Politik

Russland erwartet soziale Unruhen wegen Rubel-Verfalls

Der ehemalige Finanzminister Alexej Kudrin warnt vor einer „ausgewachsenen Wirtschaftskrise“, die Russland im kommenden Jahr treffen wird. Der Lebensstandard werde sinken, die Inflation werde steigen. Die Auswirkungen „schmerzhaft“ für die Russen sein. Als Folge erwartet er mehr Proteste und Unruhen im Land. Kudrin ist ein Vertrauter von Präsident Wladimir Putin.
24.12.2014 02:56
Lesezeit: 2 min

Russland droht eine „ausgewachsenen Wirtschaftskrise“ im nächsten Jahr. Davor warnt der ehemalige russische Finanzminister Alexej Kudrin. Die Realeinkommen werden zwischen 2 bis 5 Prozent fallen. Dies stellt den ersten Rückgang in absoluten Zahlen seit dem Jahr 2000 dar, so der langjährige Vertraute von Wladimir Putin, der auch als Nachfolger von Premier Dmitri Medwedew gehandelt wird.

Heute kann ich sagen, dass wir gerade den Beginn einer ausgewachsenen Wirtschaftskrise erleben, deren Folgen wir im nächsten Jahr mit ganzer Kraft fühlen werden“, zitiert die FT Kudrin. Er rät daher Putin: „Was der Präsident und die Regierung jetzt tun müssen: der wichtigste Punkt ist die Normalisierung der Beziehungen Russlands mit seinen Geschäftspartnern, vor allem in Europa, aber auch mit den USA und weiteren Ländern“.

Kudrin schätzt, dass die westlichen Sanktionen für bis zu 40 Prozent der Abwertung des Rubels verantwortlich sind. Putin selbst schätzt den Einfluss der Sanktionen auf die Landeswährung auf nur 25 bis 30 Prozent. Putin verortet eine westliche Aggression, die Russland gegenüberstehe. Die Wirtschafts-Krise sei auf „externe Faktoren“ zurückzuführen. Russland werde sich erst nach einer zweijährigen Rezesssions-Phase wieder erholen, so Putin.

Mittlerweile wurden Russlands Staats-Konzerne per Dekret angewiesen, ihre ausländischen Geldreserven zu verkaufen. So soll der Rubel gestützt werden. Mit dieser Maßnahme können die Unternehmen in den nächsten zwei Monaten rund eine Milliarde Dollar pro Tag in den Markt pumpen.

Am Montag musste die russische Zentralbank erstmals seit Ausbruch der Rubel-Krise eine Bank vor der Pleite retten. Der Trust Bank werden bis zu 30 Milliarden Rubel (rund 435 Millionen Euro) zur Verfügung gestellt, teilte die Notenbank in Moskau mit. Die Agentur für Einlagensicherung werde zudem die Aufsicht über das angeschlagene Institut übernehmen. Diese Maßnahmen „werden es Trust ermöglichen, den Zahlungsverkehr nahtlos fortzusetzen“.

Der durch den Rubel-Verfall unter Druck geratene Bankensektor soll von der Regierung mit bis zu einer Billion Rubel (knapp 15 Milliarden Euro) gestützt werden. Die russischen Banken wollen sich auch momentan gegenseitig kein Geld mehr leihen, da sie sich nicht mehr vertrauen. Der Zinssatz für dreimonatige Interbank-Kredite liegt auf dem höchsten Stand seit 2005.

Sollte sich der Ölpreis auch im nächsten Jahr auf einem Niveau von etwa 60 Dollar pro Barrel bewegen, prognostiziert Kudrin, dass die russische Wirtschaft um mindestens 4 Prozent schrumpfen werde. Die russische Zentralbank rechnet mit einem Rückgang von 4,5 bis 4,7 Prozent. Im Jahr 2016 gebe es „sicherlich“ eine Rezession.

Russlands Rating werde wohl deswegen herabgestuft werden, Kudrin fürchtet sogar bis auf Junk-Niveau. „Aufgrund der wirtschaftlichen Störungen wird die die Zahlungsmoral deutlich sinken und wir werden eine Reihe von Zahlungsausfällen bei mittelständischen und großen Unternehmen sehen“, so Kudrin.

Zudem werde auch die Unzufriedenheit in der Bevölkerung steigen, die auch Auswirkungen auf die Politik haben werde. „Es kommt zu einem Rückgang des Lebensstandards, der schmerzhaft sein wird“. Das führe auch zu einer erhöhten Aktivität bei Protesten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Kurs wird zur Gefahr: Europas Exporte brechen ein
06.07.2025

Ein starker Euro, schwaches Wachstum, neue US-Zölle – Europas Wirtschaft gerät unter Druck. Die EZB warnt, doch die Lage droht zu...

DWN
Politik
Politik Neuregelung der Vaterschaft: Mehr Rechte für leibliche Väter
06.07.2025

Die Bundesregierung plant eine Reform, die leiblichen Vätern zu mehr rechtlicher Anerkennung verhelfen soll. Der Entwurf aus dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungstausch: Wie Sie Ihre Ferienwohnung herzaubern und worauf Sie achten müssen
06.07.2025

Der Wohnungstausch boomt – günstig, persönlich und spannend. Doch wie funktioniert das Ganze wirklich, und worauf muss man achten,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jungmakler mit TikTok: Wie eine Generation den Versicherungsmarkt neu denkt
06.07.2025

TikTok-Reichweite, neue Rollenbilder, klare Erwartungen: Junge Makler treiben die Disruption im unabhängigen Versicherungsvertrieb voran....

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...

DWN
Technologie
Technologie Lithium: Schlüssel zur technologischen Unabhängigkeit – doch der Rohstoff ist knapp
06.07.2025

Lithium ist der Treibstoff moderner Technologien – von E-Autos bis Energiewende. Doch was passiert, wenn die Nachfrage explodiert und das...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...