Der Skandal um manipulierte Zinsen kostet die britische Bank Lloyds umgerechnet 275 Millionen Euro. Lloyds einigte sich mit den Aufsichtsbehörden in den USA und in Großbritannien in einem Vergleich auf die Zahlung von 218 Millionen Pfund, wie die Bank und die Behörden am Montag mitteilten. Lloyds ist die elfte Bank weltweit, die eine Geldbuße wegen der Manipulation des Libor-Interbankenzinses oder anderer Zinssätze zahlen muss. Insgesamt haben Großbanken und Brokerhäuser fast fünf Milliarden Euro für den Skandal gezahlt. Als nächste könnten die Aufseher in Großbritannien und den USA sich die Deutsche Bank vorknöpfen.
Allein auf dem in London berechneten Libor-Zinssatz basieren Finanzprodukte im Volumen von 450 Billionen Dollar - von der einfachen Hypothek bis zu komplizierten Finanzderivaten. Bei der Lloyds Bank kam erschwerend hinzu, dass sie neben dem Libor auch den Refinanzierungssatz des britischen Bankenverbandes BBA zu manipulieren versucht hatte. Darauf fußen auch die Gebühren für die Liquiditätsspritzen der britischen Regierung, mit denen sie in der Finanzkrise den Banken unter die Arme griff - auf Kosten des Steuerzahlers. Lloyds und die Hypothekentochter HBOS waren die größten Nutznießer des Programms, der Staat ist noch mit 25 Prozent an ihr beteiligt.
Notenbank-Chef Mark Carney schrieb an Aufsichtratschef Lord Norman Blackwell, die Manipulationen könnten strafrechtliche Konsequenzen für die Schuldigen haben. Aufsichtsratschef Lord Blackwell schrieb zurück: „Das war ein wirklich schockierendes Verhalten, ausgerechnet in einer Zeit, als die Bank von öffentlicher Hilfe abhängig war.“
Insgesamt kommt Lloyds aber glimpflicher davon als die Konkurrenten Barclays und Royal Bank of Scotland, denen die Behörden in der Libor-Affäre umgerechnet 338 und 458 Millionen Euro abgeknöpft hatten. Für ihre Bereitschaft zu einer schnellen Einigung bekam Lloyds 30 Prozent Strafrabatt. Das US-Justizministerium erklärte, „auch wenn das Fehlverhalten beim Libor schwer war, war es im Vergleich zu anderen Libor-Banken doch begrenzt“. Die US-Aufsichtsbehörde CFTC sprach von „einigen Fällen“, in denen der Pfund- und Yen-Libor manipuliert worden seien. Es geht um den Zeitraum zwischen 2006 und 2009. Bei der Bank of Scotland, die später von Lloyds übernommen wurde, hatten Händler nach Angaben der Londoner Bankenaufsicht FCA sogar von Vorgesetzten die Anweisung bekommen, niedrige Sätze anzugeben.
Lloyds-Vorstandschef Antonio Horta-Osorio bezeichnete die aufgedeckten Verhaltensweisen als „absolut inakzeptabel“. Die Bank habe viel unternommen, damit so etwas nie wieder vorkomme. Ein Großteil des Investmentbanking sei eingestellt worden, im Ausland sei die Bank heute in weniger als zehn Ländern vertreten statt in mehr als 30. Die Schuldigen hätten die Bank verlassen, seien suspendiert worden oder müssten sich Disziplinarverfahren stellen. Der Chef der britischen Bankenaufsicht FCA, Martin Wheatley, hatte vor zwei Wochen gesagt, die Behörden hätten sich zunächst die gravierendsten Fälle vorgenommen. Das weckt Hoffnungen beim nächsten Anwärter auf einen Vergleich, der Deutschen Bank.
Behörden rund um den Globus untersuchen schon seit mehreren Jahren, ob Händler an internationalen Referenzzinssätzen wie Libor und Euribor geschraubt haben, um sich Handelsgewinne zu verschaffen. Dabei wurden Tausende E-Mails und Chatbeiträge nach verdächtigen Absprachen durchforstet. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob es um Verfehlungen Einzelner geht oder ob es Druck von oben gab und die Tricksereien System hatten. Die EU-Kommission hatte wegen der Absprachen beim Euribor Kartellstrafen verhängt - so musste die Deutsche Bank damals 725 Millionen Euro zahlen. Auch die deutsche Finanzaufsicht Bafin hat ihre Libor-Sonderprüfung bei der Deutschen Bank noch nicht abgeschlossen.