Die aktuelle Erdoğan-Regierung galt über ein Jahrzehnt als Sinnbild für wirtschaftlichen Aufschwung. Die Investmentbank Merrill Lynch rechnet am Sonntag erneut mit einem Sieg der AKP.
CNBC zitiert den Chef-Marktstrategen von Merrill Lynch, Alberto Ades:
„Eine stärkere AKP wird Premier Erdoğan noch mehr ermächtigen und die Regierung könnte weitere kontroverse Entscheidungen treffen und das politische Risiko erhöhen. Doch die Marktpreisbildung scheint unsere Ansicht nicht zu teilen.“
Der JP Morgan-Chefökonom Yarkın Cebeci sagt, dass die AKP zwischen 40 bis 45 Prozent einholen könnte. Das sei dann ein marktfreundliches Ergebnis. Die Journalistin Delphine Strauss zitiert Cebeci in einem FT-Artikel:
„Ein schlechteres Ergebnis würde die Gefahr von vorgezogenen Neuwahlen erhöhen und die Wählerschaft zerstückeln. Doch ein besseres Ergebnis könnte die Ängste vor einer autoritären Regierung vertiefen.“
Ein autoritärer Regierungsstil sei eine schlechte Bedingung für Wachstum und Investitionen, zitiert Strauss den Chefökonom für Schwellenmärkte bei Standard Bank, Timothy Ash. Die türkische Notenbank hatte im Januar den Leitzins von 4,5 auf 10 Prozent erhöht. Damit wollte sie den Währungsverfall stoppen und ausländische Kapitalenleger in den türkischen Währungsraum ziehen. Seit 2013 hat die Türkei mit der Kapitalflucht zu kämpfen.
Doch die Leitzinserhöhung wirkt sich negativ auf die Privathaushalte aus. Das türkische Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre wurde durch den massiven Konsum der Privathaushalte finanziert. Die Zinserhöhung lässt Bankkredite für Bürger und Unternehmen teurer werden.
Die Verbraucher haben mit niedrigen Einkommen zu kämpfen und die Lebenshaltungskosten sind hoch. Somit stecken die türkischen Bürger in einer Zwickmühle. Denn ohne billige Bankkredite lässt sich das Leben in der Türkei nicht finanzieren und der Konsum bleibt aus.
Der Finanz-Analyst Nicholas Spiro sagt, dass die eigentliche Herausforderung für die Türkei im aktuellen Jahr das Wirtschaftswachstum sei. Das Wirtschaftsportal Finans Global zitiert den Analysten:
„Nun gibt es eine größere Befürchtung auf dem Markt. Der zweistellige Leitzins hilft, das Handelsbilanz-Defizit zu verringern. Doch leidtragend wird das Wirtschaftswachstum sein.“
Die Türkei könne froh sein, wenn sie am Ende des Jahres ein Wirtschaftswachstum von zwei Prozent erzielt. Mehr sei nicht zu erwarten.