Finanzen

Geisterarbeiter beschäftigt: EU-Steuergelder versickern in Ghana

Mehr als 400 Millionen Euro Hilfsgelder flossen von der EU nach Ghana. Allerdings kam die Hilfe nicht wirklich bei der Bevölkerung an. Vielmehr bereicherten sich Einzelne. Die EU-Kommission fand heraus, dass die Regierung Ghanas mit EU-Geldern auch Beamte bezahlt, die es eigentlich gar nicht gibt. Ghanas Regierung schätzt die Zahl der Geister-Arbeiter auf etwa 3.000.
28.12.2014 00:43
Lesezeit: 1 min

Obwohl die EU-Kommission bereits seit längerer Zeit von der Problematik mit den Geister-Arbeitern weiß, hat sie weder das Parlament noch die Öffentlichkeit darüber informiert. Erst vergangene Woche erfuhr das EU-Parlament davon. Und dass, obwohl die Zahlung von EU-Mitteln in Höhe von 135 Millionen Pfund (fast 170 Millionen Euro) an Ghana im vergangenen Jahr aufgrund der Korruption ausgesetzt wurde. Zwischen 2008 und 2013 hatte Ghana jedoch schon 400 Millionen Pfund von der EU erhalten.

„Es ist empörend, dass die Europäische Kommission es nicht schafft, das Europäische Parlament über den potentiellen Verlust großer Mengen von Steuergeldern durch Korruption zu informieren“, zitiert die Sunday Times Ingeborg Gräßle. Zumal die Kommission die Zahlungen an Ghana bereits seit einem Jahr eingestellt habe, so die Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses.

In einem Dokument des Europäischen Auswärtigen Dienstes ist tatsächlich auch schon vor einiger Zeit von der Problematik die Rede gewesen. Hierbei ging es um die geplanten Reformen und Fortschritte der Regierung Ghanas für 2012-2013. Auf Seite fünf heißt ein Ziel: „Die Glaubwürdigkeit der Gehaltsabrechnung stärken und die ‚Geister-Arbeiter‘ beseitigen.“

Einem hochrangigen EU-Beamten zufolge habe man aber keine stichhaltigen Beweise hinsichtlich der Anzahl der Geister-Arbeiter. Die Lohnkosten für die staatlichen Angestellten machen 70 Prozent der Staatsausgaben aus, so die Quelle. Es sei damit zu rechnen, dass 20 Prozent der Staatsbediensteten Geister-Arbeiter seien.

Mitte 2014 sprach Ghana von 3.000 Geister-Arbeitern, so die BBC. Und diese würden den Steuerzahler 120 Millionen Dollar kosten. Ghana ist nicht das einzige Land, das unter den Geister-Arbeitern leidet. In Kenia spricht die Regierung von monatlichen Kosten in Höhe von einer Million Dollar für die Bezahlung von nicht vorhandenen Angestellten. In Nigeria ist sogar die Rede von mehr als 45.000 Geister-Arbeitern.

Fragwürdig ist vor allem, dass ein großer Teil der Gelder direkt in das Haushaltsbudget der Regierung Ghanas fließt und die Kontrollen bei der Verwendung der Finanzhilfen nicht ausreichend sind. Die geleistete Entwicklungshilfe mittels direkter Haushaltszuschüsse ist Pawel Swidlicki vom Think Tank Open Europe zufolge „eine riskante Strategie, auch in einem vergleichsweise gut regierten Land wie Ghana“. 2014 bis 2020 will die EU insgesamt Gelder zur Entwicklungshilfe in Höhe von 37 Milliarden Pfund bereitstellen. Etwa ein Viertel davon wird wieder direkt in den Haushalt der jeweiligen Länder fließen.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Die Macht der WHO: Internationaler Pandemievertrag kommt
17.04.2025

Fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie haben sich die WHO-Mitgliedstaaten auf ein Pandemieabkommen geeinigt. „Ich habe keinen...

DWN
Technologie
Technologie Mechanische Speicher als geopolitische Alternative: Lithium-Batterien geraten unter Druck
17.04.2025

Angesichts wachsender Abhängigkeit von China bei Lithium-Batterien rücken mechanische Energiespeicher in den Fokus. Eine...

DWN
Technologie
Technologie Japanisches Genie revolutioniert Energiewende – Supermagnet jetzt 20 Milliarden Euro wert
17.04.2025

Im globalen Wettrennen um Energiesouveränität und technologische Vorherrschaft hat sich ein unscheinbares Element als strategischer...

DWN
Politik
Politik Taiwan, Sanktionen und Respekt - China stellt klare Bedingungen für Handelsgespräche mit den USA
17.04.2025

China fordert mehr Respekt und klare Signale der USA, bevor Handelsgespräche beginnen – eine Einigung ist entscheidend für die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steht das Verbrenner-Verbot vorm aus? Europas Rechte bläst zum Gegenschlag gegen EU-Establishment
17.04.2025

Konservative und rechte Kräfte im EU-Parlament wollen das Aus für Verbrennungsmotoren kippen – mit wachsender Unterstützung auch aus...

DWN
Politik
Politik Geheime Chatgruppe: EU-Außenminister betreiben Diplomatie über Signal - auf Einladung Kaja Kallas
17.04.2025

Die Außenminister der Europäischen Union kommunizieren in einer privaten Chatgruppe der verschlüsselten App Signal. Dies bestätigte der...

DWN
Politik
Politik Zollschock aus Washington: Das kommt jetzt auf deutsche Unternehmen zu
17.04.2025

US-Präsident Donald Trump plant erneut drastische Abgaben auf Importe. Noch ist unklar, welche Branchen konkret betroffen sein werden –...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digitalisierung im Betrieb: Wie digitale Lösungen Zeit, Geld und Papier sparen
17.04.2025

Von der gesetzlich verpflichtenden Zeiterfassung über Lohnabrechnungen bis hin zu smarter Kommunikation: Unternehmen, die ihre...