Politik

EU-Milliarden versickern bei der Mafia

Lesezeit: 2 min
24.01.2014 00:28
Bürger-Initiativen fordern den sofortigen Stopp von EU-Subventionen an die italienische Mafia. Diese leitet seit Jahren Steuergelder aus EU-Projekten ab. Die anfänglichen Kosten für ein Straßenbau-Projekt in Nord-Italien verdoppelten sich so auf 1,3 Milliarden Euro.
EU-Milliarden versickern bei der Mafia

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die europäische Anti-Betrugs-Behörde OLAF erhielt eine offizielle Beschwerde von drei Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs). Sie verlangen eine ausführliche Untersuchung eines Straßenbau-Projekts in Nord-Italien, dass mit EU-Geldern finanziert wurde. Die daran beteiligten Subunternehmer stehen im Verdacht Gelder veruntreut und an die Mafia weitergeleitet zu haben, wie der EUobserver berichtet.

Bei dem Projekt handelt es sich um die Autobahn Passante di Mestre, eine Umgehungsstraße um die norditalienische Stadt Mestre und über die Bucht von Venedig. Die Fertigstellung des Bauvorhabens verzögerte sich mehrfach. Die anfänglichen Kosten des Projekts verdoppelten sich von 750 Millionen auf 1,3 Milliarden Euro. Bereits im März 2011 stellte der italienische Rechnungshof fest, dass es an öffentlicher Kontrolle fehle. Zudem sei das Projekt mit Hilfe von Subunternehmern durch die organisierte Kriminalität unterwandert worden.

Im Februar 2013 wurden vier Personen in Folge eines Ermittlungsverfahrens wegen Betrug festgenommen. Es folgten 20 weitere Verhaftungen im Laufe des Jahres, darunter auch der Chef eines der größten Subunternehmen, sowie Polizisten und ehemalige Agenten. Im Oktober 2013 verhafteten die Behörden den CEO von FIP Industriale, eines großen Straßenbau-Konzerns. Ihm werden Verbindungen zur Mafia und Bilanzfälschung vorgeworfen.

Trotzdem wurde dem Bauvorhaben ein Kredit von der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Höhe von 350 Millionen Euro bewilligt, um die angesammelten Schulden seit dem Jahr 2003 zu refinanzieren.

„Dieser Fall wirft Zweifel an der Sorgfältigkeit der EIB auf und ihrer Unfähigkeit aus Projekten auszusteigen, bei denen Korruption vermutet wird“, sagte Xavier Sol, Chef der NGO Counter Balance.

Die EU-Kommission erwägt derzeit, das Projekt mit ungenutzten EU-Geldern und zusätzlichen EIB-Krediten weiter zu finanzieren. Die Finanzierung ist Teil eines Konjunkturprogramms, das die Wirtschaft Südeuropas mit großen Bauvorhaben ankurbeln soll. Die drei NGOs bestehen dagegen auf eine sofortige Aussetzung der Finanzierung, bis die Korruptionsvorwürfe endgültig geklärt sind.

„Wir hören nun schon seit Jahre, dass ‚Europa dieses Projekt verlangt‘. Heute verlangen die italienischen Bürger von Europa, dass es die direkten Verantwortlichkeiten seiner Institutionen untersucht“, sagte Rebecca Rovoletto von der NGO Opzione Zero, einer Bürgerinitiative gegen den Bau der Autobahn.

„Wir rufen die EU auf, unsere Forderungen nach mehr demokratischer Kontrolle der öffentlichen Gelder zu unterstützen, anstatt sich hinter die Interessen der lokalen Barone zu stellen“, so Rovoletto.

Es handelt sich hierbei nicht um den ersten Fall von Subventionsbetrug durch die italienische Mafia. Zwischen 2007 und 2013 versickerten über 360 Millionen Euro im Rahmen eines Straßenbau-Projekts bei der kalabrischen `Ndrangheta Mafia (mehr hier). Auch beim Wiederaufbau der von einem Erdbeben verwüsteten Stadt L’Aquila, profitierte die Mafia über Bauvorhaben von EU-Geldern (hier).


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Online-Handel: Umsätze stagnieren - Verbraucher halten sich zurück
13.10.2024

Auch der Online-Handel dümpelt vor sich hin. Nach den Boom-Jahren während der Corona-Krise ist die schlechte Verbraucherstimmung nun auch...

DWN
Politik
Politik Monatliche Meldepflicht für Bürgergeld-Empfänger: Neue Regelung im Fokus
13.10.2024

Die Ampel-Regierung plant eine monatliche Meldepflicht für arbeitslose Bürgergeld-Empfänger, um ihre Eingliederung in den Arbeitsmarkt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quishing: Wie gefälschte QR-Codes zur unsichtbaren Bedrohung für Unternehmen werden
13.10.2024

Kriminelle nutzen täuschend echte QR-Codes, um Daten zu stehlen – von manipulierten Bank-Briefen bis zu gefälschten Codes an...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutsche Startups: Die Perspektiven fehlen
12.10.2024

Auch für innovative Startups hat Deutschland ein Standortproblem, immer häufiger wird im Ausland gegründet oder ins Ausland abgewandert....

DWN
Panorama
Panorama Tagebuch des Untergangs: Autor Glukhovsky rechnet mit seiner russischen Heimat und Putin ab
12.10.2024

Der russische Kultautor Dmitry Glukhovsky hat im Exil ein "Tagebuch des Untergangs" verfasst, das eine düstere Bilanz seiner Heimat zieht....

DWN
Politik
Politik US-Wahlkampf: Haben Expats in Deutschland entscheidenden Einfluss?
12.10.2024

Zehntausende wahlberechtigte US-Amerikaner leben in Deutschland. Weltweit gibt es Millionen von ihnen. Besonders die Demokraten glauben,...

DWN
Politik
Politik Aufrüstung oder Sozialstaat? Aufrüstung könnte den Sozialstaat bedrohen
12.10.2024

Die Welt rüstet auf. Deutschland, einer der größten Waffenexporteure und Hegemon Europas, hinkt beim Ausbau seiner...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kochroboter und KI: Gastronomie der Zukunft?
12.10.2024

Gastronomiebetriebe in Deutschland setzen zunehmend Roboter ein, um Personalengpässe zu kompensieren – von Küchenaufgaben bis zur...