Indien steuert auf einen Regierungswechsel zu. Nach Abschluss der fünfwöchigen Parlamentswahl hat der hindu-nationalistische Herausforderer Narendra Modi seine Favoritenrolle zementiert. Die Nationaldemokratische Allianz unter Führung von Modis oppositioneller BJP kann Nachwahlbefragungen vom Montag zufolge mit einer Mehrheit im Unterhaus rechnen. Die regierende Kongresspartei mit ihrem Spitzenkandidaten Rahul Gandhi muss sich dagegen auf herbe Verluste einstellen. Das Endergebnis der größten demokratischen Wahl aller Zeiten soll am Freitag vorliegen.
Modis Bündnis soll 249 bis 340 Sitze erreichen. Das geht aus sechs Wahltagsbefragungen hervor, berichtet Bloomberg. Eine von der Kongresspartei geführte Allianz fiel dagegen in der Erhebung unter 166.901 Wählern mit 101 Mandaten auf ihren Tiefststand. 272 werden benötigt, um eine Regierung bilden zu können.
Nachwahlbefragungen lagen in Indien allerdings häufiger falsch. So deuteten sie auch 2004 und 2009 auf ein erheblich besseres Abschneiden der Bharatiya Janata Partei (BJP), als dies am Ende der Fall war. Die Regierung bildete nach den beiden Wahlen die Kongresspartei des nun scheidenden Ministerpräsidenten Manmohan Singh. Mittlerweile hat sie jedoch viele Anhänger verprellt. Grund sind Korruptionsskandale und Missmanagementsvorwürfe. Der Partei der Gandhi-Dynastie wird auch die schleppende Wirtschaftsentwicklung des Schwellenlands zur Last gelegt. Die Konjunktur muss dringend angekurbelt werden, um die nach wie vor in weiten Teilen von großer Armut geprägte drittgrößte Volkswirtschaft Asiens wieder auf die Erfolgsspur zu bringen.
Davon profitiert Modi, der sich als Regierungschef des Bundesstaats Gujarat einen Namen als unternehmensfreundlicher Reformer und effizienter Verwalter gemacht hat. Allerdings ist auch er nicht unumstritten. Kurz nach seinem Amtsantritt in Gujarat tötete dort 2002 ein Hindu-Mob mehr als 1.000 Menschen, die meisten von ihnen Muslime. Viele Kritiker werfen Modi vor, nicht genug gegen die Ausschreitungen unternommen zu haben. Modi hat die Vorwürfe zurückgewiesen, und eine Untersuchung des Obersten Gerichtshofs fand keine Hinweise, die eine Anklage gerechtfertigt hätten.
Dennoch gilt der Hindu-Nationalist bei vielen Muslimen als unwählbar. Geschürt wurden die Bedenken durch Massaker an Muslimen während der Wahl im Bundesstaat Assam, die Kritiker auf Reden Modis zurückführten, in denen er Stimmung gegen Einwanderer aus Bangladesch machte. Die überwiegende Mehrheit der rund 815 Millionen Wahlberechtigten sind allerdings Hindus. Auch deshalb wurde an den indischen Aktienmärkten fest mit einem Sieg Modis gerechnet. Die Börse verzeichnete am Montag Rekordhochs.