Unternehmen

Griechische Regierung feuert obersten Steuer-Eintreiber, weil er die Oligarchen ins Visier nahm

Die Griechen haben den von der Troika eingesetzten obersten Steuereintreiber zum Teufel gejagt. Sein Fehler; Nachdem bei den kleinen Leuten nicht mehr genug zu holen war, wollte Haris Theoharis den Oligarchen zu Leibe rücken. Doch die alarmierten die Regierung - und sorgte für den Rausschmiss des verhassten Beamten.
07.06.2014 01:01
Lesezeit: 2 min

Die griechische Regierung hat den obersten Steuereintreiber gefeuert. Haris Theoharis wurde 2013 als oberster Behördenchef mit einem Fünfjahres-Vertrag eingesetzt. Sein Posten war erst 2012 auf Druck der Troika geschaffen worden. Das Ziel bestand darin, die Steuerverwaltung des Landes unabhängiger zu machen. In einer offiziellen Erklärung zu seinem Rücktritt ist nun von „persönlichen Gründen“ die Rede.

Tatsächlich wurde Theoharis  von der immer noch mächtigen Gruppe der Oligarchen unter Druck gesetzt. Die Regierung will den Superreichen des Landes nicht zu nahe treten.

Und so widerfuhr Theoharis das Schicksal, das Steuereintreibern meistens widerfährt: Er wurde von den Einheimischen zum Teufel gejagt.

„Es ist klar, dass er mit seinen Methoden einige Regierungsbeamte verärgert hat und dass er zum Rücktritt gezwungen wurde“, so die griechische Zeitung Kathimerini. Unbeliebt gemacht habe sich der Generalsekretär für Staatsfinanzen offenbar unter anderem mit seinem jüngsten Versuch, griechische Anleihe-Inhaber rückwirkend zu besteuern.

Der IT-Spezialist und ehemalige Leiter der Datensysteme im Finanzministerium verteidigte sein Vorgehen: „Ich fühle mich nicht zum Sündenbock gemacht, weil etwas falsch gelaufen ist. Diejenigen, die glauben, dass etwas schief ging, sollten sich ihr eigenes Handeln ansehen“, so der 43-Jährige. Sein Job bestünde darin, politische Entscheidungen durchzusetzen. Und nicht darin, sie zu formulieren.

„Ich gehe mit erhobenem Haupt“, zitiert ihn die Financial Times. „Großen Steuerhinterziehern stehen wirksame Waffen wie Rechtsanwälte und Verfahren zur Verfügung, gegen die das aktuelle Steuersystem nichts ausrichten kann.“ Diese Situation müsse korrigiert werden, bevor man schwere Steuerhinterziehung bekämpfen könne, so Theoharis weiter.

Der scheidende Finanzminister Yannis Stournaras bedankte sich unterdessen bei Theoharis für dessen „Ethos, Integrität und Respekt für das öffentliche Interesse“. Seine Bemühungen hätten die griechischen Steuerreformen gestärkt und dazu beigetragen, die Haushaltsziele zu erfüllen. Zwar hätte er sich gewünscht, dass die Verfolgung von schweren Steuerbetrugsfällen besser gelaufen wäre. Doch Theoharis habe getan, was er konnte.

Die EU verliert mit Theoharis ihren Statthalter und brachte prompt ihre „ernsthafte Besorgnis“ über den Rücktritt zum Ausdruck. Theoharis habe eine „Schlüsselrolle“ bei der Verbesserung der griechischen Finanzen gespielt, so der Pressesprecher der EU-Kommission für Wirtschaft und Finanzen. Entscheidend sei sein Einsatz auch bei der Modernisierung und Digitalisierung des Steuersystems gewesen. Nun dürfe Athen nicht nachlassen: „Es ist unerlässlich, dass die Regierung für volle Kontinuität bei der Umsetzung der geplanten Reformen sorgt, um die Effizienz der Verwaltung, die Bekämpfung von Betrug und Steuerhinterziehung zu erhöhen und sich steigende Staatseinnahmen sichert.“ Jetzt hoffe man auf ein „strenges, transparentes und leistungsorientiertes Verfahren bei der Ernennung seines Nachfolgers“.

Wie nun bekannt wurde, traf sich der scheidende Finanzminister bereits am Dienstag mit IWF-Chefin Christine Lagarde und IWF-Vertreter Poul Thomsen. IWF-Sprecher Gerry Reis zufolge, hätte das Trio über den „Weg Griechenlands und Fragen von gemeinsamem Interesse“ gesprochen. Schon „in den kommenden Tagen“ solle der IWF-Report über Griechenland veröffentlicht werden.

Griechenland wurde von der Troika dafür kritisiert, dass wohlhabende Steuerzahlernicht hart genug verfolgt würden. Gegen kleine Unternehmen und Immobilienbesitzer dagegen werde hart vorgegangen.

Die Finanzbeamten sind in Griechenland gehalten, die Steuereinnahmen durch konsequentes Vorgehen hochzutreiben. Doch die Politik denkt nicht daran, von  Interventionen zugunsten von Oligarchen abzulassen. So entsteht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, die die Bürger wütend macht.

Theoharis könnte nun gerade den reichen Steuerflüchtlingen zu sehr zu Leibe gerpückt sein. Er setzte zur Steuerfahndung eine Spezialeinheit ein, um im Auftrag von EU und IWF auch prominente Steuersünder zu verfolgen. Sein gesamtes Personal hat in den vergangenen zwei Jahren wegen angeblicher Korruption zweimal gewechselt. Noch am Donnerstag erklärte Theoharis: Die neuesten Zahlen über die Prüfungen der großen Steuerzahler zeigten, dass 280 laufende Verfahren nur 80 Millionen Euro an Einnahmen gebracht hätten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

 

DWN
Unternehmen
Unternehmen Technik streikt: Zählt Ausfallzeit zur Arbeitszeit?
01.07.2025

Wenn im Büro plötzlich die Technik versagt, stellt sich schnell eine Frage: Muss weitergearbeitet werden – oder zählt die Zeit...

DWN
Politik
Politik NATO ohne Substanz: Europa fehlen Waffen für den Ernstfall
01.07.2025

Europa will mehr für die Verteidigung tun, doch der Mangel an Waffen, Munition und Strategie bleibt eklatant. Experten warnen vor fatalen...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...