Finanzen

Draghi kündigt für Juni höhere Inflation an

EZB-Chef Mario Draghi hat angekündigt, gegen die zu niedrigen Preise in der Eurozone vorzugehen. Bereits in der kommenden Sitzung Anfang Juni könnte der EZB-Rat massive Wertpapier-Käufe beschließen. Denn der starke Euro sei ein „ernsthafter Grund zur Sorge“, so Draghi.
08.05.2014 17:07
Lesezeit: 2 min

Die EZB hat die Tür für eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik in vier Wochen sperrangelweit aufgemacht.

„Der EZB-Rat fühlt sich wohl damit, beim nächsten Mal zu handeln“, sagte Notenbankchef Mario Draghi am Donnerstag und schickte damit den Euro auf Talfahrt, deutlich unter die Marke von 1,39 Dollar.

Vor einem Beschluss über zusätzliche Maßnahmen im Kampf gegen eine mögliche Deflation wollten die Notenbanker aber noch die neuen Prognosen ihrer hauseigenen Ökonomen zu Teuerung, Wachstum und Beschäftigung abwarten. Diese sollen zur nächsten Sitzung am 5. Juni vorliegen.

Die EZB beließ den Leitzins dieses Mal auf dem Rekordtief von 0,25 Prozent. Draghi betonte vor Journalisten in Brüssel mehrfach, die Ratssitzung sei dazu genutzt worden, über neue geldpolitische Schritte zu diskutieren, diese aber noch nicht zu beschließen.

Denkbar sind eine weitere Zinssenkung, Strafzinsen für Banken, Liquiditätsspritzen oder sogar massive Wertpapierkäufe. An den Finanzmärkten setzen die Investoren nun darauf, dass die EZB im Juni gegen die seit Monaten niedrigen Teuerungsraten vorgeht.

Ein besonderes Augenmerk der Zentralbanker liege auf dem zuletzt deutlich gegenüber dem Dollar aufgewerteten Euro. Vor dem Hintergrund der niedrigen Inflation sei ein starker Euro ein „ernsthafter Grund zur Sorge“, sagte Draghi.

Ein starker Euro setzt nicht nur die Exporteure unter Druck, sondern hält über sinkende Importpreise auch das Preisniveau niedrig. Die Teuerungsrate in der Euro-Zone lag im April bei 0,7 Prozent und damit weiter deutlich unter der Zielmarke der Notenbanker von knapp zwei Prozent - war aber zumindest nicht mehr so schwach wie im März, als sie nur 0,5 Prozent betragen hatte.

Ökonomen sind nicht sicher, ob die EZB beim nächsten Mal wirklich handelt: „Draghi verstärkt die Erwartung, dass im Juni etwas passiert. Er sagt aber auch, dass das letztlich von den Daten abhängt“, erklärte Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank. „Draghi lässt sich damit alle Hintertürchen offen.

Aber sollte die Teuerungsrate im Mai wieder zurückgehen und die EZB ihren Inflationsausblick für 2016 nennenswert senken, dürften die Zentralbanker eingreifen. Auch Risiken wie die Ukraine-Krise könnten nach Ansicht Schmiedings dazu führen.

Im März hatten die EZB-Ökonomen für 2016 eine Inflationsrate von 1,5 Prozent vorausgesagt. Auch dies liegt noch klar unter der Zielmarke der Zentralbanker. Einige Ökonomen befürchten, dass ohne ein extremes Gelddrucken durch die EZB die Preise sinken könnten.

Eine solche Deflation würde den Schuldnern schaden, vor allem den massiv verschuldeten Staaten. Denn sie müssten ihre Schuld in einem wertvolleren Geld zahlen. Profitieren würden die Sparer, deren Geld aufgrund fallender Preise wertvoller würde. Doch die Sparer haben offenbar weniger Einfluss auf die EZB als die hoch verschuldeten Staaten.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Industrieländer-Organisation OECD haben die EZB angesichts der niedrigen Inflation bereits zum Handeln aufgefordert. Ihnen erteilte Draghi erneut eine Absage, ebenso Forderungen aus Frankreich nach einer Abwertung des Euro (mehr hier). „Wir sind unabhängig“, so der Italiener.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Wertvoller Schmuck im Fokus: So sichern Sie Ihre teuren Schmuckstücke ab
18.04.2025

Die Absicherung wertvoller Schmuckstücke wird immer wichtiger – Hausrat reicht oft nicht aus. Experten raten zu gezieltem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen in Dänemark: Wie Sie mit etwas Hygge ein Haus günstig kaufen können
18.04.2025

Nachdem es 2023 und 2024 in Deutschland zum ersten Mal seit 2013 spürbare Wertverluste auf dem Immobilienmarkt gab, kündigten Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA: Staatsverschuldung erreicht 36,6 Billionen Dollar – wer sind die Gläubiger?
18.04.2025

Die Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten hat mit 36,6 Billionen Dollar einen neuen Höchststand erreicht und wächst in den letzten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Online-Handel unter Druck: Steigende Erwartungen, weniger Spielraum für Fehler
18.04.2025

Der digitale Handel erlebt 2025 einen Wendepunkt: Kunden erwarten Perfektion, während lokale Anbieter ums Überleben im globalen...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona: Aufwärtstrend bei Amateurmusik - Deutsche musizieren wieder
18.04.2025

Den Flohwalzer klimpern, ein Liebeslied singen, auf der Gitarre schrammeln – Hobbymusik hat viele Facetten. Doch wie viele Menschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Blick aus China: Die USA haben an Bedeutung verloren, Zölle beeinträchtigen die Lieferketten nicht
18.04.2025

Die Bedeutung des US-Marktes für China habe in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen und mache heute nur noch 14 Prozent der...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliardärsmanager fliehen aus US-Aktien: Der stille Countdown zur Rezession hat begonnen
17.04.2025

Eine neue Erhebung der Bank of America zeigt: Die Stimmung unter den großen Vermögensverwaltern kippt dramatisch. Während die Finanzwelt...

DWN
Politik
Politik Merz und EU offen für Tauruslieferung an Ukraine: Kreml warnt vor direkter Kriegsbeteiligung
17.04.2025

In der Opposition war Merz offen für eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Als voraussichtlicher Kanzler ist er das...