Wirtschaft

Polen stoppt Gas-Lieferungen in die Ukraine und schwärzt Moskau an

Polen hat, wie andere EU-Staaten, russisches Gas für die Ukraine abgezweigt. Die Russen sind verärgert, sprechen von Betrug und erhöhen den Druck auf Polen. Es ist kein Wunder, dass sich die Russen verschaukelt vorkommen. Der Westen, so hat der Pianist Justus Frantz treffend analysiert, unternimmt einiges, um Wladimir Putin zu reizen.
10.09.2014 23:58
Lesezeit: 1 min

Die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform meldet, dass Polen am Mittwoch um 14 Uhr seine Gas-Lieferungen an die Ukraine gestoppt habe. Polen verwendet - wie andere EU-Länder auch - die Gas-Lieferungen vom russischen Gazprom-Konzern, um sie in die Ukraine umzuleiten. Gazprom hatte seine Lieferungen an die Ukraine reduziert, weil die Ukraine seit Monaten ihre Rechnungen an den russischen Staatskonzern nicht mehr bezahlen kann. Die Russen bezeichnen das Verhalten der EU-Länder als "betrügerisches Vorgehen".

Es kommt einem unwillkürlich die Kritik des deutschen Star-Pianisten Justus Frantz in den Sinn, der dem Westen vorgeworfen hat, keine Gelegenheit auszulassen, um Putin zu reizen (Video am Ende des Artikels).

Die Reaktion der ertappten Trickser ist typisch für die politischen Schuldzuweisungen - und offenbaren schlechtes Geschäftsgebaren: Polens größtes Erdgas-Unternehmen PGNiG hat ebenso wie der deutsche Versorger E.ON wiederum Moskau beschuldigt, dass Russland die Gaslieferungen in den vergangenen Tagen um bis zu 24 Prozent gedrosselt hat.

Gazprom hat dies umgehend dementiert.

Gazprom begründet die verringerte Lieferung nach Polen damit, dass man in Russland zum Beginn der Heiz-Saison derzeit Winter-Vorbereitungen treffen müsse. Dazu würden Pipelines gewartet und die russischen Gas-Speicher gefüllt. Deswegen werde die Versorgung für Polen seit vergangener Woche begrenzt. Polen ist zu 80 Prozent von russischen Gas-Lieferungen abhängig.

Warschau teilte mit, das das Energie-Unternehmen PGNiG derzeit untersuche, ob technische oder doch handelspolitische Gründe dahinter stecken.

Der Streitpunkt ist seit Längerem bekannt: Polen liefert einen Teil des Erdgases via „Reverse-Flow“ zurück in die Ukraine, weil Kiew wegen offener Gasrechnungen in Milliardenhöhe kein Gas mehr direkt aus Russland bekommt. Diesen Rückexport kritisiert Russland seit Längerem als „Betrug“ und hat gegenüber EU-Offiziellen offen angekündigt, diese Praxis durch Drosselung der Gaslieferungen zu unterbinden, berichtet die Financial Times.

Der Energie-Krieg, auf den sich die EU seit einigen Monaten durch das Horten von Erdgas-Vorräten vorzubereiten versucht, könnte jedoch spätestens im Frühjahr zu einer Energie-Knappheit führen.

Der „Reverse-Flow“ ist in jedem Fall eine undurchsichtige Sache: Auf diese Weise wird faktisch mit europäischen Steuergeldern bezahltes Erdgas an die Ukraine geliefert - obwohl völlig unklar ist, ob die Ukraine die Lieferungen jemals wird bezahlen können. 

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Kurs wird zur Gefahr: Europas Exporte brechen ein
06.07.2025

Ein starker Euro, schwaches Wachstum, neue US-Zölle – Europas Wirtschaft gerät unter Druck. Die EZB warnt, doch die Lage droht zu...

DWN
Politik
Politik Neuregelung der Vaterschaft: Mehr Rechte für leibliche Väter
06.07.2025

Die Bundesregierung plant eine Reform, die leiblichen Vätern zu mehr rechtlicher Anerkennung verhelfen soll. Der Entwurf aus dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungstausch: Wie Sie Ihre Ferienwohnung herzaubern und worauf Sie achten müssen
06.07.2025

Der Wohnungstausch boomt – günstig, persönlich und spannend. Doch wie funktioniert das Ganze wirklich, und worauf muss man achten,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jungmakler mit TikTok: Wie eine Generation den Versicherungsmarkt neu denkt
06.07.2025

TikTok-Reichweite, neue Rollenbilder, klare Erwartungen: Junge Makler treiben die Disruption im unabhängigen Versicherungsvertrieb voran....

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...

DWN
Technologie
Technologie Lithium: Schlüssel zur technologischen Unabhängigkeit – doch der Rohstoff ist knapp
06.07.2025

Lithium ist der Treibstoff moderner Technologien – von E-Autos bis Energiewende. Doch was passiert, wenn die Nachfrage explodiert und das...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...