Politik

Polizei-TV: US-Polizisten sollen mit Kameras ausgestattet werden

Die amerikanische Polizei soll künftig mit Kameras am Körper ausgestattet werden. Vordergründig soll dies dazu dienen, um Fehltritte von Beamten zu dokumentieren. Tatsächlich würde die Polizei damit in die Lage versetzt, noch tiefer in die Privatsphäre der Bürger einzudringen und potentielle Störer der öffentlichen Ordnung rascher überführen zu können.
05.12.2014 00:35
Lesezeit: 1 min

Die Polizeibehörden in den USA wurden in den vergangenen Jahren zunehmend mit schweren Waffen ausgestattet. Doch die Behörden haben Defizite bei der Auswahl des Personals. Im Fall des im November von einem Polizisten erschossenen zwölfjährigen Tamir Rice wird dies deutlich. Der Todesschütze war Timothy Loehmann. Der Vorfall ereignete sich in der Stadt Cleveland im US-Bundesstaat Ohio.

Zuvor war Loehmann in der Kleinstadt Independence im US-Bundesstaat Missouri im Einsatz. Doch er wurde vom Dienst aufgrund von Untauglichkeit abberufen, berichtet cleveland.com. Aus seiner Independence-Personalakte geht hervor, dass er beim Schusswaffen-Training „weinerlich“ und „abgelenkt“ gewesen sein soll. Doch sein Vater war über 20 Jahre lang Polizei-Beamter in New York.

Der Vize-Polizeichef der Stadt Independence, Jim Polak, berichtet in einer Akten-Notiz über Loehmann:

„Er konnte einfachsten Anweisungen nicht folgen. Weder Gedanken noch Erinnerungen konnte er zusammenhängend kommunizieren. Seine Leistungen beim Umgang mit der Pistole waren trostlos (…) Ich denke, dass weder Zeit noch Training diese Defizite abstellen können.“

Den US-Behörden schlägt angesichts von Ereignissen wie im Fall Tamir Rice ein tiefes Misstrauen der Bevölkerung entgegen. Es handelt sich dabei nämlich nicht um Ausnahmefälle. Hinzu kommt, dass im Todesfall von Eric Garner nicht in etwa der tatverdächtige Polizist, sondern der Passant Ramsey Orta angeklagt wird. Dieser hatte den Vorfall gefilmt und öffentlich gemacht. Die US-Jury ebnete den Weg für eine Anklage gegen Orta wegen illegalen Waffenbesitzes, berichtet die Huffington Post. Orta sagt, dass dies nur ein Vorwand sei und weist den Vorwurf zurück. Er werde in Wirklichkeit durch die Hintertür für das Filmen des Vorfalls zwischen Garner und dem Polizisten bestraft.

Die Obama-Regierung will deshalb für rund 260 Millionen US-Dollar Videokameras anschaffen, die die Polizisten bei ihren Einsätzen am Körper tragen sollen, berichtet die New York Times.

New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio will nahezu jeden Polizei-Beamten in seiner Stadt mit diesen Kameras ausstatten. „Wenn etwas passiert, wird es aus jeglicher Sicht sehr hilfreich sein, Video-Aufzeichnungen aus der Perspektive des jeweiligen Polizisten zur Hand zu haben“, zitiert die New York Times de Blasio.

Der Einsatz der Körper-Kameras würde nach Ansicht des Bürgermeisters das Verhältnis zwischen Polizei-Beamten und Bürgern fundamental verändern.

Allerdings kann die Ausstattung der Polizei mit Kameras auch einen ganz anderen Effekt haben: Bürger können schneller erfasst und belangt werden. Die Präsenz von Polizisten mit Kameras an den Helmen würde die Privatsphäre der Bürger deutlich einschränken und könnte dazu führen, dass die Polizei eher als Bedrohung denn als Schutz empfunden würde.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...