Politik

Schwere Krawalle in Brasilien vor Fußball-WM

Lesezeit: 2 min
12.06.2014 17:46
Kurz vor Anpfiff der WM haben Demonstranten in Sao Paulo versucht, die Zufahrtsstraße zum Stadion zu blockieren. Sie errichteten brennende Barrikaden. Die Polizei löste den Protestmarsch mit Tränengas auf.
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Wenige Stunden vor Eröffnung der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien haben sich Gegner des Großereignisses Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. Die Beamten setzten am Donnerstag in Sao Paulo Tränengas gegen etwa 200 Demonstranten ein, die versuchten, eine wichtige Zufahrtsstraße zum Austragungsort des Auftaktspiels zu blockieren. Die Fans aus aller Welt mussten sich bei der Anreise auf Verzögerungen einstellen. In Rio de Janeiro rief eine Gewerkschaft das Bodenpersonal an drei großen Flughäfen auf, die Arbeit am Donnerstag für 24 Stunden niederzulegen. Es blieb zunächst unklar, wie viele Mitarbeiter sich dem Streik anschlossen.

Die Krawalle in Sao Paulo brachen kurz vor dem Anpfiff des Spiels Brasilien gegen Kroatien (22.00 Uhr MESZ) aus. Medienberichten zufolge wurde mindestens ein Demonstrant festgenommen. Augenzeugen erklärten, ein Mitarbeiter des Senders CNN sei verletzt worden. Die Behörden der Stadt hatten sich auf Proteste und Straßenblockaden rund um das erst kürzlich fertiggestellte WM-Stadion eingestellt. Die Arena de Sao Paulo ist mit Baukosten von 525 Millionen Dollar ein Symbol für die Ausgabenexplosion rund um die WM geworden ist.

Ein weiterer Streik der U-Bahnfahrer in Sao Paulo wurde abgewendet. Die dortige Gewerkschaft entschied sich am Mittwochabend, ihren Ausstand nicht fortzusetzen und das Angebot für ein Gehaltsplus von knapp neun Prozent wohlwollend zu prüfen. Der Umfang des geplanten Flughafenstreiks ließ sich zunächst nicht abschätzen. Die nationale Gewerkschaft der Flughafenmitarbeiter SNA distanzierte sich von dem Aufruf der kommunalen Arbeitnehmervertretung SIMARJ. Diese fordert mehr Lohn, bessere Arbeitsbedingungen und Bonuszahlungen wegen der Fußball-WM.

Die WM in Brasilien ist die teuerste in der Geschichte des Weltfußballverbands Fifa. Das Schwellenland lässt sich das Ereignis umgerechnet mehr als acht Milliarden Euro kosten. Viele Bürger sind der Ansicht, dass die Regierung das Geld lieber für Gesundheit und Bildung hätte ausgeben sollen. Der Unmut war bereits im vergangenen Jahr in Massenprotesten und teilweise heftigen Straßenschlachten eskaliert.

Die brasilianische Regierung setzt darauf, dass mit dem WM-Anpfiff und möglichst vielen Erfolgen der Mannschaft rund um den 22-jährigen Torjäger Neymar die Fußballbegeisterung Kritiker verstummen lässt. "Was ich mehr und mehr sehe, ist das Willkommenheißen der Teams und die Freude der brasilianischen Bevölkerung über unsere Mannschaft", sagte Präsidentin Dilma Rousseff am Mittwoch. Sie selbst begrüßt in den kommenden Tagen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Bundesregierung gab am Donnerstag bekannt, dass die Kanzlerin ab dem 15. Juni Brasilien besuchen und dort das erste Gruppenspiel der deutschen Mannschaft am Montag gegen Portugal sehen wird.

Präsidentin Rousseff stellt sich im Oktober zur Wiederwahl und hofft auf einen WM-Bonus. Sollte die brasilianische Mannschaft dagegen schlechter abschneiden als erwartet, könnte dies auch Rousseffs Pläne für eine zweite Amtszeit zunichtemachen.

Fifa-Präsident Sepp Blatter will trotz zunehmender Korruptionsvorwürfe für eine weitere Amtszeit kandidieren. "Meine Mission ist noch nicht beendet", sagte der 78-Jährige am Mittwoch auf dem Fifa-Jahreskongress in Sao Paulo. Der Schweizer hatte eigentlich erklärt, nach 16 Jahren an der Spitze des Weltfußballverbandes nicht noch einmal antreten zu wollen. Einen Amtsverzicht forderten in dieser Woche auch europäische Verbände. Blatter hat jedoch so viel Rückhalt unter den Delegierten, dass er seinen Wunsch durchsetzen kann. Eine weitere Amtszeit würde bis 2019 dauern.

Der Fifa sieht sich massiven Korruptionsvorwürfen ausgesetzt. Besondere Kritik gibt es an der Entscheidung, die WM 2022 in Katar auszutragen. Fifa-Anwalt Michael Garcia, der seit fast zwei Jahren Korruptionsvorwürfe untersucht, erklärte, er werde bei seinen Ermittlungen nichts unversucht lassen. Garcia wird seinen Abschlussbericht in etwa sechs Wochen an den deutschen Richter Hans-Joachim Eckert übermitteln, der die rechtsprechende Kammer der Fifa-Ethikkommission leitet. Sollte sich der Korruptionsverdacht gegen Katar bestätigen, könnte das Emirat die WM verlieren. Denkbar wäre auch eine neue Abstimmung.


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