Finanzen

Mario Draghis Bazooka zündet nicht

Die Maßnahmen der EZB erweisen sich als wirkungslos: Aus Angst vor einer Deflation will Mari Draghi die Zinsen nicht senken. Der EZB-Chef wartet nun auf neue Konjunkturprognosen.
27.02.2014 21:17
Lesezeit: 1 min

EZB-Präsident Mario Draghi sieht die Euro-Länder nicht am Rande einer für die Wirtschaft extrem gefährlichen Deflation. "Mit einer durchschnittlichen Teuerungsrate in der Euro-Zone von 0,8 Prozent haben wir ganz klar keine Deflation", sagte Draghi am Donnerstagabend auf einer Konferenz in Frankfurt eine Woche vor der mit Spannung erwarteten nächsten Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB).

Von einer Deflation könne erst die Rede sein, wenn der niedrige Teuerungsdruck zu einem breitangelegten und längeren Fall der Preise führe - und das in zahlreichen Ländern der Währungsunion, sagte Draghi. Dafür gebe es allerdings keine Anzeichen. Ebenso wenig dafür, dass Haushalte oder Unternehmen in Erwartung fallender Preise ihr Verhalten änderten und damit die Gefahr eines Absturzes der Wirtschaft forcierten.

"Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir keinen Beweis dafür, dass die Konsumenten geplante Ausgaben verschieben, was man in einem deflationären Umfeld beobachten könnte", erklärte Draghi. Der Italiener räumte allerdings zum wiederholten Male ein, dass die Euro-Zone sich in einer wohl längeren Phase mit sehr niedrigen Inflationsraten befinde. "Das ist ein Risiko an sich, weil der Sicherheitsabstand zur Null-Linie dann nur noch klein ist."

Wegen dieses Risikos hatte die EZB im vergangenen Herbst ihren Leitzins auf das Rekordtief von 0,25 Prozent gekappt. Sie machte damit Geld noch billiger in der Hoffnung, dass dadurch die Wirtschaft anspringt und die Preise tendenziell steigen. Die Notenbanker gehen bei einer Teuerungsrate von knapp unter zwei Prozent von stabilen Preisen aus. Dieser Sicherheitsabstand zur Null-Linie hat vor allem den Hintergrund, dass eine Deflation mit geldpolitischen Mitteln deutlich schwerer zu bekämpfen ist als eine Inflation, also steigende Preise. Auf einen Anstieg der Preise kann die Notenbank mit höheren Zinsen reagieren, bei einer Deflation wird diese Waffe stumpf. Japan hatte in den letzten Jahren massiv unter einer Deflation gelitten und berappelt sich gerade mühsam.

Draghi hatte sich bei der jüngsten Zinsentscheidung der EZB Anfang Februar alle Optionen offen gelassen, auch eine weitere Zinssenkung. Er hatte damals erklärt, alles hänge von den bis März verfügbaren neuen Konjunkturdaten ab. Seitdem blicken die Investoren an den Finanzmärkten gespannt auf jede Äußerung eines europäischen Notenbankers. Die meisten Experten rechnen damit, dass Draghi & Co. im März noch nicht wieder an der Zinsschraube drehen. Ein gutes Drittel der Teilnehmer einer Reuters-Umfrage unter knapp 80 Ökonomen kann sich allerdings vorstellen, dass die Währungshüter einen kleinen Zinsschritt von fünf oder zehn Basispunkten nach unten gehen. Der EZB-Rat entscheidet das nächste Mal am 6. März.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Vetternwirtschaft und Machtspiele: So scheitert der NATO-Innovationsplan
03.07.2025

Milliarden für die NATO-Innovation, doch hinter den Kulissen regiert das Chaos: Interessenkonflikte, Rücktritte und Streit gefährden...

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...