Gemischtes

Pocken-Virus beim Aufräumen in stillgelegtem US-Labor entdeckt

Lesezeit: 2 min
30.07.2014 02:00
In einem unbewachten US-Labor sind Proben mit lebensgefährlichen Pocken-Viren entdeckt worden. Die Proben stammen aus den fünfziger Jahren und wurden scheinbar vergessen. Arbeiter hatten die Viren zufällig beim Aufräumen gefunden.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der Plan war, das Labor leerzuräumen. Was die Arbeiter aber dort zu Gesicht bekamen, sorgte weltweit für Aufsehen. Eigentlich sollte es den tödlichen Pockenvirus nur noch an zwei Orten geben: in einem Hochsicherheitsbereich in Atlanta und im staatlichen Forschungszentrum für Virologie und Biotechnologie in Nowosibirsk.

Aber der Schein von sicher verwahrten hochgefährlichen Viren trügt offensichtlich. Das Labor auf dem Gelände des National Institute of Health, in dem die Phiolen standen, ist völlig unbewacht. Wie die Homeland Security News berichten, lagen dort mögliche Biowaffen nahezu frei zugänglich herum und niemand war sich der Gefahr bewusst.

Natürlich wurden sofort Tests durchgeführt. Laut dem Zentrum für Krankheitskontrolle und -prävention (CDC) seien auch alle Phiolen unbeschädigt. Eine Infektionsgefahr vor Ort bestünde demnach nicht. Doch sollten gerade die USA eigentlich wissen, in welchen Laboren experimentiert wurde – auch wenn das schon eine Weile her ist.

Das CDC bestätigt, dass die Phiolen Daten aus den 50er Jahren tragen. Sie wurden nach ihrer Entdeckung in ein sicheres Labor in Bethesda gebracht und dann weitergeschickt in die Zentrale nach Atlanta. Dort soll sich jetzt untersucht werden, ob der Virus kultiviert werden kann. Danach wird er zerstört.

Am 8. Mai 1980 verkündete übrigens die Weltgesundheitsorganisation WHO, Pocken seien ausgerottet. Die Infektionskrankheit kostete nach Schätzungen mehrere hundert Millionen Menschen das Leben. Viren, die also das Potential haben, große Teile der Bevölkerung zu töten, sollten nicht einfach beim Reinigen in Laboren auftauchen.

Auch wenn die Impfungen gegen Pocken heutzutage in der westlichen Welt Standard sind. Gefahren gehen dennoch von diesen Viren aus, vor allem weil sie in Laboren zu noch gefährlicheren Varianten gezüchtet werden können. Unter Umständen können so die Impfungen nutzlos sein, weil der Impfstoff nur auf die alte Version des Pockenvirus reagieren kann.

Wie gefährlich Pockenviren sein können, zeigt die Sterblichkeitsrate der Infizierten. 30-35% der Menschen sterben, wenn sie mit Pocken infiziert sind. Ein talentierter Wissenschaftler kann die Quote sicherlich im Labor noch optimieren.

Gerade die USA haben in der Vergangenheit bereits Fehler auf diesem Gebiet erlebt. Bei Anschlägen mit Anthrax im September 2001 starben fünf Menschen. Die Milzbranderreger wurden an hohe Politiker per Post geschickt. Natürlich war Terrorismus in den USA sofort das Thema Nummer 1. Doch wie sich später herausstellte, stammten die Anthraxviren aus einem US-Labor in Fort Detrick.

Das Beispiel mit dem Labor in Bethesda hat gezeigt, dass die Bedrohung überall lauern kann – einfach weil schlampig gearbeitet wird. Gibt es keine zentrale Stelle, die überwacht wohin die Viren in der Vergangenheit transportiert wurden, können sogar 70 Jahre alte Virenkapseln plötzlich auftauchen.

Unabhängig von diesem Ereignis hat die Weltgesundheitsorganisation sich dafür ausgesprochen, die beiden vorhandenen Erreger in Atlanta und Nowosibirsk zu vernichten. Bei einem Meeting im Mai diesen Jahres wurde auch schon darüber abgestimmt. Allerdings fehlten die notwendigen Stimmen, um den Pockenvirus tatsächlich zerstören zu lassen.

Und selbst dann wäre die Ausrottung anzuzweifeln. Denn wenn sich die Mitgliedsstaaten der WHO noch nicht einmal darüber einig sein können, dass die Vernichtung eines tödlichen und hochgefährlichen Virus etwas Gutes ist, wird es sicherlich immer jemanden geben, der ihn gerne für die Sammlung im Labor hätte. Selbst wenn die Zerstörung offiziell beschlossen würde, wäre die endgültige Umsetzung sehr fraglich, solange noch in Laboren aus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg solche Versuchsproben gefunden werden.

 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Politik
Politik Trump ante portas: Deutschland muss sein Schicksal jetzt selbst bestimmen
14.12.2024

Am 20.Januar wird der neue (alte) US-Präsident Trump sein Amt in Washington antreten. Und schon jetzt zeichnet sich ab: Es könnte sehr...

DWN
Politik
Politik Kiew reagiert auf Probleme an der Front im Osten der Ukraine
14.12.2024

Die Ukraine steht an der Front schwer unter Druck. Nach mehreren Fehlschlägen muss nun ein hochrangiger General laut Medien abdanken. Auch...

DWN
Panorama
Panorama Schätzung: Zahl der Verkehrstoten 2024 nahezu unverändert
14.12.2024

Statistiker schätzen, dass die Zahl der Verkehrstoten nahezu unverändert bleibt. Das bedeutet: Noch immer sterben im Schnitt acht...

DWN
Technologie
Technologie DMA-Experiment: Google testet neue Suchergebnisse für Hotelsuche
14.12.2024

Google passt seine Suchergebnisse weiter an das EU-Digitalgesetz DMA an. In einem neuen Test entfernt das Unternehmen Hotelangebote aus den...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview mit Thomas Bachheimer: BRICS-Staaten im Aufwind – Westen in der Krise?
14.12.2024

Der BRICS-Gipfel im russischen Kasan hat gezeigt: Die BRICS-Staaten entwickeln sich nicht nur zu einem wirtschaftlichen, sondern auch zu...

DWN
Politik
Politik Asylpolitik: Mehrheit der Bundesbürger gegen bisherige Flüchtlingspolitik in Deutschland - Bringt Assads Sturz einen Wendepunkt?
13.12.2024

Der Zusammenbruch des Assad-Regimes macht den Umgang mit syrischen Flüchtlingen zum entscheidenden Wahlkampfthema: Wer darf bleiben, wer...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kurzarbeit im Fokus: Heil will Bezugsdauer verdoppeln
13.12.2024

Die Bezugsdauer für Kurzarbeitergeld soll von 12 auf 24 Monate verlängert werden. Warum diese Maßnahme wichtig ist und welche Folgen sie...

DWN
Immobilien
Immobilien Wahrzeichen statt Bauruine: Hamburger Unternehmer soll Elbtower fertigstellen
13.12.2024

In Hamburg sollte das dritthöchste Gebäude Deutschlands entstehen. Doch im Oktober 2023 stoppten die Arbeiten. Nun soll voraussichtlich...