Politik

Machtkampf: Erdogan verlangt von den USA die Auslieferung des Predigers Gülen

Der türkische Premier Erdogan verlangt von den USA die Auslieferung des Predigers Fethullah Gülen. Gülen hatte Erdogan anfangs bei einem Aufstieg unterstützt, seit geraumer Zeit sind die beiden Männer Todfeinde. Bisher ist völlig unklar, welche Rolle Gülen in den Plänen der Amerikaner spielt.
29.04.2014 19:02
Lesezeit: 1 min

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will die Auslieferung seines in den USA lebenden Rivalen Fethullah Gülen erreichen. Nach einem Treffen seiner Partei AK bestätigte Erdogan am Dienstag entsprechende Pläne. Die Türkei habe mehr als zehn US-Auslieferungsgesuchen stattgegeben, erklärte er. Nun erwarte man das Gleiche von dem Nato-Verbündeten. Ob bereits offiziell ein Antrag für die Überstellung des islamischen Klerikers eingereicht wurde, blieb zunächst unklar. Gülen lebt seit 1997 im Bundesstaat Pennsylvania im selbstgewählten Exil, nachdem die türkischen Behörden ihm islamistische Umtriebe vorwarfen.

Zwischen Erdogan und Gülen tobt sein Monaten ein Machtkampf. Am Montag sagte der Ministerpräsident dem US-Sender PBS, Gülen und seine Gefolgsleute seien auch eine Bedrohung für die USA. "Was sie uns hier antun, das könnten sich auch ihren Gastgebern zufügen", erklärte er. Erdogan wirft Gülens Anhängern in Polizei und Justiz unter anderem vor, Tausende Telefonate abgehört und die Aufnahmen als Teil eines inszenierten Korruptionsskandals lanciert zu haben. Er hat inzwischen Hunderte Beamte entlassen oder versetzt. Gülen weist die Vorwürfe zurück. Er unterhält weltweit zahlreiche Unternehmen und Schulen, die weltlich ausgerichtet sind.

Genau deshalb ist Gülen aber offenkundig für die Amerikaner interessant: Seine Organisation ist extrem pro-amerikanisch organisiert. Die "milde" Form des Islam der Gülens, die sich an westliche Gebräuche halten und auch die Arbeitsprozesse in der Industrie nicht durch zu häufige Gebets-Abwesenheiten stören, kommen den US-Konzernen ebenso entgegen wie die Vernetzung der Bewegung in zahlreichen rohstoffreichen Staaten. Bis heute ist die Finanzierung der Bewegung völlig unklar. Der private US-Geheimdienst Stratfor äußert sich in mehreren Depeschen durchaus wohlwollend über die Bewegung. Es ist unwahrscheinlich, dass die Amerikaner einen ausgewachsenen Islamisten in Pennsylvania akzeptieren würden. Die Gülen-Spitze unterhält beste Beziehungen zu hochrangigen Politikern im Westen. Über die Frage, ob die Bewegung mit einem der zahlreichen US-Dienste zusammenarbeitet, gibt es keine Erkenntnisse.

Gülen unterhält unter anderem ein weit verzweigtes Medien-Imperium, welches auch in in Deutschland mit der Zeitung Zaman präsent ist. Die Gülen-Medien sind kommerziell orientiert, können aber wegen überschaubarer Werbeerlöse im Grunde nur finanziert werden, weil es "Gönner" gibt. So werde die Bewegung in Deutschland von verschiedenen "Unternehmen" gefördert, haben den Deutschen Wirtschafts Nachrichten Kenner bestätigt. Welche Unternehmen dies seien und aus welchem Grund sie die Bewegung fördern, darüber schweigt die Bewegung beharrlich.

Erdogan macht Gülen verantwortlich für die Ausschreitungen nach den Gezi-Park-Protesten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...

DWN
Politik
Politik SPD-Spitze im Umbruch: Bas spricht von historischer Verantwortung
12.05.2025

Die SPD steht nach dem desaströsen Wahlergebnis von 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem umfassenden Neuanfang. In Berlin haben...