Politik

Schäuble will EU in Vereinigte Euro-Staaten umwandeln

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will nach der EU-Wahl die Integration in der Euro-Zone vorantreiben: Europa brauche eine gemeinsame Finanzpolitik, dann könne es auch eine gemeinsame Schulden-Haftung gebe. Damit lässt Schäuble erstmals durchklingen, dass sich Deutschland nicht mehr gegen Eurobonds sperren könnte.
27.03.2014 10:08
Lesezeit: 2 min

Wolfgang Schäuble will die Vereinigten Staaten von Euro-Land (deswegen hält er die Krise auch für nützlich). Er sagte in einem Handelsblatt-Interview, dass nach den Europa-Wahlen im Mai die Debatte um EU-Vertragsänderungen wieder auf den Tisch kommen werde. "Die Bundesregierung wird dafür plädieren, dass wir zumindest in der Euro-Zone institutionelle Verbesserungen bekommen", kündigte er an. Die Währungsunion brauche eine gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik mit den entsprechenden Institutionen. Und dazu könnten ein Parlament für die Euro-Zone gehören wie auch ein hauptamtlicher Euro-Gruppen-Chef. Diese gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik in Europa ist laut Schäuble Voraussetzung für Eurobonds. Solange es keine gemeinsam Finanzpolitik gibt, dürfe es aber auch keine Vergemeinschaftung von Haftung geben. "Sonst trifft niemand mehr unbequeme Entscheidungen." Mit Blick auf die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sagte er: „Momentan sind für Deutschland die Zinsen zu niedrig, für andere Länder noch zu hoch.“

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble drängt die Europäische Zentralbank (EZB) und die EU-Kommission, rasch die letzten offenen Fragen für die europäische Bankenunion zur klären. Die EU-Kommission müsse so schnell wie möglich den Vorschlag vorlegen, wie die Bankenabgabe zum geplanten europäischen Abwicklungsfonds für marode Institute ausgestaltet sein soll. Die EZB müsse dafür sorgen, dass die europäische Bankenaufsicht funktionsfähig wird. Das Thema EU-Vertragsänderungen dürfte nach den Europa-Wahlen wieder aktuell werden. Schäuble hält ein Euro-Zonen-Parlament ebenso für denkbar wie einen hauptamtliche Euro-Gruppen-Chef.

Bei der Ausgestaltung der europäischen Bankenabgabe erwartet Schäuble schwierige Verhandlungen. "Die Interessen der Staaten sind sehr unterschiedlich." Die Beratungen müssten schnell beginnen. Klar sei, dass für den geplanten Abwicklungsfonds im Volumen von 55 Milliarden Euro alle Banken in Europa mehr zahlen müssten, auch die deutschen. Kleine, risikoarme Institute sollten aber weniger belastet werden als große, risikoreiche. "Aber noch sind viele Details unklar", sagte der Minister. So könnten in Deutschland etwa die Banken ihre Abgabe nicht von der steuerlichen Bemessungsgrundlage abziehen. Diese Position teilten aber nicht alle Länder.

Schäubles Visionen zeigen, dass die Vorbereitungen für eine stärkere Integration der Euro-Zone hinter den Kulissen bereits auf Hochdruck laufen. Sie dürften zu einer weiteren Zentralisierung in Europa führen. Sie werden vor allem viele neue Posten für die Politiker der Parteien bringen. Schäuble selbst ist seit 40 Jahren Berufspolitiker im Deutschen Bundestag. Daher ist sein Ziel eine stark planwirtschaftlich organisierte Euro-Zone, in der die EU-Kommission die Regierung für Europa wird. Die nationalen Parlamente, insbesondere in Südeuropa, könnten auf diesem Weg ausgehebelt werden.

Der ehemalige EZB-Mann Ottmar Issing, der heute Berater bei Goldman Sachs ist, will dagegen, dass die schwachen Euro-Staaten aus der Euro-Zone austreten (mehr hier).

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