Unternehmen

Negative Zinsen: Bank-Kunden droht Gebühr für Geld auf dem Sparbuch

Lesezeit: 2 min
16.05.2014 01:19
Schon jetzt erhalten Sparer für ihre Ersparnisse magere Zinsen. Ein negativer Einlagezinssatz kann dazu führen, dass die Sparer für ihre angesammelten Guthaben womöglich Gebühren zahlen müssen. Noch hält sich die EZB bedeckt, man will die EU-Wahl abwarten.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Vor den Europa-Wahlen hält sich die EZB bei weiteren „geldpolitischen Maßnahmen“ zurück. Auf ihrer Agenda nach der Europa-Wahl stehen indessen bereits die Senkung der Leitzinsen, zu denen sich Geschäftsbanken von der EZB Geld leihen können sowie eine Verlängerung unbegrenzten Kredite an die Banken (LTRO), die eigentlich im kommenden Jahr auslaufen sollten.

Damit wird die nächste große Bazooka zum Schuss geladen.

Als Begründung wird die niedrige Inflationsrate oder die drohende Deflation genannt. Was sich längst als reine Chimäre erweist. Denn die offiziell benannte Inflationsrate in der Euro-Zone ist nicht mehr als ein Trugbild, und die aus diesem Trugbild gefolgerten Inflations- oder Deflationserwartungen sind es ebenso. Völlig unlogisch ist auch, dass eine Deflation „bekämpft werden soll“ noch bevor es sie gibt.

Von größerer Bedeutung mit folgenschweren Wirkungen kann jedoch ein Negativ-Einlagezins der EZB werden.

Seit November liegt der Einlagezins bei Null Prozent. Der Einlagezins gilt für Banken, die ihr Kapital bei der EZB gewissermaßen „parken“. Die EZB trägt sich nun mit der Absicht, diesen Einlagezins unter die Null-Prozentmarke abzusenken – wodurch es zu einem sogenannten Negativ-Zinssatz kommt. Damit würde die EZB den Banken quasi einen Strafzins aufbrummen.

Bisher hat eine so große Zentralbank wie die EZB noch nie mit Negativ-Zinsen laboriert. Dennoch: “Eine Zinssenkung ist mehr oder weniger sicher”, betonte einer der Insider, der wie andere hochrangige Informanten nicht namentlich genannt werden wollte, mehr dazu hier.

Durch diese Maßnahme sollen die Banken vor allem in der Peripherie wieder mehr Kredite an Unternehmen ausreichen. Die andere Absicht ist, dass damit der Euro-Kurs nach unten gedrückt wird, um der Exportwirtschaft in den Krisenländern auf die Beine zu helfen.

Tatsächlich fiel der Euro-Kurs zuletzt auf 1,3658 US-Dollar und setzte damit die Abwärtsbewegung der vergangenen Tage fort. Noch in der letzten Woche stand der Euro bei fast 1,40 US-Dollar.

In der Vergangenheit zeigte die Geldpolitik der EZB wenig Wirkung. Trotz Geldspritzen von einer Billion Euro (LTRO 1 und 2) wurden weniger Kredite an Unternehmen in der Peripherie ausgereicht. Stattdessen nahmen die Risiken der Niedrigzinspolitik zu, wie Bundesbankpräsident Weidmann zuletzt einräumte. Jetzt soll die nächste Runde der Niedrigzins-Politik eingeläutet werden. Mit Weidmanns Segen. Obwohl klar ist, dass niedrige Zinsen im Lauf der Zeit mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften.

Prekär für die Sparer dürfte es jedoch werden, falls die EZB die Gedankenspiele hinsichtlich der Negativ-Zinsen in die Tat umsetzt. Schon jetzt liegt der durchschnittliche Zinssatz für Sparguthaben bei den Geschäftsbanken bei etwa 0,5 Prozent.

Ein negativer Einlagenzinssatz könnte jedoch dazu führen, dass Zinsen für Kredite künftig teurer werden.

Wahrscheinlicher ist, dass die Sparer für ihre angesammelten Guthaben Gebühren bzw. ebenfalls „Negativ-Zinsen“ zahlen müssen. Und falls es nicht als Abzug als Negativ-Zins auf dem Kontoauszug erscheint, wird es womöglich anders deklariert.

Im Fall des Falles werden die Geschäftsbanken jedoch Negativ-Zinsen weiterberechnen wollen.

Indessen versucht EZB Chefvolkswirt Peter Praet die Sparer zu beruhigen. Er habe viel Verständnis für die Nöte der Sparer. Sein Geld liege auch auf der Bank. Die Krise müsse man jetzt aber hinter sich bringen. Davon profitierten auch die Sparer, weil dann die Zinsen in Zukunft wieder steigen würden. Praet wörtlich: „Es mag paradox klingen, aber in der aktuellen Situation kann dabei eine weitere Lockerung der Geldpolitik helfen.“

 


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...