Politik

Trotz Rekord-Schulden: Merkel sieht in Griechenland „die ersten zarten Pflänzchen des Erfolgs“

Die Verschuldung Griechenlands ist nach 240 Milliarden Euro an „Rettungsgeldern“ auf ein Rekord-Hoch von 177 Prozent gestiegen. Am Dienstag blieben Schulen und Krankenhäuser wegen Streiks geschlossen.
23.09.2014 16:11
Lesezeit: 2 min

Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht Fortschritte Griechenlands auf dem Weg aus der Schuldenkrise. "Ich weiß, welch schwierige Zeit das Land durchmacht, aber die ersten zarten Pflänzchen des Erfolgs sind sichtbar", sagte Merkel nach einem Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras am Dienstag in Berlin. "Griechenland lässt die Krise hinter sich, wir brauchen kein weiteres Hilfspaket", versicherte Samaras. Nach sechs Jahren werde sein Land die Rezession bald hinter sich lassen.

Griechenland wird seit 2010 mit internationalen Geldern vor der Staatspleite bewahrt. Insgesamt pumpen der Internationale Währungsfonds (IWF) und der Euro-Rettungsschirm 240 Milliarden Euro in den Staatshaushalt. Die Hilfe der Euro-Partner läuft Ende 2014 aus, die des IWF erst Anfang 2016. Allerdings deutete Samaras an, dass seine Regierung gerne früher auch auf die IWF-Milliarden verzichten würde. Im nächsten Jahr könne das Land seine Kreditaufnahme am freien Kapitalmarkt alleine bewältigen. 2014 hat die Regierung in Athen den Markt bereits zwei Mal angezapft, konnte jedoch nur Anleihen platzieren, weil die EZB die Zinsen so niedrig hält. Außerdem wurden die griechischen Staatsanleihen vermutlich von Hedgefonds und andere Finanzinstitutionen gekauft, die die höheren Zinsen gerne mitnehmen. Sie können auf die Garantie von EZB Chef Mario Draghi vertrauen, dass die EZB jederzeit als Spekulanten retten werde, um den Euro nicht zu gefährden.

Die Schwelle zum Wirtschaftswachstum in Griechenland könne bald erreicht sein, sagte Merkel. Samaras sagte, im dritten Quartal werde die Wirtschaft endlich wieder wachsen. Außerdem werde der Staat das zweite Jahr in Folge einen Primärüberschuss ausweisen, also ohne Zinsbelastung. Zum Ende des Jahres will Griechenland mit seinen Geldgebern über eine zeitliche Streckung seines Schuldendienstes beraten. Dieser Primärüberschuss ist allerdings eine irrelevante Größe, weil bei dieser Rechnung die Zinslasten herausgerechnet werden. Zudem hat sich erst vor wenigen Tagen herausgestellt, dass auch der gemeldete Primärüberschuss auf falschen Zahlen beruht. Auf diese Details ging Angela Merkel jedoch nicht ein.

Erwartet wird, dass der griechische Schuldenberg in diesem Jahr auf 177,2 Prozent der Wirtschaftsleistung wächst. Nach den EU-Vorgaben sind 60 Prozent erlaubt. Deutschland kommt derzeit auf 76 Prozent. Um den Schuldenberg in den Griff zu bekommen, benötigt das Mittelmeerland vor allem Wirtschaftswachstum. "Griechenland wird sehr bald die sehr schwierige Phase der Anpassung hinter sich bringen", zeigte sich Samaras zuversichtlich.

Die Griechen glauben den blumigen Worten ihrer politischen Führer längst nicht mehr: Jüngsten Umfragen zufolge legt die linke Oppositionspartei Syriza weiter in der Wählergunst der Griechen zu. Derzeit würde fast jeder Dritte die Gegner des Reformprogramms wählen. Samaras konservative "Neue Demokratie" kommt nur auf ein Viertel der Stimmen. Die nächste Parlamentswahl in Griechenland steht turnusmäßig 2016 an.

Als Reaktion auf Entlassungen legten am Dienstag erneut Angestellte im öffentlichen Dienst für 24 Stunden die Arbeit nieder. Schulen blieben geschlossen, in Krankenhäusern wurden nur noch Notfälle behandelt, und die Busse in Athen fuhren nur unregelmäßig. Die Gewerkschaften fordern, dass entlassene Beschäftigte wieder in den Staatsdienst aufgenommen werden.

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