Finanzen

Steuerzahler im Risiko: EZB will minderwertige Wertpapiere kaufen

Entgegen den ursprünglichen Ankündigungen will die EZB nun auch minderwertige Papiere kaufen, um die Banken zu entlasten. Die Bundesbank sieht die Pläne kritisch und fürchtet, dass die Euro-Notenbank zu einer Art „Bad Bank“ verkommt. Die Maßnahme führt dazu, dass das Risiko aus den Bank-Bilanzen auf die Steuerzahler verlagert wird.
18.09.2014 00:45
Lesezeit: 2 min

Die Europäische Zentralbank könnte bei ihren Konjunkturhilfen künftig auch größere Risiken in Kauf nehmen. Um mit ihrem geplanten Aufkaufprogramm für Kreditverbriefungen und Pfandbriefe mehr Wirkung zu erzielen, will die EZB nach Informationen von Reuters auch Papiere mit einem vergleichsweise hohen Ausfallrisiko erwerben. Dazu erwägt sie, auch Verbriefungen zu kaufen, die von Ratingagenturen mit einer Note schlechter als „A-“bewertet werden. Dies ist aktuell die Rating-Untergrenze, die die EZB noch akzeptiert, wenn Banken Verbriefungen bei ihr als Sicherheiten für Zentralbankgeld einreichen.

Die Ratings vieler Verbriefungen vor allem aus den Krisenländern der Währungsunion liegen deutlich unter diesem Niveau. Eine der mit der Überlegungen der Notenbanker vertraute Person sagte, es werde darüber nachgedacht Verbriefungen bis zu einem Rating von „BBB-“ zu kaufen - also auch solche mit einem durchaus signifikanten Ausfallrisiko. Die interne Debatte sei aber noch nicht abgeschlossen. Allerdings könnte die EZB dann auch Verbriefungen aus den von der Krise in den vergangenen Jahren besonders hart gebeutelten Ländern kaufen.

Ein EZB-Sprecher verwies darauf, dass die Details des Anfang September beschlossenen Kaufprogramms im Oktober vereinbart werden sollen. Der EZB-Rat entscheidet das nächste Mal am 2. Oktober in Neapel über seinen weiteren geldpolitischen Kurs. Bis dahin müssten ihm dann Vorschläge der hauseigenen EZB-Experten sowie des extra angeheuerten Beraters Blackrock vorliegen. Die Bundesbank sieht die Pläne kritisch und fürchtet, dass die Euro-Notenbank zu einer Art „Bad Bank“ verkommt. EZB-Chef Mario Draghi und andere Top-Notenbanker hatten wiederholt beteuert, die EZB werde nur qualitativ gute Verbriefungen kaufen.

Ähnlich äußerten sich nach Medienberichten auch EZB-Insider. Man wolle die Risiken unbedingt im Blick behalten und keinen „alten Müll“ kaufen. Befürworter einer niedrigen Schwelle der Ratings halten Kompromisse bei der Qualität für notwendig, wenn das Aufkaufprogramm wirklich erfolgreich werden soll. Dann müsse es erstens ein gewisses Volumen haben und zweitens - wenn irgend möglich - auch in jedem Euro-Land Wirkung zeigen. Wenn aber zu hohe Ratinganforderungen angesetzt würden, dann könne dies kaum erreicht werden. Nach Reuters-Informationen plant die EZB bis zu 500 Milliarden Euro für das Programm ein.

Mit den Wertpapierkäufen will Draghi vor allem erreichen, dass Banken kleinen und mittelständischen Firmen im Süden der Euro-Zone mehr Kredite gewähren und die lahme Konjunktur so wieder Tritt fasst. Denn wenn die EZB den Banken Kreditpakete abkauft und so deren Bilanzen entlastet, können diese mit dem dadurch frei gewordenen Eigenkapital theoretisch neue Kredite hinterlegen. Viele Experten und auch die EZB selbst sieht die Hauptursache der Kreditprobleme in Teilen der Währungsunion allerdings nicht in fehlendem Angebot, sondern in der geringen Nachfrage.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pokémon-Karten als Geldanlage: Hype, Blase oder Millionen-Geschäft?
03.07.2025

Verstaubte Karten aus dem Kinderzimmer bringen heute tausende Euro – doch Experten warnen: Hinter dem Pokémon-Hype steckt eine riskante...

DWN
Finanzen
Finanzen Politische Unsicherheit: Warum Anleger jetzt Fehler machen
03.07.2025

Trumps Kurs schürt Unsicherheit an den Finanzmärkten. Wie Anleger jetzt kühlen Kopf bewahren und welche Fehler sie unbedingt vermeiden...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung: Harsche Kritik der Wirtschaftsverbände
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...