akkommodierende" Geldpolitik zu betreiben und wiederum billige Kredite zur Verfügung zu stellen, um das fragile Wirtschaftswachstum der Eurozone zu stärken.

Im Umkehrschluss: die EZB wird wiederum mehr Liquidität für einen weiteren längeren Zeitraum in die Finanzmärkte der Eurozone pumpen, um einen Anstieg der Euribor-Zinssätze zu drosseln.

Nach einer Reuters-Umfrage im vergangenen September hielten 13 der 22 befragten Geldmarkt-Händler ein neues LTRO-Programm der EZB innerhalb der nächsten Monate für gut möglich.

Für den gemeinsamen Währungsraum, in den Länder mit unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungen, Mentalitäten und Kulturen gezwungen wurden, heißt es nichts anderes, als dass, sobald die eine Baustelle notdürftig saniert worden ist, sich alsbald an anderen Stellen wiederum neue Baustellen auftun, für die neue „Programme“ ersonnen werden müssen.

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