Politik

Riskante Atomkraft: Japan beobachtet verstärkte Aktivität von Vulkanen

Der Vulkan Ioyama liegt nur knapp 70 Kilometer von dem Atomkraftwerk Sendai entfernt. Zwischenzeitlich wurden Zufahrtsstraßen zum Vulkan gesperrt. Veränderungen an der Kruste gibt es bereits. Die Vulkan-Aktivität um das AKW herum hat zugenommen. Ioyama ist nicht der einzige Vulkan mit bedenklichen Eruptionen.
08.11.2014 01:06
Lesezeit: 2 min

Die japanische Regierung will trotz Fukushima an der Atomkraft festhalten. Und so soll das Kernkraftwerk Sendai des Betreibers Kyushu Electric Power in der südwestlichen Provinz Kagoshima mit seinen beiden Meilern wieder angeschaltet werden. Seit der Ankündigung der Regierung gab es heftigen Widerstand in der Bevölkerung: Mehrere schlafende und auch aktive Vulkane befänden sich in unmittelbarer Nähe zu Sendai, so die Kritik. Das Aufwachen des Vulkan Ioyama gibt den Atom-Kritikern Recht. Der rund 67 Kilometer vom Kraftwerk entfernte Vulkan liegt in der Bergregion Kirishima – eine Gruppe von mehr als 20 Vulkanen.

Ende Oktober wurden die Zufahrten zum Vulkan Ioyama gesperrt. Japans Meteorological Agency hatte gleichzeitig vor einer möglichen Eruption gewarnt. Einen Kilometer rund um den Krater des 1.317 Meter hohen Berges durfte nichts mehr betreten werden, drei Kletterrouten wurden geschlossen, berichtet die japanische Zeitung The Asahi Shimbun. Auch der Koordinierungsausschuss der Regierung für die Vorhersage von Eruptionen warnte, dass der Vulkan aufgrund seiner zunehmenden vulkanischen Aktivität beobachtet werden müsste. Der Bereich um den Krater sei gefährlich. Es gebe aber nicht die Gefahr einer unmittelbaren großen Eruption, so ein Sprecher der Meteorological Agency.

Erste leichte Beben rund um den Vulkan hat es der Meteorological Agency zufolge seit Juni gegeben haben. Am 20. August hielt ein Beben sogar sieben Minuten an. Im nordwestlichen Teil des Berges soll es auch Veränderungen der Kruste gegeben haben, so die Zeitung The Asahi Shimbun. Und die neuerliche Aktivität des Ioyama ist angesichts der anstehenden Wiedereröffnung des Kernkraftwerks Sendai nicht die einzige mögliche Gefahr.

Nur fünf Kilometer von Ioyama entfernt liegt der Berg Shinmoedake. 2011 gab es hier einen Magma-Ausbruch, der erste in 300 Jahren. Etwa 50 Kilometer vom Kernkraftwerk Sendai entfernt befindet sich der Mount Sakurajima. Ein Vulkan der regelmäßig ausbricht. Experten warnen zudem, dass das Beben von 2011 möglicher Weise das Risiko von vulkanischen Aktivitäten in Japan erheblich erhöht hat. Erst Im September kam es am Berg Ontakesan zu einem Ausbruch, der 57 Menschenleben forderte. Eine der schlimmsten Vulkan-Katastrophen der vergangenen 90 Jahre.

In diesem Zusammenhang ist auch die Aussage des emeritierten Professors der Tokio Universität, Toshitsugu Fujii, zu sehen. Dieser widersprach Mitte Oktober der Nuklearen Aufsichtsbehörde. Diese hatte ausgeschlossen, dass in den kommenden 30 Jahren, bis die beiden Meiler von Sendai  ihre Lebensdauer überschritten hätten, keine größere Eruption geben würde. „Es ist einfach unmöglich, eine Eruption für die nächsten 30 bis 40 Jahre vorherzusagen“, zitiert die Japan Times Toshitsugu Fujii. Eruptionen könnten höchstens in Stunden oder Tagen vorhergesagt werden. Wissenschaftlich gesehen, seien die Meiler nicht sicher. „Wenn sie aber trotz der Unsicherheiten und verbleibenden Risiken wieder in Betrieb genommen werden müssen, dann aus politischen Gründen und nicht, weil sie sicher sind.“

Kürzlich führte ein Forschungsteam um Yoshiyuki Tatsumi und Keiko Suzuki von der Kobe Universität eine Studie bezüglich der Vulkanaktivität Japans und ihrer Folgen durch. Demnach drohen Japan innerhalb der nächsten hundert Jahre möglicher Weise großflächige Ausbrüche. Im schlimmsten Fall könnten bis zu 120 Millionen Menschen betroffen sein, heißt es in einer Vorankündigung des Forschungsteams. Die Wahrscheinlichkeit einer ganz großen Eruption, die jedes Leben in Japan zerstören würde, liege bei einem Prozent. Auf den ersten Blick eine äußerst geringe Wahrscheinlichkeit. Allerdings, so die Wissenschaftler, schätzte man 1995 die Wahrscheinlichkeit, dass die Stadt Kobe von einem Erdbeben heimgesucht werden würde, ursprünglich auch  nur auf ein Prozent. Kurze Zeit später gab es ein Erdbeben Stärke 7,2 in der Stadt. 6.400 Menschen kamen ums Leben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...

DWN
Politik
Politik SPD-Spitze im Umbruch: Bas spricht von historischer Verantwortung
12.05.2025

Die SPD steht nach dem desaströsen Wahlergebnis von 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem umfassenden Neuanfang. In Berlin haben...

DWN
Politik
Politik Beamte in die Rente? SPD und Experten unterstützen Reformidee
12.05.2025

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas erhält Unterstützung aus der SPD für ihren Vorschlag, künftig auch Beamte, Selbstständige und...