Deutschland

Bundestags-Präsident Lammert wirft Karlsruhe „Europa-Skeptizismus“ vor

Der Präsident des Bundestags, Norbert Lammert, kritisiert die Karlsruher Richter ungewöhnlich scharf. Deren Entscheidung gegen die Drei-Prozent-Hürde bei der EU-Wahl sei politisch nicht hilfreich. Zudem zeige es einen „Europa-Skeptizismus“ in den Reihen des Verfassungsgerichts.
28.02.2014 14:06
Lesezeit: 1 min

Bundestagspräsident Norbert Lammert hat das Bundesverfassungsgericht wegen der Abschaffung der Drei-Prozent-Sperrklausel für die Europawahl scharf kritisiert.

Das Urteil sei rechtlich umstritten, politisch nicht hilfreich und weise auf einen „Europa-Skeptizismus“ in den Reihen des Verfassungsgerichts hin, sagte der CDU-Politiker am Freitag auf einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin. Normalerweise halten sich Politiker mit Kritik am höchsten deutschen Gericht zurück, vor allem der Bundestagspräsident.

Es sei schwer zu verstehen, wie das Gericht überhaupt zu dem Urteil habe gelangen können, kritisierte Lammert. Denn das Bundesverfassungsgericht habe 1979, als das EU-Parlament viel weniger Macht hatte als heute, die Fünf-Prozent-Klausel ausdrücklich gebilligt und 30 Jahre keine Einwände gehabt. Nun werde auch noch die Drei-Prozent-Hürde ausgerechnet in einer Phase gekippt, in der das Parlament erheblich an Kompetenz gewonnen habe.

Zwar nahm der CDU-Politiker die Richter gegen den Vorwurf des „höchstrichterlichen Populismus“ in Schutz. „Aber die Sorge, wir könnten mit einem verfassungsrechtlich verkleideten Europa-Skeptizismus zu tun haben, scheint mir im Kontext auch anderer Entscheidungen nicht völlig unbegründet.“ Ausdrücklich forderte Lammert, die Verantwortung für die Europapolitik nicht an Verfassungsgerichte abzutreten.

In den vergangenen Jahren ist in allen im Bundestag vertretenen Parteien die Verärgerung über das Verfassungsgericht mit der Begründung gewachsen, es urteile zu national.

Das oberste deutsche Gericht hatte am Mittwoch die vom Bundestag beschlossene Drei-Prozent-Hürde unter anderem mit dem Argument gekippt, bei der EU-Wahl sei die Chancengleichheit der Parteien anders als im Bund höher zu gewichten, weil das EU-Parlament keine Regierung bildet. Meinungsforscher und führende Politiker zeigten sich enttäuscht über diese Entscheidung (mehr hier).

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